Sehr geehrter Herr Do,
die Aktion gilt vielen als Initialzündung der modernen Frauenbewegung in Deutschland: Am 6. Juni 1971, vor 51 Jahren also, erscheint das Wochenmagazin „Stern“ mit einer aufsehenerregenden Titelseite. Darauf abgebildet: 28 Frauenporträts. Unter diesen finden sich Fotos prominenter Schauspielerinnen wie Romy Schneider und Senta Berger. Und in dicken Lettern prangt darüber die Schlagzeile: „Wir haben abgetrieben!“ Insgesamt 372 Frauen geben damals im „Stern“ zu Protokoll, einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen zu haben. Die Ausgabe schlägt ein wie eine Bombe, bedeutet sie doch einen eklatanten Tabubruch. Die Frauen fordern durch diese spektakuläre Aktion erstmals öffentlich das Recht auf einen legalen Schwangerschaftsabbruch ein und drängen auf ein Ende der Kriminalisierung von Abtreibungen.
Auch gut 50 Jahre später ist Abtreibung in Deutschland nach § 218 Strafgesetzbuch (StGB) noch immer strafbar. Das Gesetz wurde aber inzwischen schrittweise gelockert, es gelten heute zahlreiche Ausnahmen. So ist ein Schwangerschaftsabbruch straffrei, wenn er bis zur 22. Woche nach Empfängnis erfolgt ist, eine medizinische Indikation vorliegt, dass für die Schwangere Lebensgefahr oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes besteht, oder wenn eine kriminologische Indikation gegeben ist – sprich die Schwangerschaft auf eine Vergewaltigung zurückzuführen ist.

Ende letzten Jahres hat die Bundesregierung nun einen weiteren Schritt hin zur Entkriminalisierung von Abtreibungen gemacht. So sieht der Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vor, das sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche (Paragraf 219a) aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Letzte Woche übte die Opposition in einer ersten Bundestagsdebatte allerdings heftige Kritik. So lehnen in ungewohnter Einigkeit die Unions- und die AfD-Fraktion die Streichung des Paragrafen 219a ab.

Wenn man auf europäische Nachbarstaaten schaut, stellt man fest, dass Deutschland mit seiner Gesetzgebung in Sachen Abtreibung ganz und gar nicht zu den liberalsten Ländern zählt. So benötigen beispielsweise 16- und 17-jährige Spanierinnen fortan nicht mehr die Zustimmung ihrer Eltern, um eine Schwangerschaft zu beenden. „Der Trend in Europa geht ganz klar hin zur Legalisierung von Abtreibung, zur Abschaffung von rechtlichen und politischen Hindernissen“, sagt Leah Hoctor vom Center for Reproductive Rights, einer NGO, die sich weltweit für das Recht auf Abtreibung einsetzt.

Ein Blick über den Teich zeigt, dass sich in den USA eine gegensätzliche Bewegung in Gang setzt. Nachdem vor kurzem öffentlich wurde, dass der Supreme Court offenbar erwägt, das US-weit geltende Recht auf Schwangerschaftsabbrüche zu kippen, verschärft ein republikanischer US-Bundestaat nach dem anderen seine Abtreibungsgesetze. Jüngstes Beispiel: Oklahoma. Erst im vergangenen Jahr hatte Texas mit dem „Heartbeat Act“ das härteste Abtreibungsgesetz Amerikas verabschiedet, nun brachte Oklahoma ein noch schärferes Gesetz auf den Weg. Mit dem Dekret, das im August in Kraft treten soll, kann die Durchführung einer Abtreibung in dem Vier-Millionen-Einwohner-Staat nördlich von Texas künftig mit bis zu zehn Jahren Gefängnis und einer Geldbuße von bis zu 100.000 Dollar geahndet werden. Ausnahmen sollen nur noch gelten, wenn das Leben der werdenden Mutter aufgrund der Schwangerschaft akut in Gefahr ist. Schier unglaublich: Ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Empfängnis durch Gewaltanwendung – also durch eine Vergewaltigung – wird damit künftig zu einer Straftat!

Das Ende des Abtreibungsrechts sei erst der Anfang vom Ende, sagt die Historikerin Annika Brockschmidt laut „heute-show“ vom 13. Mai. Sie prognostiziert: Die Abschaffung der gleichgeschlechtlichen Ehe, die Kriminalisierung von Homosexualität und das Ende des Rechts auf Verhütungsmittel stünden als nächstes auf der christlich-nationalistischen Wunschliste. Das ZDF zitiert den Juristen und Buchautor Andrew L. Seidel auf seiner Internetseite mit einer düsteren Prognose: „Die religiösen Extremisten, die den Kreuzzug gegen körperliche Autonomie orchestriert und geholfen haben, den Obersten Gerichtshof unter Trump zu besetzen, werden nicht zufrieden sein, bis Abtreibung und Verhütungsmittel in den ganzen Vereinigten Staaten verboten sind.“
Sie fragen sich jetzt womöglich: Was geht mich das alles an? Die Antwort dürfte Sie wenig beruhigen: Weltweit sind zunehmend radikale Strömungen zu beobachten – demokratisch gewählte Regierungen zum Beispiel, die Gesetze erlassen, die sich immer weiter von liberalen Grundsätzen und freiheitlichen Idealen entfernen. Die sich hinbewegen zu einer mittelalterlich-orthodoxen, ja fundamentalistisch-extremistischen Frömmigkeit, mit der nicht nur selbstherrliche Autokraten und Despoten die Errungenschaften demokratischer Aufklärung immer rücksichtsloser rückgängig zu machen versuchen. Man muss dazu gar nicht den Fokus auf Afghanistan oder andere islamistische Gottesstaaten richten – es reicht ein Blick nach Polen, Ungarn oder in die USA. Gerade in den Vereinigten Staaten werden Freiheitsrechte sehr unterschiedlich ge- und bewertet, wie ein schreckliches Verbrechen aktuell wieder offenbart. Wo den zumeist republikanischen christlichen Fundamentalisten in Texas, Oklahoma und Co. das ungeborene Leben als heilig und schützenswert gilt, scheren sich die gleichfalls republikanischen Waffenfanatiker offenbar wenig, wenn es um den Schutz von Kindern und Erwachsenen in der Bevölkerung geht. Gestern richtete ein 18-Jähriger bei einem Amoklauf in einer Grundschule der texanischen Kleinstadt Uvalde ein Massaker an und ermordete 19 Kinder und zwei Erwachsene. Der mächtigen Waffenlobby und der antiquierten, in dieser Hinsicht noch immer liberalen Gesetzgebung sei Dank.

„Freiheit ist kein Privileg, sondern eine Aufgabe“, wusste schon der französische Schriftsteller und Gelehrte Georges Bernanos.

Herzlichst,
Ihr
Florian Boitin, Chefredakteur
boitin@playboy.de
 
 

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