der Sommer ist da, und alle sind verreist. Doch auch wer zuhause geblieben ist, muss sich nicht langweilen: Dafür gibt es schließlich Sommerfeste! Am gestrigen Donnerstag lud der Münchner Hanser Verlag zum „Jour fixe mit dem Sommer“ in die Vilshofener Straße 10, und der Verlagsgarten war rappelvoll mit Gästen, darunter die Österreicher Arno Geiger, Michael Köhlmeier und Monika Helfer, die Übersetzer Elisabeth Edl und Dirk van Gunsteren oder die Noch-Präsidentin des Goethe-Instituts Carola Lentz.
Jo Lendle, der sich selbst Konkurrenz machte, als er in seiner Begrüßung erwähnte, dass am selben Abend auch bei den anderen Münchner Verlagen dtv, C.H. Beck und Random Hause gerade sommerlich gefeiert werde, stellte die neuesten Titel seines Hauses vor. Nicht erwähnte der schreibende Verleger, dass er Ende August selbst einen neuen Roman (bei Penguin) veröffentlicht: „Die Himmelsrichtungen“ erzählt die tragisch endende Lebensgeschichte der amerikanischen Flugpionierin und FrauenrechtlerinAmelia Earhart, die 1932, fünf Jahre nach Charles Lindbergh, als erste Frau alleine den Atlantik überquerte. Von ihr stammt der treffende Satz: „There's more to life than beeing a passenger“.
Sandra Kegel
Verantwortliche Redakteurin für das Feuilleton.
Anfang Juli hatte bereits die Literaturszene Köln zum Plausch geladen, und Ende Mai der Ullstein-Verleger Karsten Kredel zu „Freundschaft und Verständigung“ unter anderem den diesjährigen Preisträger des Leipziger Buchpreises Omri Boehm in seinen Berliner Verlagsgarten gebeten. Am 1. September geht es dann traditionell ans Ufer des Wannsees, wo im Garten desLiterarisches Colloquium Berlin Matthes & Seitz sein zwanzigjähriges Jubiläum feiert, unter anderem mit Philipp Schönthaler, Joshua Groß, Anne Weber und Katrin Schumacher.
Sommerpartys sind dabei längst nicht nur von dieser Welt, sondern ebenso zentral in der Literatur. In Romanen werden die herrlichsten, wildesten und kuriosesten Feste gefeiert. Man denke nur an die legendären Empfänge, die Jay Gatsbyauf seinem Anwesen veranstaltet. So prachtvoll und verschwenderisch, der Champagner fließt in Strömen, und dabei kennen viele der Gäste Gatsby nicht einmal, weil der sich lieber im Hintergrund hält. Tatsächlich veranstaltet er das ganze Bohei, das so sehr im Kontrast steht zu seiner Einsamkeit, ja nur aus einem Grund: um Daisy zu beeindrucken und sie zurückgewinnen. Hätte er es einfacher haben können?
Selbstredend, darf ein Fest auch in Thomas Manns „Buddenbrooks“ nicht fehlen. Im Juli 1868 wird hier das hundertjährige Firmenjubiläum begangen. Doch die Stimmung trübt sich ein. Thomas Buddenbrook ist niedergeschlagen, er leidet an Erschöpfung, und nicht einmal Hanno kann ihn aufheitern. Das Gedicht, das er aufsagen soll, bringt er nur stotternd über die Lippen. Dann bricht in Tränen aus. Hätten wir bei Thomas Mann anderes erwarten können?
Bei Jane Austen sind die Gesellschaften sowieso Pflichtprogramm. Im Winter wird auf Bällen getanzt, dafür geht’s im Sommer zum Picknick in den Garten. Das erfordert wie in „Emma“ im Park von Mr. Knightley nicht nur viel Vorbereitung – Körbe sind zu füllen und Sitzgelegenheiten zu arrangieren –, sondern treibt vor allem die Verstrickungen voran. In Mansfield Park, dem Anwesen von Sir Thomas Bertram, geht es ähnlich zu, während in Austens Bath-Romanen praktisch zu jeder Jahreszeit gefeiert wird. 150 Jahre später treibt es Mario Puzo in südlicheren Gefilden nicht viel anders. Auch in „Der Pate“ wird unentwegt gefeiert und geheiratet, um ganz nebenbei dieMachtverhältnisse innerhalb der Familie abzustecken.
Und was lehrt uns das? Feste sind niemals nur zum Feiern da. Sie verfolgen vielmehr untergründige Strategien, die sich manchmal erst auf den zweiten Blick erschließen. Und keinesfalls sollten wir, um mit Amelia Earhart zu sprechen, als Passagiere im Zug unseres Lebens unterwegs sein. Auch nicht als Schaffner oder Kontrolleure, sondern als Lokführer. In diesem Sinne: freie Sicht und gute Fahrt! Und schreiben Sie uns gern, wenn Sie Lieblingsfeste in der Literatur haben.
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