Noch ein Hinweis in eigener Sache: Am kommenden Dienstag (9. Juni) halte ich ein exklusives Live-Webinar mit meinem Freund Lars Erichsen. Es geht um Apple, Amazon, Wirecard & Co. – und natürlich kannst Du uns direkt Deine Fragen stellen. Hier kannst Du dich kostenlos für das Webinar anmelden → www.aktien-report.de/webinar
So hat Donald Trump eine „Executive Order“ unterzeichnet, nach der eine als "Section 230" bekannte Klausel „konkretisiert“ werden soll. Gemäß dieser Regelung aus einem Gesetz von 1996 werden Online-Dienste nicht für von Nutzern veröffentlichte Inhalte haftbar gemacht und haben weitreichende Freiheiten, gegen bestimmte Inhalte oder Nutzer vorzugehen. Erste Klagen gegen Trumps Order wurden bereits eingereicht und diese dürfte auch schwer durchzusetzen sein. Immerhin gibt es eine ganze Reihe von höchstrichterlichen Urteilen zur „Section 230“ aus den letzten Jahren, die die Rechte der Plattformen immer wieder bestätigt haben. Und so lässt sich Twitter auch nicht beirren; ein von Trump verbreitetes Video wurde aufgrund von Urheberrechtsverletzungen gelöscht und die Plattform erwägt inzwischen sogar, Trumps Twitter-Account ganz stillzulegen. Facebook geht unter seinem Chef Mark Zuckerberg einen anderen Weg und versucht, zu deeskalieren. Was allerdings nicht überall gut ankommt, so dass nun sogar Mitarbeiter den Chef kritisieren und das Unternehmen verlassen. Eine vertrackte Situation, die auch die Anleger verschreckt und die Aktienkurse unter Druck geraten ließ. Dabei geriet eine andere Entwicklung völlig aus dem Blickfeld, die Facebook zu einem ernsthaften Amazon-Konkurrenten machen könnte. Doch die neue Erweiterung Facebook Shops zielt nicht direkt auf Amazons Onlinebusiness, sondern auf sein jüngstes 10-Milliarden-Dollar-Business und die neue Cashcow neben dem Cloud-Service AWS. Was Amazon noch viel Kopfzerbrechen bereiten könnte. Facebook Shops – ein Game-Changer? Plattformen sind ein Megatrend. Ob Amazon, eBay, Shopify, Uber oder Zalando, sie alle verdienen prächtig daran, dass sie als Marktplatz Angebot und Nachfrage zusammenbringen, ohne als Händler selbst ins Risiko gehen zu müssen. Das Business ist leicht skalierbar; es können leicht viel mehr Nutzer und Angebote aufgenommen werden, ohne dass die Kosten in gleichem Maße steigen. Je mehr Umsatz über die Plattform läuft, desto größer ihre Marge. Facebook adressiert mit seinen vier Angeboten Facebook, Instagram, WhatsApp und Facebook Messenger inzwischen fast drei Milliarden Menschen weltweit und damit fast ein Drittel der Weltbevölkerung. Hier ist ein Ende des Wachstums absehbar, auch wenn die Weltbevölkerung weiter anwächst. Drei Milliarden Nutzer sind ein enormes Pfund und von Anfang an erwies sich Facebook als geschickt darin, diese Nutzer in Umsatz und Gewinne umzumünzen. Wenn die Zahl der Nutzer nicht mehr stark zulegt, wird Wachstum dadurch generiert, dass man pro Nutzer mehr Umsatz und Ergebnis erzielt. Klingt schwierig, weil Facebook für keines seiner Angebote eine Gebühr verlangt. Der Schlüssel liegt natürlich darin, dass Facebook über Werbung sein Geld verdient. Und zwar passgenau. Denn bei Facebook tummeln sich die Leute, sie diskutieren, sie liken. Der Facebook-Algorithmus entschlüsselt unsere Vorlieben und daher kann Facebook seinen Werbetreibenden immer passgenauere „Nutzer“ für ihre Werbung vorschlagen. Facebook weiß im Zweifel besser über die Neigungen und Vorlieben seiner Nutzer Bescheid, als diese selbst. Oder zumindest, als diese öffentlich zugeben würden. Der Vorteil seiner noch jungen Dating-Funktion ist, dass sie Matches nicht danach vergibt, was Nutzer in ihrem Profil eintragen, sondern was sie durch deren Verhalten und Äußerungen über sie weiß. Und so läuft es auch bei der Werbung. Wobei Facebook auch weiter denkt, denn Facebook kann anhand seiner Daten sehen, dass beispielsweise tätowierte Hardrock-Fans mit Budweiser-Faible tendenziell eine Schwäche für Lillifee-Plüschtiere haben. Für Werbetreibende eine interessante Erkenntnis, wenn sie denn ihren Kundenstamm erweitern wollen. Und nun also Shops. Der erste Gedanke wäre, dass Facebook zu einer Art Amazon, zu einer Online-Verkaufsplattform werden möchte. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn Facebook verdient sein Geld mit Werbung und genau das ist die Stoßrichtung von Facebook Shops. Qualität statt Quantität Die Statistik spricht für Facebook. Rund zwei Milliarden Menschen nutzen heute schon Facebook, um neue Produkte zu entdecken. Bisher ist für Facebook dann das Spiel zu Ende, doch Shops knüpft genau hier an. Durch Facebooks Shops und Instagram Shops sollen die Verbraucher künftig die Produkte auch direkt auf Facebook oder Instagram kaufen können. Ohne zur Website eines Händlers wechseln zu müssen. Facebook will bis zum Checkout das komplette Einkaufserlebnis abbilden. Der zweite Clou an der Sache ist, dass man nicht in Konkurrenz zu den Händlern tritt. Dazu kooperiert man mit Shopify und anderen E-Commerce-Softwareunternehmen wie BigCommerce, WooCommerce und ChannelAdvisor, die es kleinen und mittleren Unternehmen auf einfachste Weise ermöglichen, ihre Produkte über einen eigenen Shop bei Facebook anzubieten (Facebook nennt sie „In-App-Mini-Shops“). Sie brauchen also nicht mal eine eigene Website oder einen eigenen Onlineshop zu betreiben, sie können dies künftig bei Facebook machen. Sie können ihre Online-Shops mit Schriftarten und Farben anpassen und mit Hilfe der Facebook-Tools können sie mit Käufern chatten und deren Fragen beantworten. Und selbst den Bezahlvorgang übernimmt Facebook, wenn der Händler es wünscht. Für den Nutzer wird das Einkaufen viel einfacher: er sieht ein Produkt auf Facebook und kann es direkt und unkompliziert erwerben. Zwischen dem Kaufimpuls und dem Kauf liegen nur ein paar Klicks und wenige Sekunden. Das ist auch für die Händler von großem Interesse. Und gerade kleinere Anbieter haben so die Chance, Onlineumsätze zu generieren, während sie bei eBay oder Amazon hauptsächlich über den Preis konkurrieren müssen – und das mit Powersellern, die aufgrund enormer Stückzahlen ganz andere Preise kalkulieren können. Für Facebook ergeben sich hieraus ganz neue Möglichkeiten, seine Werbeerlöse zu steigern. Die Werbefläche ist begrenzt und auch im Feed dürfen nicht zu viele gesponsorte Beiträge auftauchen, um das Nutzererlebnis nicht zu schrotten. Wenn aber in einem redaktionellen Beitrag über Selena Gomez deren neustes Outfit thematisiert wird und Facebook nun durch einen Klick den Kauf ihrer neue Jimmy Choo-Schuhe ermöglicht, würde diese Verlinkung auf einen Facebook-Mini-Shop für den betreffenden Händler eine Goldgrube darstellen. Und Facebook verkauft seine Werbeplätze und Werbelinks, auch in Auktionen. Je wertvoller der Werbelink für den Anbieter ist, desto wertvoller ist er auch für Facebook. Kein Wunder, dass sich die Analysten in ersten Reaktionen begeistert zeigten. Exemplarisch sei hier die Citibank genannt, die meint, Facebook werde bereits bis 2023 etwa zwei Prozent des weltweiten E-Commerce-Umsatzes und damit einen zusätzlichen Gewinn von sieben Milliarden Dollar generieren können. Zur Einordnung: Facebooks gesamter Nettogewinn lag 2019 bei rund 18,5 Milliarden Dollar. An diesen beiden Zahlen kann man die Dimension von Facebook Shops erkennen. Facebook (ISIN: US30303M1027) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 20e/21e/22e | Kurs | A1JWVX / FB | 556 Mrd. USD | 31 / 23 / 19 | 231,08 USD | Ein Problem für Amazon? Ja, doch. Der Onlinehandel wächst stark und Amazon kann hier seine Dominanz bisher immer weiter ausbauen. Vor allem zulasten des stationären Handels, der durch Facebook Shops nun eine neue, ernsthafte Möglichkeit bekommt, sich mit relativ geringem Aufwand zur Wehr zu setzen. Das macht es für Amazon schwerer. Aber auch indirekt könnte Amazon unter Facebook Shops leiden. Viele Kaufinteressenten starten ihre Produktsuche bei Amazon und daher erfreut sich Werbung auf Amazon bei den Anbietern immer größerer Beliebtheit. Denn anders als bei Google steckt hinter den Suchanfragen bei Amazon eine konkrete Kaufabsicht, so dass Amazons Add-Business inzwischen 10 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr generiert. Wenn nun aber Produktsucher nicht mehr von Facebook zu Amazon oder anderen Handelsplattformen wechseln müssen, weil sie direkt auf Facebook oder Instagram das Produkt kaufen, entgehen Amazon diese Käufer und das trifft Amazon gleich mehrfach. Die Suche findet nicht bei Amazon statt und damit sinkt die Attraktivität der Werbungsplätze- und links auf Amazon. Der Kauf findet nicht bei Amazon statt und damit entgeht Amazon die Verkaufsprovision. Und Amazon verleitet Kunden dazu, noch mehr zu kaufen, wenn sie erstmal auf der Website sind. Auch diese Umsätze entgehen Amazon. Mein Fazit: Amazons Wachstum wird durch Shops nicht gebrochen, aber sicher ein wenig verlangsamt. Es dürfte interessant sein zu sehen, wie Amazon hierauf reagieren wird. Für Händler bleibt Amazon als Plattform interessant, weil man nicht nur die mit Abstand meisten Kunden zu bieten hat, sondern auch eine Vielzahl an Händlertools und Angeboten für Händler. Diese können ihren Warenbestand von Amazon verwalten und lagern lassen und die Abwicklung und das Versenden in Amazons Hände geben (Fulfillment). Dieses Netzwerk kann Facebook nicht bieten und auch seine Partner, wie Shopify, befinden sich gerade noch im Aufbau ihres eigenen Fulfillment-Netzwerks. Für Kunden bleibt Amazon interessant, weil man dort so gut wie alles bekommen kann. Und wer Prime-Kunde ist, erfreut sich an dem kostenlosen Versand und den vielen Extra-Leistungen (Filme, Musik, Hörbücher u.v.m.) und kauft auch deshalb immer wieder und mehr bei Amazon ein. Daran werden spontane Käufe via Facebook nichts grundsätzlich ändern. Amazon wird weiterhin sehr erfolgreich sein und seine Marktposition weiter ausbauen. Das hat die Börse erkannt, während das neue, gewaltige Potenzial für Facebook in Trumps Twitter-Gewitter unter die Räder kam. Kaum vorstellbar, dass das lange so bleibt. Amazon.com (ISIN: US0231351067) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 20e/21e/22e | Kurs | 906866 / AMZN | 1,23 Bio. USD | 129 / 66 / 46 | 231,08 USD | Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs iNTELLiGENT iNVESTiEREN. Autorenprofil Michael C. Kissig studierte nach Abschluss seiner Bankausbildung Volks- und Rechtswissenschaften und ist heute als Unternehmensberater und Investor tätig. Neben seinem Value-Investing-Blog „iNTELLiGENT iNVESTiEREN“ verfasst er regelmäßig eine Kolumne für das „Aktien Magazin“. | | Hinweispflicht nach §34b WpHG: Der/die Verfasser ist/sind in ein oder mehreren der oben genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert: Alphabet, Amazon, eBay, Facebook, Twitter, Uber & Zalando. Es können daher Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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