Klima: Jetzt eingreifen

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) blockiert beim Klima. Er sollte ein Sofortprogramm vorlegen – aber sein Entwurf verfehlt die Ziele deutlich. Klimaschutz im Verkehr bekommen wir jetzt nur noch, wenn ein anderer Minister eingreift: Robert Habeck (Grüne). Wir starten einen Eil-Appell noch innerhalb der Verhandlungsphase.

Hallo John Do,

nicht nur freitags, sondern jeden Tag: Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) streikt. Aber anders als Fridays for Future nicht für, sondern gegen den Klimaschutz. Gerade enthüllte Regierungsdokumente zeigen: Wissing wird die Klimaziele reißen – und das wohl mit voller Absicht.[1]

Im letzten Jahr hat das Verkehrsministerium seine Klimaziele um drei Millionen Tonnen CO2 verfehlt. Deshalb muss Wissing jetzt ein Notfallprogramm vorlegen, um die Emissionen noch zu senken.[2] Doch mit seinem Entwurf drückt er sich um die großen Veränderungen, die jetzt dringend nötig wären: Tempolimit, Bahn-Ausbau und Steuern auf dicke SUVs. Bleibt es bei diesem Plan, sind die Klimaziele für den Verkehr nicht mehr zu erreichen.

Einer allerdings könnte das ändern: Robert Habeck. Als Klimaminister ist der Grüne verantwortlich für die Emissionsbilanz der Regierung – und kann seine Co-Minister*innen zum Nachbessern zwingen, wenn sie beim Klimaschutz trödeln. Doch Habeck wird den Konflikt mit dem Koalitionspartner nur suchen, wenn er merkt, dass Wissings Programm in der Öffentlichkeit auf Widerstand stößt.

Deswegen starten wir zusammen mit Greenpeace und NABU einen Eil-Appell. Mit Tausenden fordern wir: Der Verkehrsminister muss endlich das tun, was wirklich hilft. Wir brauchen ein Ende der Subventionen für Dienstwagen, ein Tempolimit und einen starken Ausbau der Bahn!

In diesen Tagen verhandeln die Ampel-Minister*innen das umstrittene Klimaprogramm. Sobald 100.000 Menschen unseren Appell unterzeichnet haben, laden wir Journalist*innen ein und übergeben den Appell an Wissing und Habeck. Mit dem klaren Auftrag, ein ernsthaftes Sofortprogramm für klimafreundlichen Verkehr nachzuliefern. Unterzeichnen Sie dafür jetzt unseren Eil-Appell.

Andreas Scheuer (CSU) als Verkehrsminister – der Liebling der Autolobby. Man hatte gehofft, nach ihm kann es nur besser werden. Doch sein Nachfolger hat in den ersten Monaten im Amt schon ordentlich nachgelegt. So behauptete Wissing, ein Tempolimit komme schon deshalb nicht in Frage, weil es dafür nicht genügend Schilder gebe.[3] Zudem befand er: Digitale Essens-Fotos schaden dem Klima.[4] Eine skurrile Ablenkung von seiner Unfähigkeit, eine zukunftsgerechte Verkehrspolitik zu machen.

Das bislang deutlichste Zeichen, dass Wissing seine Verantwortung ignoriert: ein Gutachten, das vor wenigen Tagen ans Licht kam. Es wurde Journalist*innen aus Regierungskreisen zugespielt; darin bewerten mehrere Forschungsinstitute Wissings Entwurf für das Klimaprogramm. Die Gutachter*innen warnen eindringlich davor, dass Wissings Plan nicht mal die Hälfte der nötigen CO2-Einsparungen erreichen kann.[1]

Dabei liegen die Konzepte für eine echte Klimawende im Verkehr längst bereit:

  • Die umweltschädlichen Subventionen müssen weg. Steuervorteile für Diesel und tonnenschwere Dienstwagen setzen falsche Anreize und verhindern, dass die Autoindustrie in die Zukunft investiert.[5][6]

  • Ein Tempolimit auf Autobahnen reduziert den CO2-Ausstoß sofort, spart Ölimporte, verringert Unfälle und rettet so Menschenleben.[7]

  • Um klimaschädliche Autos unattraktiv zu machen, brauchen wir eine Steuer auf Neuwagen, die besonders hohe CO2-Emissionen haben.[6]

  • Wir brauchen dringend mehr Geld für die Alternative zum Auto: die Bahn. Mit drei Milliarden Euro pro Jahr für den Schienenausbau kommen wir endlich dem näher, was in anderen Ländern schon bestens funktioniert.[8]

Eine andere Verkehrspolitik ist möglich. Damit die jetzt in der Regierung ankommt, starten wir unseren Eil-Appell an Wissing und Habeck. Bitte machen Sie die Forderungen rechtzeitig zu den Ampel-Verhandlungen über das Klimaprogramm stark – mit Ihrer Unterschrift!

Herzliche Grüße
Jan-Philipp Witt, Campaigner

PS: Offenbar sind selbst die Mitarbeiter*innen im Verkehrsministerium so entsetzt über die Pläne ihres Chefs, dass sie keine andere Wahl sahen, als interne Dokumente an die Presse zu geben.[9] Bitte werden Sie jetzt aktiv – damit wir ein zukunftstaugliches Verkehrskonzept bekommen.

[1]„Wissings Klimaplan: Verkehrsminister will Abwrackprämie und 10.800 Euro E-Auto-Rabatt”, Handelsblatt Online, 9. Mai 2022

[2]„Am Klimaziel vorbeigerauscht”, Tagesschau Online, 13. April 2022

[3]„Wissing im MOPO-Interview: Tempolimit wegen Schildermangel nicht umsetzbar”, Hamburger Morgenpost, 5. April 2022

[4]„Nicht so viel Essen fotografieren! – Digitalisierungsminister Wissing verdirbt den Appetit”, Tagesspiegel Online, 12. Mai 2022

[5]„Umweltschädliche Subventionen in Deutschland”, Umweltbundesamt, 143/2021, S. 59/66

[6]„Der Staat darf die Autobauer nicht länger pampern”, Süddeutsche Zeitung Online, 8. Mai 2022

[7]„Tempolimit: Gut für Gesundheit und Klima”, Fachzeitschrift Perspektiven der Wirtschaftspolitik, Band 22 Heft 2, 7. Juli 2021

[8]„Schweiz investiert fünf Mal mehr – Deutschland gibt weiterhin wenig für die Schiene aus”, Tagesspiegel Online, 4. August 2021

[9]„Verkehrsminister Wissing bremst nötigen Bahnausbau”, Der Spiegel Online, 6. Mai 2022