Heute wichtig: Merz will Tempo - Audi baut ab - Forschungsstandort boomt
● Union: geschlossen hinter Merz |
● Wirtschaft: will Klarheit |
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Liebe Leserin, Lieber Leser, seit seinem Wahlsieg hatder designierte US-Präsident siebzig Gespräche mit Staats- und Regierungschefs geführt, nach eigenen Angaben (Medien berichten von 20 bis 30).Telefondiplomatie mit Südkorea, der Ukraine, dem Vereinigten Königreich, China, Frankreich, Israel, Ägypten, Kanada, Saudi-Arabien, Indien, Japan, Italien... Welche Ländervorwahl fehlt? Genau, die +49. Es „sei eingespielt“, gebe aber noch „kein fixes Datum“ für ein Gespräch zwischen Olaf Scholz und Donald Trump, teilte ein Regierungssprecher dem FOCUS Briefing mit. Nun hängt das Schicksal der Bundesrepublik nicht an einem Anruf in Florida. Das Signal ist allerdings eindeutig: Der noch amtierende Bundeskanzler landet auf Trumps Prioritätenliste nicht unter den Top 20. Trump-Buddy Elon Musk schrieb auf X sogar: „Olaf ist ein Narr“. Das ist offenbar der neue transatlantische Umgangston. Er ist nicht schön. Aber auch das wird Deutschland verkraften. |
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| Bellevue 1: Olaf Scholz verlässt den Amtssitz des Bundespräsidenten, nachdem Steinmeier den drei FDP-Ministern die Entlassungsurkunden überreicht hat (© dpa) |
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Der Tesla-Chef liegt übrigens falsch. Olaf Scholz ist kein Narr. Es ist schlimmer: Er ist ein kühl kalkulierender Parteipolitiker, der seine Macht als Bundeskanzler nutzt, um Neuwahlen zu verschleppen. Er besitzt die Arroganz, das als patriotische Großtat zu verkaufen. Und die Chuzpe, jene abzukanzeln, die es anders sehen. Dazu zählen 66 Prozent der Deutschen, die laut Infratest Dimap gern früher als später wählen würden. Nur 33 Prozent sind für den Wahltermin Ende März, den Scholz anpeilt. Seine Begründung: Wichtige Gesetze müssten noch verabschiedet werden. Auch SPD-Chefin Saskia Esken betont: Die Regierung sei „handlungsfähig“. Das ist schon seltsam entrückt. Zur Erinnerung: Die Ampel, deren gelbes Licht erloschen ist, hat keine Mehrheit im Bundestag. Für nichts. Sie ist abhängig von Stimmen der Opposition. Scholz tut so, als habe er Anspruch darauf. Wie ein Rennfahrer, dem das Benzin ausgegangen ist, und der nun verlangt, dass die Konkurrenz ihn über die Ziellinie schiebt. Das ist Hybris. Von dem Mann, der vorgestern noch verkündete, er werde seine „gesamte Kraft dafür aufwenden, unser Land durch diese schwierige Zeit zu führen.” Je kürzer diese Phase ist, desto besser. Wenn Scholz kommende Woche die Vertrauensfrage stellen würde, bliebe allen Parteien Zeit, ihre Bundestagskandidaten noch vor Weihnachten aufzustellen – fristgerecht 35 Tage vor einem Wahltag im Januar. Donald Trump wüsste dann auch, wen er nach seiner Amtseinführung am 20. Januar auf die Telefonliste nehmen soll. Hoffen Sie eher auf Januar, oder ist März als Wahltermin auch okay? Schreiben Sie uns an feedback@focus-magazin.de |
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| Schloss Bellevue 2: Bei dem Termin mit Bundespräsident Steinmeier herrschte eisige Stimmung zwischen Olaf Scholz und Christian Lindner (© dpa) |
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Drei Fragen zum Ampel-Aus |
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Wie geht es mit dem Etat weiter? Ohne eine Mehrheit wird es voraussichtlich keinen Haushalt für 2025 geben und auch der Nachtragshaushalt für 2024 wird wohl nicht verabschiedet. Das macht eine vorläufige Haushaltsführung wahrscheinlich, bis eine neue Regierungskoalition sich einigt. Ein solcher Nothaushalt deckt, grob gesagt, laufende Verpflichtungen. Was ist mit den FDP-Ministern? Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Christian Lindner, Justizminister Marco Buschmann und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger gedankt und ihnen die Entlassungsurkunden überreicht. Alle drei besitzen ein Bundestagsmandat. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) übernimmt zusätzlich das Amt des Wissenschaftsministers. Neuer Finanzminister wird der Scholz-Vertraute Jörg Kukies, ehemals Deutschland-Chef der Investmentbank Goldman Sachs. Warum bleibt Ex-FDP Mann Volker Wissing Minister? Mögliche Erklärung: Der Verkehrsminister gilt als gläubig, preußisch und sehr eigen. Er hatte sich für den Verbleib in der Ampel eingesetzt, verfasste einen nicht mit Lindner abgestimmten FAZ-Gastbeitrag. Nun übernimmt der Winzer und Jurist zusätzlich das Justiz-Ressort. Seine FDP-Staatssekretäre haben geschlossen das Ministerium verlassen. |
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| Bellevue 3: Friedrich Merz auf dem Weg zum Bundespräsidenten, der bei Neuwahlen eine wichtige verfassungsrechtliche Funktion hat (© imago-images) |
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Scholz und Merz: Kein gemeinsamer Fahrplan |
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Am Tag nach dem Ampel-Aus ist Friedrich Merz bemüht, die Balance zu halten zwischen staatspolitischer Verantwortung und dem Ehrgeizi, schnellstmöglich die Regierung zu übernehmen. Man verschließe sich einer Zusammenarbeit mit Scholz in Sachfragen nicht grundsätzlich, wiederholte er mehrfach. Aber: Der Kanzler müsse den Weg zu Neuwahlen freimachen – nicht erst im Januar, sondern kommende Woche. Erst dann könne man über einzelne Initiativen sprechen. Haushalt und Nachtragshaushalt der (Ex-)Ampel will die Union nicht unterstützen. Die CDU steht geschlossen hinter dieser Entscheidung. Auch CSU-Chef Markus Söder bekräftigte bei „Maischberger“, man werde nicht „irgendwelche Ampel-Projekte, die nicht mal in der Ampel eine Mehrheit haben, künstlich durchzuwinken“. Das gut einstündige Gespräch gestern mittag im Kanzleramt zwischen Oppositionsführer und Kanzler verlief ergebnislos. In der ARD bezeichnete Merz die Abrechnung von Scholz mit Lindner später als „unwürdig“. Das gebe „einen kleinen Vorgeschmack auf das, was wir von der SPD und von Olaf Scholz auch im Bundestagswahlkampf erwarten dürfen.“ Heute früh um 8 Uhr kommt die Unions-Fraktion erneut zusammen. Dann wird Merz von dem Gespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier berichten, das gestern Nachmittag stattfand. |
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| Bei Audi schwinden die Gewinne (© EPA) |
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Bericht: Audi streicht Tausende Stellen |
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Der Ingolstädter Autobauer Audi steht offenbar vor einem weitreichenden Stellenabbau. Mittelfristig sollen außerhalb der Produktion 15 Prozent der Arbeitsplätze gestrichen werden, berichtet das „Manager Magazin“. Allein in Deutschland würden rund 4500 Jobs wegfallen. Eine Audi-Sprecherin wollte auf FOCUS-Anfrage die Spekulationen um einen „möglichen Stellenabbau“ nicht bestätigen. Sie verwies auf die jüngste Betriebsversammlung Mitte Oktober. Dort hatte der Vorstand die bis 2029 geltende Beschätigungsgarantie („Audi.Zukunft“) bekräftigt. Die Vereinbarung sehe jedoch vor, dass „dass bei verschlechterten unternehmerischen Rahmenbedingungen neue Verhandlungen aufgenommen werden“. Dies sei „nun der Fall“. Die entsprechenden Gespräche würden jedoch „intern“ geführt. Gesamtbetriebsrats-Chef Jörg Schlagbauer sagte dem FOCUS, man verhandle noch und spreche „über die inhaltlichen Ziele, um Audi wetterfest zu machen.“ Das operative Ergebnis der Volkswagen-Tochter war im dritten Quartal um 91 Prozent auf 106 Millionen Euro eingebrochen. |
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| DIHK-Präsident Peter Adrian (© dpa) |
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DIHK-Chef hofft auf rasche Neuwahlen |
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Der Präsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Peter Adrian, fordert nach dem Bruch der Ampel eine rasche Rückkehr zu klaren politischen Verhältnissen. „Wir hoffen, dass die Übergangsphase ohne eine handlungsfähige Regierung möglichst kurz bleibt“, sagte Adrian dem FOCUS. Unternehmen investierten nur dann wieder mehr, wenn sie wüssten, wie sich die Rahmenbedingungen entwickelten. Während der internationale Wettbewerb immer rauer werde, stecke Deutschland in einer „tiefen strukturellen Wirtschaftskrise“. Nun gelte es, „das Land wieder auf Vordermann zu bringen“. Nur dann könne das Vertrauen der Unternehmen in den Standort zurückkehren. Mit Blick auf den Personalwechsel im Weißen Haus warnte der DIHK-Chef vor den Folgen für deutsche Unternehmen. Sollte Donald Trump den angekündigten Basiszoll auf Importe verhängen, wäre dies „ein herber Rückschlag für die deutsche Wirtschaft – in einer ohnehin bereits angespannten Situation“. Umso wichtiger sei es, „dass Europa möglichst zügig auf die neue Administration zugeht“. |
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1530 Personen- und Kapitalgesellschaften meldeten im vergangenen Monat Insolvenz an. Das ist die höchste Oktober-Pleitewelle seit 20 Jahren, wie aus einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervorgeht. Ein sprunghafter Anstieg – um 17 Prozent im Vergleich zum Vormonat und um 48 Prozent gegenüber 2023. |
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| Humboldt-Uni Berlin: Deutschland steht in Wissenschaftskreisen hoch im Kurs (© dpa) |
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Wissenschaftler lieben Deutschland |
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Überall Krise, nur in der Forschung nicht. Deutschland ist nach den USA das beliebteste Land für internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Mehr als 75.000 von ihnen arbeiteten 2021 in Deutschland (USA: 86.000). An deutschen Hochschulen waren zudem 380.000 internationale Studierende eingeschrieben – ein neuer Höchststand. Die Gründe: Laut Jan Kercher vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in Bonn liegt das an Weltklasse-Universitäten, gut ausgestatteten Hochschulen, sicheren Stellen, guter Bezahlung, hervorragender Forschungsinfrastruktur. Hinzu kommen „Soft“-Faktoren, die viele Deutsche für selbstverständlich halten, Ausländer aber nicht: Demokratie, Lebensqualität, Sicherheit, Sauberkeit, gutes Gesundheitssystem, funktionierende Verwaltung, keine Korruption. Das Problem: Laut DAAD verhindert die schleppende Visa-Vergabe, dass noch mehr ausländische Spitzenforscher nach Deutschland kommen. Manchmal dauert es mehr als ein Jahr, so Kercher: „Da gehen die halt woanders hin“. |
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Gewinner: Versöhnlicher und würdiger erster Auftritt nach der US-Wahl - mit Kusshand. Präsident Joe Biden, 81, hat Donald Trump seine Unterstützung zugesichert. Vom Rosengarten des Weißen Hauses aus adressierte er die Nation: „Man kann sein Land nicht nur dann lieben, wenn man gewinnt.“ Und: „Man kann seinen Nachbarn nicht nur dann lieben, wenn man seiner Meinung ist.“ Rückschläge passieren, aber aufgeben dürfe man nie. | |
Verlierer: Olivér Várhelyi, 52, muss nachsitzen. Bei der ersten Anhörung im Europaparlament erhielt der ungarische Anwärter auf den Posten des Gesundheits-Kommissars nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit. Er steht wegen Nähe zu Viktor Orbán und ausfallender Reden in der Kritik, wird aber von der bürgerlichen EVP in Straßburg unterstützt. Nun muss er in eine zweite Anhörung. Danach reicht die einfache Mehrheit. | |
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… verneigen wir uns vor einer mutigen Frau mit einem unendlich großen Herzen und einem eindringlichen Appell, den sie insbesondere an jüngere Generationen richtet: ‚Seid Menschen!‘“ So lautet das Urteil der Jury, die Margot Friedländer, 103, gestern mit dem BAMBI 2024 für „Mut“ ausgezeichnet hat. Das Interview mit der Holocaust-Überlebenden finden Sie im aktuellen FOCUS. | | Die Journalistin Sophie von der Tann (r.) überreicht den BAMBI an Margot Friedländer (© dpa) | Der von Verleger Dr. Hubert Burda gestiftete Preis würdigt Persönlichkeiten, „die einen Unterschied machen – die für ihre Überzeugungen, für ihre Ideale alles geben“, so Burda-Vorstand Philipp Welte. „Wir möchten außergewöhnlichen Menschen unseren Respekt erweisen, weil sie uns Hoffnung geben und Mut machen, gerade in Zeiten der Unsicherheit.” So wurden unter anderem auch das Kinderhilfswerk „Die Arche“, Toni Kroos, Jella Haase, Kevin Costner und Reinhold Messner ausgezeichnet. Glückwunsch an alle BAMBI-Preisträger 2024! Ein schönes Wochenende wünscht | | Tanit Koch |
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