bei den französischen Parlamentswahlen ist die radikale Linke überraschend stärkste Kraft geworden. Gelungen ist das durch Absprachen zwischen den Linken und Macrons Mitte-Kräften. Um sich in Wahlkreisen, in denen drei Kandidaten in die zweite Runde kamen, nicht gegenseitig Stimmen wegzunehmen und dem Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen so lokal zum Sieg zu verhelfen, zogen sich etliche Kandidaten der Linken und der Liberalen zurück. Ihre Wählerschaft riefen sie dazu auf, in jedem Fall gegen das RN zu stimmen. Die sogenannte demokratische Mitte war sich also nicht zu fein dafür, mit einer in weiten Teilen radikalen und israelfeindlichen Linken gemeinsame Sache zu machen, nur um die französische Variante der „Brandmauer“ aufrechtzuerhalten. Die Anhängerschaft des Linksbündnisses feierte den Sieg denn auch standesgemäß mit Randale und Palästinafahnen auf den Straßen. Die Niederlage des Rassemblement National ist also kein Sieg der politischen Normalität und Stabilität. Mit der radikalen Linken an der Macht und Le Pen als Opposition entsteht in Frankreich ein neues Parteiensystem der radikalen Frontstellung. Cicero-Redakteur Ferdinand Knauß über ein neues Zwei-Lager-System. Die Le Pens in Frankreich und anderswo dürften in absehbarer Zeit eher noch mehr Zulauf bekommen. Denn die westlichen Eliten haben es verlernt, Probleme anzugehen, die ihnen nicht in ihren ideologischen Kram passen. Deswegen haben sie die Realität lange Zeit ignoriert. Die Probleme sind allerdings zu immens geworden, um sie weiterhin zu ignorieren. Es gibt zwei Geschlechter, es gibt ein Problem mit undichten Grenzen und gewaltbereiten Flüchtlingen: Wer Fakten wie diese anerkennt, ist auf die Rückkehr der Realität gut vorbereitet, schreibt Gideon Böss. Bisher nicht so gut vorbereitet ist die Europäische Union. Sie gilt als Bürokratiemonster und steht im Verdacht, dass ihr die Interessen der Bürger schlicht gleichgültig sind. Der Start des neu gewählten Parlaments bietet die Chance für wichtige Korrekturen. Jetzt zeigt sich, so der Jurist Volker Boehme-Neßler, ob die Abgeordneten Helden der Demokratie oder Zwerge der Macht sind. Ein Zwerg der Macht ist Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán jedenfalls nicht. Für seine Moskau-Reise erntet er derzeit viel Kritik. Seine Aktion war stilistisch fragwürdig, aber war sie deshalb auch per se falsch? Orbán zeigt immerhin: Ein Dialog mit Putin ist möglich. Und das ist mehr, als bis eben noch zu hoffen war. Cicero-Redakteur Ben Krischke über ein kleines Fünkchen Hoffnung. Shieh Jhy-Wey ist der Vertreter Taiwans in der Bundesrepublik – weil China sein Land nicht anerkennt, muss der Deutschland-Liebhaber auf besondere Methoden zurückgreifen. Felix Lill über einen Botschafter, den es nicht gibt. Wird im Fernsehen ein Gesprächspartner vorgestellt, geht es automatisch um dessen Beruf. Gibt es keine passende Bezeichnung, muss der „Experte“ ran. Oder dessen kleiner Bruder, der „Publizist“. Die Edelversion des Publizisten ist der „Philosoph“. Dabei ließe sich vom Boulevard-TV einiges lernen. Viola Schenz über heiteres Beruferaten. Ihr Ingo Way, Chef vom Dienst Cicero Online |