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Liebe/r Leser/in,

was würden Sie von einer Familie halten, die alle Versicherungen in guten Zeiten kündigt und sich von den so gesparten Beiträgen schöne Urlaube gönnt – bis es zu einem Unfall kommt, einer schweren Krankheit oder einem Hausbrand? Und die sich dann verteidigt: Das konnte doch niemand vorhersehen. „Selber schuld“ wäre noch der geringste Vorwurf, viele würden wohl sagen: Die sind ja verrückt geworden!

Doch genauso wie diese Familie verhält sich seit vielen Jahren unser Staat. Als die Pandemie 2020 ausbrach, stellte Deutschland erschrocken fest, dass es keine Masken und kaum Schutzkleidung gab. Nach der Flutkatastrophe mussten die Bürger erkennen, dass der Staat zwar viele Sirenen aus Kostengründen abgeschafft, aber vergessen hatte, für Ersatz zu sorgen, um Menschen vor Lebensgefahr wirksam zu warnen. In Afghanistan gab es zwar wiederholte Warnungen der Botschaft in Kabul, man möge die Evakuierung einleiten oder wenigstens vorbereiten. Doch weil nicht sein kann, was nicht sein darf, steckte man in Berlin den Kopf in den Sand.

Jeder einzelne Fall staatlichen Versagens wäre schlimm genug, doch die Reihung ist unerträglich. Zwischen den fehlenden Masken, den nicht vorhandenen Sirenen und dem Debakel von Kabul gibt es Gemeinsamkeiten. Dazu gehört: Es sind in der Folge viele Menschen gestorben, die nicht hätten sterben müssen. Zweitens: Niemand übernimmt persönlich die Verantwortung dafür und tritt aus eigenem Willen zurück. In der Berliner Republik ist viel von politischer Verantwortung die Rede, aber dieses Gerede hat keine Bedeutung.

Besonders beunruhigend aber ist die Erkenntnis, dass Deutschland beim Schutz seiner Bürger vor Gefahren für Leib und Leben kläglich versagt – eine der stärksten Industrienationen der Welt! Vor einem Monat habe ich an dieser Stelle beklagt, die westliche Welt überlasse Afghanistan seinem Schicksal und den radikalen Kriegern der Taliban. Ich habe mir nicht vorstellen können, dass unsere Regierung auch unsere eigenen Landsleute und jene vielen Hundert Afghanen, die uns vor Ort unterstützten, über Wochen einfach vergessen und in Lebensgefahr bringen würde.

Die Katastrophe von Kabul gehört nun – neben manchem Verdienst – zum Erbe der Kanzlerin nach 16 Jahren. Angela Merkel wird wissen, was es bedeutet, wenn alle in der Union jetzt betonen, 2015 dürfe sich nicht wiederholen – also eine unkon­trollierte Zuwanderung. Merkel hat sie damals in Kauf genommen. Bitter für sie, dass heute auch ihr möglicher Nachfolger Armin Laschet so redet, der vor sechs Jahren bombenfest an ihrer Seite stand.

Abseits der Befindlichkeit der Kanzlerin haben die vergangenen anderthalb Jahre ein massives Defizit bei der Zukunftsfähigkeit Deutschlands offenbart: Pandemie, Flut, Eroberungssturm der Taliban. Verschärft werden diese und andere Pro­bleme durch die digitale Inkompetenz des Landes und die Frage nach der Sicherung unseres immer noch einzigartigen Wohlstands. Wir rasen auf eine Demografie-Krise und damit auf ein Renten- und Pflege-Desaster zu. Wir haben ein Wohnraum-Problem in den Städten, ein Problem beim Breitbandausbau auf dem Land. Nein, es ist eigentlich nicht meine Art, alles so über einen Kamm zu scheren wie hier in dieser Kolumne. Aber es ist zum Verzweifeln!

Mit vielen Grüßen

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Robert Schneider
Chefredakteur FOCUS Magazin


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Aufsteigerin der Woche

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Die mächtigste Frau im deutschen Fußball ist ab Anfang kommenden Jahres die Managerin Donata Hopfen. Das gab die Deutsche Fußballliga (DFL) am Wochenende bekannt. Die 45-Jährige wird Vorsitzende der Geschäftsführung und folgt auf Christian Seifert, der als Liga-Chef bereits im Dezember aufhören wird. Hopfen war bisher Digitalberaterin bei einem Consulting-Unternehmen. Zuvor war sie 15 Jahre lang im Axel-Springer-Verlag tätig, unter anderem als Vorsitzende der Verlagsgeschäftsführung der „Bild“-Gruppe.

Absteiger der Woche

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Der Staatsanwalt ermittelt, die CDU-Freunde haben sich abgewandt, und Jürgen Pföhler selbst dürfte sich die Frage stellen, ob er Schuld auf sich geladen hat in jener Nacht Mitte Juli, in der sein Landratsamt Ahrweiler nicht rechtzeitig vor der verheerenden Flut gewarnt hat, die 133 Menschen das Leben kostete. Er sei krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, sein Amt auszuüben, heißt es. Um einen Rücktritt handle es sich aber nicht. Dieser hätte Einbußen bei Pföhlers Rente bedeutet.

Newcomer der Woche

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Die Liste seiner Filme ist legendär, die Liste seiner Auszeichnungen fast endlos: Adolf-Grimme-Preis, Bayerischer Fernsehpreis, Goldene Romy, Deutscher Filmpreis – und jetzt auch noch das Bundesverdienstkreuz am Bande. All diese Ehre gebührt Deutschlands wichtigstem Regisseur, Filmproduzenten und Drehbuchautor. Entgegennehmen konnte Nico Hofmann den Orden am Montag aus den Händen von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller im Namen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Zitat der Woche

„Die Bilder der Verzweiflung am Flughafen in Kabul sind beschämend für den politischen Westen“

Termine der Woche

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Am Montag, 23. August, spricht Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (Foto) in Hamburg über die Zukunft der Sicherheitspolitik.

Am Mittwoch wird in München der ifo-Geschäftsklimaindex veröffentlicht. Die circa 7000 beteiligten Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage und Erwartungen.

Am Freitag eröfnet das Deutsche Historische Museum in Berlin die Ausstellung „Die Liste der Gottbegnadeten“ über NS-Künstler in der Bundesrepublik.

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