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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Dienstag, 08.10.2019 | Windig und regnerisch bei max. 13°C. | ||
+ Polizei beginnt am Morgen erneut mit Räumung des Potsdamer Platzes + Kälteeinbruch legt Flughafen Tegel lahm + FDP sorgt sich um Fledermäuse am geplanten Einheitsdenkmal + |
von Anke Myrrhe |
Guten Morgen, Sie sollten das Auto stehen lassen. Die Aktivisten hatten es angekündigt, aktivistenuntypisch mit einer ordentlichen, freundlichen Pressekonferenz. Auch deswegen hat wohl kaum jemand daran geglaubt, dass sie es wirklich schaffen würden, die halbe Stadt lahmzulegen, den ganzen Tag den Potsdamer Platz und den Großen Stern zu blockieren. Doch nicht nur deswegen ist dieser Protest so bemerkenswert. „So etwas habe ich noch nie gesehen“, sagten gestern auch erfahrene Kollegen: Blumenkübel, Zirkuszelte, spielende Kinder, Riesenseifenblasen, Klohäuschen, Demonstranten und Polizisten, die sich nach erfolgreichem Abtransport (des Aktivisten) freundlich umarmen. Oberstes Gebot: Der Protest muss gewaltfrei bleiben. Und das blieb er. „Das sind ja keine Schwerverbrecher“, kommentierte ein Lagedienstmitarbeiter gestern am späten Abend, als die Polizei die Räumung vorerst unterbrach. Die selbsternannten Rebellen forderten ihre Unterstützer (es wurden etwa 3000 gezählt) auf, mit ihren Zelten vom Kanzleramt zum Potsdamer Platz umzuziehen. Oder morgens wiederzukommen. Und dass Klimaaktivisten nicht unbedingt Langschläfer sind, haben sie gestern bereits bewiesen. Sie sollten das Auto stehenlassen. Das gilt weiterhin. Der große Stern bleibt besetzt; gegen 6 Uhr begann die Polizei mit einem neuen Versuch, den Potsdamer Platz zu räumen (alle aktuellen Entwicklungen hier im Live-Blog). Doch das kann dauern. Und weitere Aktionen werden folgen, wie wir nun wissen: angekündigte und unangekündigte. Wie kann es sein, dass am Ende eines solchen Tages irgendwie ganz Berlin zufrieden wirkte? Vielleicht, weil Sie hier Kummer gewohnt sind (Stau ist ja immer irgendwo) oder gerade in den Urlaub geflogen (sind schließlich Ferien) oder das Ganze als Happening fürs Berlin-Hype-Stadtmarketing doch gar nicht so schlecht ist, Klima vor oder zurück (guckt mal, wie cool wir sind!). So werden die Aktivisten am Ende der Woche vielleicht wirklich ein Lied aus ihrem eigens angefertigten Liederbüchlein (Beweis) singen können: „Drei Rebellen mit dem Kontrabass, saßen auf der Straße...“ und erreichten etwas. Nur was, ist weiterhin nicht so ganz klar. Ganz Berlin? Nein! Eine von unbeugsamen Autoliebhabern bevölkerte Partei hört nicht auf, die „Duldung“ dieser „Klima-Krawallos“ zu kritisieren, die schließlich ebenso gut im Tiergarten demonstrieren könnten! „Der gewaltige Rückstau in der ganzen Stadt führt automatisch zu längeren Anfahrtszeiten und gewaltigen Mehrkosten für alle, insbesondere auch die Not- und Rettungsfahrzeuge“, schrieb FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe. „Jede verzögerte Hilfe heute geht auf das Konto dieser Randalierer.“ Nun, da war die Lunte mal wieder etwas schnell on fire, denn die friedlich sitzenden Demonstranten waren so schnell aufgesprungen, als ein Rettungswagen kam, dass Herr Luthe nicht mal „Platz da“ rufen konnte (Beweisvideo). Hat so mancher FDP-Wähler auf der Autobahn bis heute nicht kapiert. | |||
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Und dann auch noch der Flughafen Tegel! Auch dort ging kurzzeitig nichts mehr gestern Morgen. Ruft Sebastian Czaja an! Tegel muss offenbleiben! Doch nein, diesmal waren es nicht die rettenden Rebellen, sondern einfach der wunderliche Wintereinbruch, der so überraschend kam, dass nicht genügend Enteisungsfahrzeuge da waren. Ein Whistleblower aus der Flugbranche schreibt uns: „Berlin braucht kein Extinction Rebellion um TXL lahm zu legen. Die kalte Nacht kam überraschend und abgestellte Maschinen müssen (Surprise!) enteist werden. Cockpitcrews ratlos: ‚Wir wissen auch nicht an welcher Position wir in der Schlange sind‘. Abflug Easyjet nach Stockholm um 7:40 .... bis jetzt (8:35) war noch keiner der BEIDEN EINZIGEN verfügbaren Enteisungswagen am Flugzeug.“ Es soll übrigens nochmal richtig warm werden am Wochenende – allerdings, Profitipp (Grüße rüber an die S-Bahn!): Der Winter kommt bestimmt. (Ja, liebe Rebellen, noch kommt er). Worum sich die FDP noch Sorgen macht, erfahren heute die Abonnenten exklusiv. | |||
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Wo wir gerade so viel lernen, gleich hinterher eine kleine Lektion unserer beliebten Rubrik Mathe lernen mit dem Checkpoint. Wie viel Prozent mehr Schüler hält eine Grundschule aus? Mal nachschauen in Mahlsdorf. Die Kiekemal-Grundschule war ursprünglich für 360 Schülerinnen und Schüler gebaut worden, zweieinhalbzügig geplant. Inzwischen sind die unteren Klassen vierzügig, 179 Schüler zu viel sind derzeit angemeldet, eine Überbelegung von 49,7 Prozent. Wir zitieren aus der Mail der Elternvertretung an Schulstadtrat Gordon Lemm (SPD): „Wie wollen Sie Eltern die Bildungsinitiative des RRG-Senats als fortschrittlich und zukunftsweisend erklären, wenn Sie einer Schule, die in ihrer Idee alles verkörpert – von Inklusion bis hin zum vertraglich garantierten offenen Ganztagsbetrieb –, die Grundlage für erfolgreiches Arbeiten nehmen?“ Die Frage reichen wir mal an die Senatorin weiter. Mehr dazu heute im Bezirksnewsletter meines Kollegen Ingo Salmen. Abo unter: leute.tagesspiegel.de. | |||
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Mit der Schulmisere wird eine junge Familie vermutlich auch demnächst konfrontiert werden, zunächst einmal hat sie aber ganz andere Sorgen. Vor drei Wochen sind sie nach Berlin gezogen und bisher nicht ganz so glücklich geworden mit der Stadt, obwohl Berlin diesmal gar nichts dafür kann. Wobei… 1700 Euro zahlt die Familie für die Wohnung in Charlottenburg, 120 Quadratmeter, Altbau. Doch seit elf Tagen hat die Familie weder heißes Wasser noch Heizung, die Kinder haben Halsentzündungen, das Problem beträfe alle Wohnungen im Haus, schreiben sie uns. Jeden Tag rufen die Mieter beim Vermieter an, keine Antwort. Das galt gestern auch für unsere Anfrage beim schwedischen Immobilienkonzern Akelius, dem das Haus angeblich gehört. Dessen Europa-Chef Ralf Spann hatte vor zwei Monaten im Tagesspiegel erklärt, wegen des Mietendeckels nicht mehr in Häuser zu investieren – aber explizit Instandhaltungsmaßnahmen ausgenommen. „Wir werden alles Notwendige weiterhin machen, damit das Objekt technisch einwandfrei ist. Heizung ist defekt – wird repariert, Fahrstuhl ist defekt – wird repariert. Das Dach ist undicht – wird repariert.“ Was man nicht mehr machen werde: Treppenhaus streichen, Eingangsbereiche verschönern, den Hof neu gestalten, die Fassade neu streichen. „Weil sich das wirtschaftlich nicht mehr rechnet.“ Da hat wohl jemand etwas verwechselt. | |||
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Apropos Mietendeckel: Als letzte hat auch die Wirtschaftsverwaltung gestern gerade noch pünktlich ihre Stellungnahmen bei Lompschers Verwaltung eingereicht. „Wir bereiten jetzt eine Senatsvorlage vor“, hieß es dort. In der Staatssekretärsrunde in Vorbereitung auf die morgige Senatssitzung war der Deckel kurz Thema (wie alles andere auch – die Sitzung dauerte nur 35 Minuten), das Protokoll fasst zusammen, „dass es einen Konsens über die Deckelung der Mieten für die nächsten fünf Jahre gebe. Dissens bestehe dagegen zur Frage der Mietabsenkungen in bestehenden Mietverträgen.“ Erörterungsbedarf gibt es „bei Neuvermietungen, bei den Mietobergrenzen und der Modernisierungsumlage.“ Und bei der Rolle der IBB, wie es in der Stellungnahme der Wirtschaftsverwaltung heißt: „Mit Recht betont jedoch die IBB…, dass eine erhebliche und kurzfristige Ausweitung ihrer Tätigkeit jenseits des Förderbankgeschäfts auch Fragen über die Funktionsfähigkeit der IBB in ihrem Kerngeschäft aufwerfen könnte.“ Höchste Priorität müsse die Minimierung des Verwaltungsaufwands haben. Und nicht der Termin. Anders als geplant wird der Mietendeckel nicht am 15. Oktober beschlossen, sondern eine Woche später am 22. Oktober (auch weil Müller vom 12.-17. Oktober in Singapur ist). Am 24. Oktober könnte das Gesetz dem Rat der Bürgermeister vorgelegt werden. Und dann beginnt vermutlich alles von vorn. | |||
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Aus der Reihe „Ordnungsrufe im Abgeordnetenhaus“, heute Thorsten Weiß, AfD (41. Sitzung): Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt: Nein! – Frau Jarasch! Sie haben die Möglichkeit der Erwiderung! [Zuruf von Holger Krestel (FDP) – Torsten Schneider (SPD): Nein, aber ich kann Frau Jarasch fragen!] Bettina Jarasch (Grüne): – Ich gebe dem Herrn Schneider gerne meine Redezeit ab, aber ich fürchte, das ist formal nicht möglich. [Thorsten Weiß (AfD): Doch, bei der Präsidentin geht es! – Heiterkeit bei der AfD] ... Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt: Bevor ich zu den weiteren Tagesordnungspunkten komme, komme ich noch einmal zurück zu lfd. Nr. 9: Gesetz zum Schutz der freien Persönlichkeitsentwicklung von Kindern vor Erreichen der Religionsmündigkeit ... Hier gab es von dem Abgeordneten Weiß den Zwischenruf „Doch, bei der Präsidentin geht es!“ – Ich verweise hier auf die Geschäftsordnung, dass eine Kritik an der Sitzungsleitung nicht gestattet ist, und rufe damit den Abgeordneten Weiß zur Ordnung. [Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Burkard Dregger (CDU)] | |||
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