Daniel Pipes

Fünfzig Jahre fasziniert
Der Nahe Osten und ich

von Daniel Pipes
American Thinker
29. September 2019

http://de.danielpipes.org/19058/fuenfzig-jahre-fasziniert

Englischer Originaltext: Fifty Years of Fascination
Übersetzung: H.Eiteneier

Ich habe 50 Fotos zum Text als "50 Years of Middle East Studies in Pictures" gepostet

Am Beginn meines Junior-Jahrs im College, diesen Monat vor genau 50 Jahren, änderte ich mein Hauptfach und wechselte von Mathematik zu Nahost-Studien. Mathematik wurde zu schwierig, die Region war zu interessant.

Meinen Eltern schrieb ich von diesem lebensverändernden Schritt am 30. September 1969 (Fehler wurden korrigiert und Verweise hinzugefügt):

Daniel Pipes College-Zeugnis

Dieses Jahr ist mein Studium auch ein kompletter Bruch mit der Vergangenheit. Ich bin total in den Bereich des Nahen Ostens eingestiegen. Zuerst der Sprachkurs Arabisch [bei Wilson B. Bishai], dann mittelalterliche islamische Geschichte [bei Richard Bulliet], dann eine unabhängige Studie zu mittelalterlicher islamischer Mathematik [bei John Engroff] und schließlich ein Seminar beim unglücklichen [weil am 25. September gerade von 20 bis 30 "Weathermen" angegriffenen] Center for International Affairs zu "Krieg und Frieden im Nahen Osten" [bei Amos Perlmutter]. Zusätzlich habe ich eine Übung bei einem Typen [John Entelis], der sich auf die Geschichte der arabischen Wissenschaften spezialisiert. ...

Ich erinnerte mich gerade in diesem Zusammenhang an etwas anderes: Morgen werde ich als Gasthörer zu [Robert] Wolffs Kurs zu Geschichte des Osmanischen Reiches gehen – den hätte ich nächstes Jahr genommen, nur dass er dann nicht gehalten wird. Und noch etwas: Die nächste Ausgabe des Social Science Forum [das ich zusammen mit Arthur Waldron herausgegeben habe] wird wahrscheinlich den Nahen Osten zum Inhalt haben. [Hatte es.]

Ich hoffe, mein Interesse an diesem Bereich wird anhalten, aber ich sehe keinen Grund, warum das nicht so sein sollte.

Brief von Daniel Pipes an seine Eltern, 30. September 1969

All meine Hochschulkurse handelten von da an vom Nahen Osten; ich schloss das Studium 1971 mit einem Diplom in Geschichte und Naturwissenschaften ab.

Im Uhrzeigersinn von oben links: Bishai, Bulliet, Wolff und Perlmutter

Die Kurse selbst waren gemischter Natur. Bishais Arabisch-Unterricht erforderte von uns (ziemlich unnütze) tanwin-Endungen zu lernen, während wir fade Zeitungsartikel über die Vereinigte Arabische Republik studierten. Bulliet bot einen beträchtlichen, wenn auch schwerfällig deutschartigen Überblick über die vormoderne muslimische Geschichte. Egroffs unabhängiger Kurs half mir meine früheren und aktuellen Studiengänge zu überbrücken. Perlmutters Wahlfach führte mich verständnisvoll in die Politik des Nahen Ostens ein. Enelis' Übung ergänzte Engroff. Wolffs Kurs bot eine interessante Begegnung mit dem osmanischen Panorama.

Meine Hoffnung "in diesem Bereich zu bleiben" wurde offenbar erfüllt – wenn fünfzig Jahre nicht zu übereilt sind, um das zu beurteilen. Der Nahe Osten und der Islam haben im Zentrum meines Lebens gestanden: Studium, drei Jahre Ausbildung in Kairo, Dissertation, Lehre an vier Universitäten, Arbeit für den Staat und für das Verteidigungsministerium, Leitung zweier Think Tanks. Es ist eine freudige und zufriedenstellende Karriere.

Richard, Irene und Daniel Pipes in Kairo, Januar 1972

Und doch: Nach Erreichen dieser Marke eines halben Jahrhunderts muss ich eine gewisse Langeweile eingestehen. Die alten Probleme der Region (Angst vor der Moderne, Hass auf den Westen, Despotismus, der arabisch-israelische Konflikt, Verschwörungstheorien) bleiben ungelöst, während gleichzeitig neue (Islamismus, Anarchie, Wasserknappheit, Einfluss Chinas) weiter zunehmen. Wenn endlich folgenreiche Veränderungen eintreten (wie in Libyen, Ägypten, dem Jemen, Syrien, dem Irak), wird in der Regel alles schlimmer.

Muammar Gaddafis physischer Verfall symbolisiert die vielen Fehlschläge des Nahen Ostens.

Die zwei großen Ereignisse im Nahen Osten im September 1969 – Muammar Gaddafi ergriff in Libyen die Macht und die Organisation der Islamischen Kooperation (OIC) entstand – symbolisieren die endlos erbärmlichen Zustände. Gaddafi verbreitete sein Übel 42 Jahre lang und die OIC hat 50 Jahre lang zu Islamismus angespornt. Ich betrat das Feld nicht blauäugig, aber ich erwartete etwas Besseres als das.

Böse Regime personalisieren zudem das Problem. Ich reiste zuletzt 1972 nach Syrien und den Iran, noch als Student. Selbst die Türkei ist mir heute versperrt. Und so ... sorgen Depressionen, Überdruss, Ausgrenzung und Stillstand dafür, dass ich weniger Zeit mit Arbeit über oder Reisen in den Nahen Osten verbringe.

Stattdessen konzentriere ich mich auf neue Themen, besonders auf die Emigration von Millionen Menschen des Nahen Ostens in den Westen, wo sie für eine große Bandbreite an neuen Problemen gesorgt haben: Vergewaltigungsbanden, weibliche Genitalverstümmelung, Polygamie, Ehrenmorde, taharrusch, Verbrechen unter Verwendung von Niqab- und Burka, genetische Probleme in Verbindung mit Ehen zwischen Cousin und Cousine, Sklavenhaltung, teilweise No-Go-Areas, Jihadisten-Gewalt und der Drang den Islam dominant zu machen. Infolge von zu niedrigen Geburtenraten, schwacher Religiosität und kulturellen Zweifeln in Europa, Nordamerika und Australien finden sich Muslime in einer Position wieder, in der sie die Kontinuität der westlichen Zivilisation in Frage stellen.

Ich habe besonderes Interesse am Zivilisationismus, dem Tatendrang, der gerade angefangen hat westliche Gebräuche und Kultur zu retten. Anders als in den vorherrschenden nahöstlichen Trägheiten ist das hoch dynamisch. Dies zu studieren stellt für mich eine große Veränderung dar – weg von der Untersuchung einer fernen Region, um sich auf mein eigenes Revier zu konzentrieren, alles in der leicht verzweifelten Hoffnung sie vor der vom Mittelalter beseelten Ideologie zu retten.

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