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Moritz Döbler
Chefredakteur
15. Mai 2023
Liebe Frau Do,
monatelang war völlig unklar, wie die Stadt Aachen den Karlspreis an den ukrainischen Präsidenten übergeben würde. Aber nach einem Besuch in Berlin kam Wolodymyr Selenskyj gemeinsam mit Olaf Scholz tatsächlich ins Rheinland. Er wurde mit stehenden Ovationen empfangen, die Preisverleihung gestern Abend war ein wahrlich europäischer Moment. Nicht nur der Bundeskanzler fand in seiner Laudatio starke Worte, auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen würdigte Selenskyj: „Sie kämpfen buchstäblich für Freiheit, Menschlichkeit und Frieden. “
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach der Verleihung des Karlspreises., FOTO: dpa/Federico Gambarini
Heute wichtig
Türkei: Um Freiheit, Menschlichkeit und Frieden geht es auch bei der Präsidentschaftswahl in der Türkei. Nach 20 Jahren an der Macht muss sich Recep Tayyip Erdogan voraussichtlich erstmals einer Stichwahl stellen. Nach Auszählung von 96 Prozent der Stimmen sah ihn die Wahlkommission der Türkei knapp unter 50 Prozent, Kilcdaroglu bei knapp 45. Alle Entwicklungen können Sie hier nachlesen.
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Jeder dritte Zug könnte ausfallen – trotz Streikabsage
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Selenskyj zu Besuch in Deutschland
Ein unbequemer Gast
Wahl in Bremen
Es bleibt unruhig in der Ampel
Donald Trump: Donald Trump ist in der vergangenen Woche wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Manche sehen seine Wahlchancen im kommenden Jahr deshalb schwinden. Damit könnten sie sich sehr irren – denn Trumps Wüten trifft einen Nerv im Volk, arbeitet Dorothee Krings in ihrer Analyse heraus. Sie wissen vielleicht, dass ich seit mehr als 40 Jahren den USA eng verbunden bin, nachdem ich dort ein Jahr als Austauschschüler verbringen durfte, seitdem immer wieder zurückkehre und tiefe Freundschaften pflege. So sehr ich mich irren möchte, befürchte ich, dass sie recht hat. Auf Wut in der Politik kommen wir gleich nochmal.
So gesehen
Eben war schon von der Wahl in der Türkei die Rede. Kommen wir zum Schluss auf eine andere, dann doch deutlich weniger wichtige Abstimmung. Einige von Ihnen werden sich erinnern, dass ich von Bremen nach Düsseldorf zur Rheinischen Post gekommen bin. Deswegen erlauben Sie mir ein Wort zur Wahl im kleinsten Bundesland – Vier Jahre nach ihrer Schlappe von 2019 verbesserten die Sozialdemokraten laut der letzten amtlichen Hochrechnung aus der Nacht ihr Ergebnis von vor vier Jahren um 4,9 auf 29,9 Prozent und konnten die Bürgerschaftswahl klar gewinnen . Zunächst: Für mich hat sie bundespolitisch kaum Bedeutung, auch wenn sie in der Hauptstadt natürlich einen Schlagabtausch provoziert, wie Hagen Strauß in seiner Analyse herausarbeitet. Die Bremer Verhältnisse sind wiederhergestellt, die SPD stellt die stärkste Fraktion, wie sie es seit dem Zweiten Weltkrieg stets tat, mit nur einer Ausnahme vor vier Jahren. Damals vergeigte die CDU eine historische Chance, weil sie zwar zum ersten Mal vorne lag, aber eben nicht so weit, dass sie auch hätte regieren können. Der damalige SPD-Regierungschef Carsten Sieling trat mit dem schlechtesten Ergebnis der Nachkriegsgeschichte ab, sein Parteifreund Andreas Bovenschulte übernahm und bildete eine rot-grün-rote Koalition, die erste im Westen, die er nun fortsetzen kann. Auf der rechten Seite des Spektrums hat sich die AfD so zerstritten, dass sie keine Liste zusammenbrachte. Stattdessen haben die Bürger in Wut, eine lokale Besonderheit, ihr Ergebnis mit 9,6 Prozent mehr als vervierfacht. Und das ist für mich der eine Punkt, den ich dann doch über Bremen hinaus für bedeutsam halte: Wut ist keine Antwort, nicht in der Politik und auch sonst nicht. Wer glaubt, Wut ausleben oder gar stolz im Namen führen zu müssen, hat in der Demokratie nichts verloren, nicht in Bremen, nicht in den USA und auch sonst nirgends. Lassen Sie uns ohne Wut und Hass, sondern gelassen, zuversichtlich und menschlich in die neue Woche starten!
Ihr
Moritz Döbler
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