Daniel Pipes

Erwarten Sie einen neuen Atom-Deal mit dem Iran

von Daniel Pipes
Global Review (Deutschland)
17. August 2022

https://de.danielpipes.org/21399/erwarten-sie-einen-neuen-atom-deal-mit-dem-iran

Übersetzung: H. Eiteneier

Global Review: Die Europäische Union behauptet, die Verhandlungen mit dem Iran hätten ein Dokument zu den Atomaktivitäten des Iran festgeklopft, das sowohl für Washington als auch für Teheran akzeptabel ist. Wird ein neuer JCPOA unterzeichnet?

Daniel Pipes: Es ist fast unmöglich das von außen zu beurteilen. Einerseits will Joe Biden verzweifelt einen Deal bekommen; andererseits hat Irans Oberster Revolutionsführer Khamene'i große Zweifel daran. Wird Ersterer weiter Zugeständnisse machen, die Letzteren endlich überzeugt weiterzumachen? Oder hat Biden eine rote Linie, über die er nicht hinausgehen wird? Wenn Sie unbedingt eine Antwort von mir haben wollen, dann neige ich dazu zu sagen, dass Biden keine rote Linien hat und eine Vereinbarung unterzeichnet wird.

Khamene'i (83) und Biden (79) lächeln in Erwartung eines Deals.

GR: Wenn die Bemühungen der Islamischen Republik Iran eine Atombombe zu bauen den Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt, wie sollten die Regierungen der USA und Israels reagieren?

DP: Ich hoffe, dass die Israelis, die außergewöhnliche Informationsquellen zum iranischen Atomprogramm haben, die Dinge nicht so weit kommen lassen. Ich bin nicht bereit Pläne für iranische Atombomben zu machen.

GR: Die iranischen Revolutionsgarden bedrohen jetzt offen New York City. Bedeutet das, dass die Mullahs globale Ziele haben?

DP: Ja, aber das ist nichts Neues. Seit ihren Ursprüngen in Ayatollah Khomeinis Fantasie strebte die islamische Revolution danach eine globale Bewegung zu sein. Einer weit entfernten Stadt mit atomarer Vernichtung zu drohen ist alarmierend neu und gefährlich.

GR: Hatte das tödliche Attentat auf Qasem Soleimani, den Kopf der Quds Force, Auswirkungen auf die iranischen Fähigkeiten und Ambitionen?

DP: Viele Analysten sagten bei seinem Tod voraus, dass sein Fehlen die iranischen außenpolitischen Initiativen stark beeinträchtigen würde. Ich widersprach, denn ich betrachtete ihn als fähigen Bürokraten innerhalb eines großen Systems. Die zweieinhalb Jahre seit seinem Tod weisen darauf hin, dass ich Recht hatte, denn die iranische Aggression geht unvermindert weiter.

Qasem Soleimani wird gefeiert

GR: Wie sehen die strategischen Ziele der Russen und Chinesen gegenüber dem Iran aus?

DP: Beide betrachten den Iran als nützlich gegen den Westen, aber Beijing macht das mehr als Moskau. Xi braucht seine Energieressourcen und will, dass er als wichtiger Eingangspunkt für die KP Chinas im Nahen Osten; Putin betrachtet den Iran als Rivalen, sowohl im Bereich Energie und in Syrien.

GR: Könnten Russland oder China ihren atomaren Schutzschirm erweitern, um den Iran vor Israel zu beschützen?

DP: Ich kann mir das nicht vorstellen, dass eines der beiden Regime sich eng an die Mullahs in Teheran binden will.

GR: Pro-iranische und anti-iranische Kräfte im Irak, jeweils angeführt von Nouri al-Maliki und Muqtada al-Sadr, führen einen erbitterten Kampf um die Macht. Was bedeutet das und wohin führt es?

DP: Ein Spezialist zu irakischer öffentlicher Meinung, Munqith Dagher, behauptet, dass der Konflikt sowohl persönlich als auch ideologisch ist. Maliki repräsentiert "eine global orientierte schiitisch-islamistische Doktrin" und Sadr propagiert "eine national ausgerichtete irakisch-schiitische politisch-islamistische Doktrin". Ersteres spiegelt die khomeinistische Linie des Iran wider, die die Weltrevolution anstrebt; Letzterer "konzentriert sich auf die Verbreitung islamischer Prinzipien im Staat und arbeitet innerhalb des nationalen politischen Prozesses ohne ein Endziel der Gründung eines großislamischen Staates". Der nationale Ansatz erscheint populärer zu sein als der transnationale. Das sind relativ gute Nachrichten.

Muqtada al-Sadr (links) und Nouri al-Maliki (rechts) in direkter Konfrontation

GR: Wie wichtig war die ägyptische Vermittlung für die Beendigung des jüngsten Konflikts zwischen Israel und dem Palästinensischen Islamischen Jihad (PIJ)? Wie wichtig war es dabei die Hamas aus diesem Konflikt herauszuhalten?

DP: Die ägyptische Regierung spielte eine positive Rolle in der Konfrontation zwischen dem Gazastreifen und Israel, so wie sie es in früheren getan hat. Zusätzlich zu dem Prestige als Friedensstifter zu dienen, profitiert es davon den islamistischen Krieg gegen Israel abzukühlen, was seinen eigenen Interessen abträglich ist, denn es stachelt die ägyptischen Islamisten auf. Aber ich bezweifle, dass Kairo eine große Rolle dabei spielte die Hamas aus den Kämpfen herauszuhalten: Die Hamas machte das aus eigenen Stücken.

GR: Kann der PIJ seinen aktuellen Einschränkungen als vom Iran finanzierte Jihadistengruppe entwachsen, um zu einer Massenbewegung zu werden und die Hamas um die Kontrolle über den Gazastreifen herauszufordern?

DP: Ich bezweifle, dass PIJ-Führer oder ihre iranischen Gönner eine solche Rolle anstreben. Beide scheinen zufrieden die Last der Regierung der Hamas zu überlassen und sich so einzig auf den Jihad gegen Israel zu konzentrieren.

GR: Mahmud Abbas, der Führer der palästinensischen Autonomiebehörde, wird alt und untauglich; können die Hamas oder Rivalen innerhalb der PLO ihn stürzen?

DP: Ja, das scheint mir eine reale Möglichkeit zu sein, besonders wenn Israels Sicherheitsestablishment ihn preisgibt. Denn es findet Abbas trotz dessen Unterstützung der Ermordung von Juden akzeptabel und unterstützt seine fortgeführte Herrschaft.

GR: Ist Hadi Matar, der Möchtegern-Mörder von Salman Rushdie, ein einsamer Wolf oder ein Agent des Iran?

DP: Die Beweise legen bisher nahe, dass er von iranischer Ideologie inspiriert war und Kontakt mit dessen Institutionen hatte, aber die Aktion in Chautauqua eigenständig plante. Mehr Informationen könnten jedoch dieses Bild ändern.

Hadi Matar. Einsamer Wolf oder Agent des Iran?

GR: Hat der Angriff auf Rushdie zu mehr solcher Mordversuche ermutigt?

DP: Ich zähle 22 islamistische Morde oder Mordversuche im Westen seit 1980. Das ist eine seltene Form der Gewalt mit nur einer Hand voll potenzieller Ziele, von denen Geert Wilders wahrscheinlich der prominenteste ist. Daher wird der Anschlag auf Rushdie wahrscheinlich keine direkten operationalen Folgen haben. Wichtiger als das werden z.B. die politischen Konsequenzen sein, was die Einstellungen gegenüber dem anhängigen Atomdeal beeinflusst.

Daniel Pipes (DanielPipes.org, @DanielPipes) ist Präsident des Middle East Forum
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