am Sonntag wird im Deutschen Literatur-Archiv in Marbach die Ausstellung „Kafkas Echo“ eröffnet, gut drei Wochen, bevor sich am 3. Juni Kafkas Todestag zum hundertsten Mal jährt. Andreas Platthaus ist an den Neckar gereist, um Ihnen die Ausstellung morgen im Samstagsfeuilleton – gedruckt oder digital – vorstellen zu können. Gezeigt werden Manuskripte, Briefe, Fotos und Erinnerungsstücke von Kafka, dazu, wie es heißt, „Lese- und Rezeptionsspuren“ aus den Archiven und Bibliotheken von Schriftstellern, die in Marbach versammelt sind und die hundert Jahre seit Kafkas Tod umspannen. Fast hätte ich „überbrücken“ geschrieben, aber was soll das für eine Brücke sein, derer das Werk Kafkas bedürfte?
Kurz vor Ende seines Romans „Das Museum der Unschuld“ lässt Orhan Pamuk seinen Erzähler Kemal die Sammler dieser Welt in zwei Arten unterteilen: die „stolzen Sammler, die sich präsentieren wollen“, und die „schamhaften Sammler, die das Angehäufte am liebsten vor allen Augen verbergen würden“. Natürlich fragt sich der Leser bei den nicht ganz dreißig letzten Seiten des Buchs, welche Art Sammler dieser Kemal nun sei, der mit den über Jahre zusammengetragenen Objekten, die er von seiner großen Liebe Füsün aufgehoben, auch entwendet hat, ein Museum einrichten möchte. Also Präsentation, Stolz, vielleicht auch das Demonstrieren von Unschuld, dabei hätte man ihm ebenso den Impuls verschämten Verbergens zugeschrieben. Und der Leser fragt sich, welche Art Sammler Orhan Pamuk wohl ist. Schließlich hat der türkische Nobelpreisträger in Istanbul selbst ein „Museum der Unschuld“ eingerichtet, das dem Buch zu entstammen scheint, so wie das Buch umgekehrt seinen Ursprung in diesem Haus an der Çukurcuma-Straße haben könnte.
Fridtjof Küchemann
Redakteur im Feuilleton.
Als im Oktober eine Ausstellung mit einem Teil der Arrangements aus dem Istanbuler Museum in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden eröffnet wurde, mit einigen Ergänzungen und Bezugnahmen auf die Sammlungen dort, sprach Pamuk von einer „tröstenden Kraft“ der Objekte „gegen die vergehende Zeit“. Für seinen Kemal gilt das bestimmt.
Hat es auch etwas Tröstendes, vor Schriften, Manuskripten und Objekten zu stehen, mit denen sich Franz Kafka befasst hat? Mir kommt es so vor, als bewegten uns nicht so sehr ihre Eindrücklichkeit gegen die vergehende Zeit. Wir staunen, wie weit entfernt die Lebenszeit und die Lebensumstände Kafkas inzwischen sind – und wie nah sie zugleich wirken.
Das neue Literaturrätsel von Jürgen Kaube, das Sie in diesem Newsletter finden, führt in eine literarische Epoche, zu der es – in Jahren gezählt zumindest – von Kafka aus nicht mehr weit ist. Und doch wirken einige der angedeuteten Motive wie aus einer anderen Welt.
Pamuks Ausstellung übrigens wird nach den Monaten in Dresden Ende kommender Woche im Münchner Lenbachhaus eröffnet.
Geschichten wie ihre wurden lange nicht erzählt. Dabei war sie als Partnerin von Joseph Roth die erste Afrodeutsche, die in die Literaturgeschichte einzog. Und in Klaus Manns Roman „Mephisto“. Ein Gastbeitrag. Von Lene Albrecht
Vor fast 20 Jahren hat Javier Cáceres zum ersten Mal einen Fußballer darum gebeten, sein schönstes Tor in ein Notizbuch zu zeichnen. Daraus erwuchs eine beeindruckende Sammlung. Ein Gespräch über Fußballerinnerungen mit Cáceres und Jürgen Kaube. Von Paul Ingendaay
Manche halten die Romantik für eine deutsche Erfindung. Das Literaturrätsel für den Monat Mai unternimmt einen kleinen Streifzug ins romantische Ausland. Von Jürgen Kaube
Vor zweihundert Jahren wurde Beethovens 9. Symphonie uraufgeführt. Gleich zwei Romane der Weltliteratur erläuterten nach 1945 die Prinzipien des Faschismus an dieser Komposition. Von Gerhard Poppenberg
Jede Woche fragen wir Menschen aus dem Kulturbetrieb, was sie lesen und welches Buch in ihrem Schrank sie ganz bestimmt nicht lesen werden. Diesmal antwortet der Schweizer Musiker Dagobert.
250 Jahre her ist es in diesen Tagen, dass Goethe den „Werther“ vollendete – im Haus seiner Eltern am Großen Hirschgraben in der Frankfurter Innenstadt. Seine Liebe zum Eislaufen hat ihn zu der Zeit begleitet. Von Florian Balke
Ein Sprachbild, mit dem er weiter komponiert und das schließlich auch über sein eigenes Werk hinausgreift: Heimito von Doderers „möbelhaftes Schweigen“ passt bestens zu Virginia Woolf. Von Achim Hölter
Im Bühnenerfolgsautor versteckt sich ein Historiker, der in Cambridge und Oxford studiert hat: Zum neunzigsten Geburtstag des englischen Schriftstellers Alan Bennett. Von Patrick Bahners
Truman Capote war der Darling der Damen der New Yorker High Society. Dann plauderte er deren Geheimnisse aus. War das nur böser Klatsch oder große Literatur? Die Serie „Feud: Capote vs. The Swans“ will es leider gar nicht so genau wissen. Von Harald Staun
Bernhard Pivot war das französische Äquivalent zu Marcel Reich-Ranicki: der wichtigste und populärste Vermittler von Literatur im Fernsehen. Jetzt ist er mit 89 Jahren in Neuilly-sur-Seine gestorben. Von Niklas Bender
Wenn Meeresrobotik, Biologie, Linguistik und KI gemeinsame Sache machen: Tom Mustill zeigt, wie die Erforschung der Tierkommunikation voranschreitet. Von Pia Heinemann
Drei, zwei, eins, und ab geht es: In ihrem Roman „Auf allen vieren“ erzählt die US-Künstlerin Miranda July von einer Frau Mitte Vierzig. Und versteht „Wechseljahre“ als existenzielle Metapher. Von Tobias Rüther
Albert Cohens autobiographisches Buch „Ô vous, frères humains“ erscheint endlich auf Deutsch. Was bedeutet es für unser Verständnis von Antisemitismus? Von Sebastian Tränkle
Ein Großstadt-Gedicht mehr, aber eines mit sehr eigenem Akzent: Seine Verfasserin war Muse, Pazifistin, Dichterin und nur im Unterwegssein zuhause. Von Rüdiger Görner
In ihrem Bilderbuch „Bus“ erzählt Christina Röckl fast ohne Worte von einer missmutigen Reisegesellschaft – und der Ansteckungskraft guter Laune. Von Ursula Scheer
Zuzanna Kisielewskas Versuch, für berühmte lateinische Redewendungen und ihre Herkunft zu begeistern, geht über die Köpfe der Zielgruppe hinweg. Von Sarah Obertreis
Was planen Sie im Wonnemonat Mai? Jetzt an unserer Umfrage teilnehmen und als Dankeschön 4 Ausgaben der Sonntagszeitung inkl. FAZ+ zum Vorteilspreis genießen.
Schritt für Schritt zum Glück. Gewinnen Sie einen Aufenthalt im München Marriott Hotel City West – mit Rooftop-Blick über die Alpen & exklusivem Abendessen.
HRB 7344, Amtsgericht Frankfurt am Main, USt.-IDNr.: DE 114 232 732 Geschäftsführer: Thomas Lindner (Vorsitzender), Dr. Volker Breid Herausgegeben von Gerald Braunberger, Jürgen Kaube, Carsten Knop, Berthold Kohler