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Bankenbrief

Wichtiges vom 3. November 2020

Das Thema

ESMA bemängelt BaFin-Versäumnisse bei Wirecard

Im Wirecard-Skandal hat es nach Einschätzung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA Defizite und Versäumnisse in der deutschen Finanzaufsicht gegeben. Im Rahmen einer Untersuchung seien eine Reihe von "Mängeln, Ineffizienzen sowie rechtlichen und verfahrenstechnischen Hindernissen" identifiziert worden, teilte die ESMA heute mit. Kritisch sieht die EU-Aufsichtsbehörde dabei die Nähe der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zur Politik. Aus der Häufigkeit und dem Detaillierungsgrad der BaFin-Berichte an das Bundesfinanzministerium leitet die ESMA ein "erhöhtes Risiko der Einflussnahme" durch das Ministerium ab. Zudem bemängelt die ESMA bei der BaFin Intransparenz über den Aktienbesitz der Mitarbeiter. Dies werfe Zweifel über die Widerstandsfähigkeit der internen Kontrollsysteme der Aufsicht in Bezug auf mögliche Interessenkonflikte auf. Darüber hinaus kritisiert die ESMA das deutsche System der Bilanzkontrolle. Die privatrechtliche Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) habe sich bei ihren Prüfungen des ehemaligen Dax-Konzerns "weder angemessen mit Bereichen, die für das Geschäft von Wirecard wesentlich sind, noch mit den Medien- und Whistleblowing-Vorwürfen gegen Wirecard" befasst. Der für Bankenaufsicht zuständige BaFin-Exekutivdirektor Raimund Röseler erklärte in Frankfurt, er kenne den ESMA-Bericht bisher nicht. Die Teams der BaFin hätten im Fall Wirecard gut zusammengearbeitet, es habe eine enge Kommunikation gegeben. "Trotzdem glaube ich, dass wir auch hier noch Optimierungspotential haben", räumte Röseler ein. "Wir brauchen Leute aus unterschiedlichen Bereichen, die dezidiert verantwortlich für die Aufsicht über eine Bank sind." Da könne die BaFin systematisch sicherlich noch nachbessern. "Aber den Vorwurf, dass hier innerhalb des Hauses nicht zusammengearbeitet worden ist, kann ich nicht nachvollziehen", sagte Röseler. 

Meldungen

Bericht: Deutsche Bank will Beziehungen zu Trump kappen

Die Deutsche Bank sucht Medienberichten zufolge nach Möglichkeiten, um ihre Geschäftsbeziehungen mit US-Präsident Donald Trump zu beenden. Die Bank sei es leid, deswegen immer wieder in die Schlagzeilen zu geraten, werden heute Insider zitiert. In den vergangenen Monaten habe ein Management-Ausschuss verschiedene Optionen diskutiert. Ein Vorschlag sei gewesen, die an Trump ausgereichten Kredite weiterzuverkaufen, um die Geschäftsbeziehungen mit ihm zu beenden. Doch sei unklar, wer die Darlehen aufkaufen würde. Die Deutsche Bank, das Weiße Haus und Trumps Familienunternehmen äußerten sich bislang nicht dazu.


Deutsche Börse bietet zusätzliche Anreize für Clearing

Die Deutsche Börse hat ihr Anreizprogramm für die Verlagerung von Clearing-Geschäften von London nach Frankfurt bis Juni 2021 nachgebessert. Wie der Börsenbetreiber heute mitteilte, werden bei der Verlagerung von Portfolien zur Börsen-Tochter Eurex Clearing die Buchungsgebühren vollständig erlassen. Zudem gebe es nun ein weiteres, bis Juni 2022 geltendes Rabattprogramm. Bisher dominiert LCH.Clearnet, eine Tochtergesellschaft der London Stock Exchange (LSE), das Geschäft mit der Abwicklung von Euro-Derivaten.


BNP Paribas hält Gewinn nahezu stabil

Die französische Großbank BNP Paribas hat dank eines starken Handelsgeschäfts und einer geringeren Risikovorsorge im dritten Quartal 2020 netto rund 1,9 Milliarden Euro verdient. Wie die Bank heute in Paris mitteilte, lag der Überschuss lediglich rund 2 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Die Erträge stagnierten bei 10,9 Milliarden Euro. BNP-Chef Jean-Laurent Bonnafé bekräftigte zudem die Prognose der Bank über einen Gewinnrückgang im Gesamtjahr um 15 bis 20 Prozent.


Online-Shopping-Boom beflügelt PayPal

Der Online-Bezahldienst PayPal hat vom wachsenden Trend zu Online-Käufen während der Corona-Pandemie profitiert. Im dritten Quartal 2020 stieg der Nettogewinn verglichen mit dem Vorjahreswert um 121 Prozent auf 1 Milliarde Dollar (0,9 Milliarden Euro), wie das Unternehmen gestern nach US-Börsenschluss mitteilte. Die Erlöse nahmen um ein Viertel auf 5,5 Milliarden Dollar zu. Das gesamte abgewickelte Zahlungsvolumen wuchs um 36 Prozent auf knapp 247 Milliarden Dollar. PayPal hob zudem seine Jahresprognosen an und erwartet nun für 2020 ein Umsatzwachstum von 20 bis 21 Prozent sowie einen Anstieg des Nettogewinns je Aktie von 37 bis 38 Prozent.


Token Economy – Die (R)Evolution hat gerade erst begonnen

Icon Top NewsTechnologische Innovationen wie die Blockchain- oder Distributed Ledger Technologie (DLT) dürften in den kommenden Jahren zu zahlreichen Verbesserungen im individuellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben führen. Mit dem Durchbruch der DLT werde die Tokenisierung in vielen Gesellschaftsbereichen verankert, schreibt der Bankenverband in einem heute veröffentlichten Zukunftsentwurf. Eine wesentliche Neuerung sei die Einführung eines programmierbaren Euro. Basierend auf einer dezentralen Infrastruktur könnten mit Euro-Token Zahlungen künftig unmittelbar und kostengünstig abgewickelt werden. Zudem lasse sich ein "DLT-Euro" mit sogenannten Smart Contracts verknüpfen. Lesen Sie hier, welche Implikationen die Tokenisierung für die Finanzwirtschaft außerdem haben wird:

Die Köpfe

Julius Bär-Chef Rickenbacher auf Einkaufstour 

Der Schweizer Vermögensverwalter Julius Bär nimmt nach den Worten seines Vorstandschefs Philipp Rickenbacher mittelfristig größere Zukäufe ins Visier. Er erwarte, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma das Verbot von großen Transaktionen 2021 aufheben werde, sagte Rickenbacher in einem heute veröffentlichten Interview. "Wir durchleuchten den Markt aktiv und ich bin zuversichtlich, dass uns in den nächsten Jahren Übernahmen gelingen werden." Die Bank wolle in einzelnen Kernmärkten wachsen und sei offen für große, transformierende Zukäufe.


Bericht: Commerzbank-Manager Tomak geht

Kerem Tomak, Chief Analytics Officer der Commerzbank, steht laut einem Medienbericht offenbar vor einem Wechsel zur niederländischen Großbank ING Groep. Die Commerzbank habe den Weggang Tomaks auf Nachfrage bestätigt, schreibt Finanz-Szene.de heute. Die ING habe sich bislang nicht geäußert. Tomaks Rolle bei der Commerzbank werde per 1. November der Head of Market, Liquidity und Counterparty Risk, Dominik Schmidt-Kiefer, übernehmen.


Selva neuer Privatkundenchef bei Citigroup

Die US-Großbank Citigroup hat Anand Selva zum neuen Chef ihres Privatkundengeschäfts ernannt. Selva wird Nachfolger von Jane Fraser, die im Februar 2021 die Konzernführung übernimmt, wenn der bisherige Vorstandschef Michael Corbat in den Ruhestand geht. Wie die Bank gestern weiter mitteilte, wird Chief Risk Officer Bradford Hu sein Amt zum Jahresende abgeben.

Am Vortag meistgeklickt

Bundesbank sieht Banken für Brexit gut gewappnet

Die Finanzbranche ist nach Einschätzung der Bundesbank insgesamt gut auf die Folgen des britischen EU-Austritts vorbereitet. "Auch wenn ein Rest an Unwägbarkeit bleibt, kann der Schalter jetzt umgelegt werden. Für den Bankensektor sind die größten Klippen im Großen und Ganzen umschifft", sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling heute. Eine Gefahr für die Finanzstabilität sei nicht erkennbar. "Regulierung, Aufsicht und Banken haben alles getan, um Störungen oder gar Turbulenzen am 1. Januar 2021 zu vermeiden. Aus unserer Sicht kann der Brexit daher kommen." Die im Zuge des Brexits nach Deutschland kommenden Institute seien gut auf das Ende der Übergangsfrist zum Jahreswechsel vorbereitet, erklärte Wuermeling. Die Banken sollten die verbleibenden Wochen nutzen, um Vorbereitungslücken zu schließen und Verlagerungen von Bilanzpositionen und Mitarbeitern zeitnah abzuschließen. Nach Angaben der Bundesbank wurden 64 Lizenzanträge von Kreditinstituten, Wertpapierfirmen und Finanzdienstleistern für Deutschland gestellt. Die vom Volumen her 40 größten davon seien erfolgreich beschieden worden, die restlichen noch in Bearbeitung. Die Institute, die neu nach Deutschland kommen oder ihr Geschäft hierzulande erweitern, wollen nach eigenen Angaben zum 1. Januar 2021 Geschäfte im Volumen von rund 675 Milliarden Euro nach Deutschland verlagern. Nach Einschätzung der Bundesbank dürften bis zu 2.500 Banken-Jobs im Zuge des Brexits in Deutschland entstehen – vor allem am Finanzplatz Frankfurt.

Was morgen wichtig wird

In den USA werden erste Wahlergebnisse erwartet – neben dem Präsidenten werden auch die Abgeordneten des Repräsentantenhauses sowie ein Drittel der 100 Senatoren gewählt. – In Washington beginnt die zweitägige Sitzung des Federal Open Market Committee (FOMC) der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). – Die Wirtschafts- und Finanzminister der 27 EU-Mitgliedstaaten beraten online unter anderem über die Umsetzung der EU-Finanzmarktregulierung sowie den Abbau notleidender Kredite in Bankbilanzen. – In Frankfurt hält die Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB), Isabel Schnabel, eine Rede bei einer Konferenz des European Banking Institute (EBI). – Die staatliche Förderbank KfW veröffentlicht ihre Geschäftszahlen für das dritte Quartal 2020. – Außerdem ziehen in Turin die italienische Großbank Intesa Sanpaolo, in Paris die französische Bank Crédit Agricole und in Kopenhagen die Danske Bank Bilanz zum dritten Quartal.

Der Nachschlag

Laxer Karrierestart hinterlässt lange Bremsspuren

Ein verzögerter Karrierebeginn kann sich dauerhaft negativ auf die berufliche Laufbahn und die Höhe des Gehalts auswirken. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Strada Institute for the Future of Work. Demnach ist der erste Job häufig wegweisend für den Rest der Karriere. Entspricht die Erstanstellung den beruflichen Qualifikationen, ist ein stabiler Berufsweg vorgezeichnet. Laut der Erhebung waren vier von zehn US-Uni-Absolventen für ihre erste Stelle jedoch überqualifiziert. Bei zwei Dritteln habe sich daran auch fünf Jahre später nichts geändert. Wie sich ein später Karrierestart auf das Gehalt auswirkt, lesen Sie hier:

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