Andreas Helgstrand – ist das ein dänisches Problem, wie der Weltreiterverband (FEI) mit Verweis auf laufende Verfahren in einer Pressemitteilung geschrieben hat, dabei aber die „beunruhigenden Bilder“ benannt und versprochen hat, „dass wir dieser Frage konsequent nachgehen“ werden? Nein – das, was man auf den Bildern sieht, die der dänische Sender TV2 ausgestrahlt hat, sind nicht nur beunruhigend, sie sind abscheulich. Ich möchte an dieser Stelle den Kommentar meiner Kollegin Dominique Wehrmann dringend zur Lektüre empfehlen.
Zu sehen ist brutales Reiten, das mich an meine Recherche rund um die Tierquälerin Christine Wels erinnert hat. Dort, wie bei Helgstrand, geht es um Dressurpferde, also um jenen Sport, der die Basis aller reitsportlichen Aktivitäten darstellt. Ein Sport, der fasziniert, weil zwei Lebewesen gemeinsam, idealerweise in absoluter Harmonie, Aufgaben bewältigen. Klingt schön. Leider zu schön, um wahr zu sein.
Wer erstaunt tut, muss sich den Vorwurf der Verlogenheit gefallen lassen. Immer wieder ist Andreas Helgstrand negativ auf Turnieren aufgefallen, seit nunmehr fast schon zwei Jahrzehnten. Warum ist Helgstrand eine Art „Teflon-Andreas“ geworden? Ganz einfach: Er hat Geld und einen Blick für talentierte Pferde. Es ist nicht einfach, Kaderreiterinnen oder Kaderreiter zu finden, die noch nicht in Norddänemark auf Talentsuche waren. Übrigens auch aus Deutschland. Niemand kann ernsthaft überrascht sein, dass es in der Fabrik Helgstrand in der Produktion auch mal hakt. Geschichten von „der zweiten Reithalle“ kursieren schon länger. Ich will niemandem unterstellen, dass Bilder, wie sie „Operation X“ gezeigt hat, dort zu sehen waren, ohne dass jemand sie publik gemacht hätte. Aber es fällt schwer zu glauben, dass Sporenlöcher und im Sommer eingedeckte Pferde gar nicht aufgefallen sein sollen.
Das Leid der Pferde ist offenkundig. Dass so etwas nur in diesem Stall geschieht, fällt schwer zu glauben. Wenn viele, häufig junge Menschen bei Helgstrand Arbeit finden und nicht entsetzt den Job nach einigen Tagen quittieren, dann kann das, was dort geschieht, für sie nicht so ungewöhnlich sein. Eine Szene, die sich mir besonders eingebrannt hat, war die Aufzählung von Pferdenamen. Von Pferden, die nach dem Reiten bluten, kategorisiert in „manchmal“, „häufig“, „immer“. Es klang so, als würde man die Liste durchgehen, wer dienstags zum Schmied muss.
Das Thema wird uns noch länger beschäftigen. Und auch weitere Fragen. Etwa, ob wir das richtige Beurteilungssystem haben. Dass derart „vorbereitete“ Pferde sich teuer verkaufen lassen, muss einen Grund haben. Dass „aber so viel Talent“ als Argument immer dann angeführt wird, wenn mangelnde Durchlässigkeit oder tote Mäuler angesprochen wurden (was selten genug passiert), spricht Bände. Merke: „So viel Talent“ schlägt „Skala der Ausbildung“. Nächste Frage: Wie lange noch?