Hallo John Do,

wir haben uns klar positioniert – und zwar zu den „Hygiene-Demos“, auf denen die Corona-Pandemie verharmlost wird. Nach einer E-Mail zu diesem Thema traf uns in der letzten Woche erneut eine Welle von Vorwürfen und Unterstellungen. Im Mittelpunkt: mein Vorstandskollege Felix Kolb. Ein bekannter rechter Youtuber bezweifelte sogar, ob seine Doktorarbeit überhaupt existiere.

Doch uns erreichte auch eine zweite Welle – und zwar eine der Unterstützung. Fast 2.500 Menschen sagten: Ich finde es gut, dass ihr euch rechten Trollen und Verschwörungstheoretiker*innen entgegenstellt. Wenn deshalb viele Menschen die Förderung von Campact kündigen, mache ich das Gegenteil – und fördere euch.

Stellen auch Sie sich jetzt hinter Felix und unser ganzes Campact-Team – und machen Sie uns alle als progressive Bürgerbewegung noch stärker.

Die E-Mail von letzter Woche habe ich Ihnen unten noch einmal angehängt.

Mit solidarischen Grüßen
Christoph Bautz, Campact-Vorstand

 

Als Campact-Vorstand Felix Kolb kürzlich vor der Teilnahme an den sogenannten „Hygiene-Demos“ warnt, hagelt es Rückmeldungen. Größtenteils sind sie erschreckend. Lesen Sie hier, was passiert ist.

 

Hallo,

Zuspruch und Ablehnung: Das bin ich gewohnt. Jede Aktion, jede E-Mail und jeder Appell sorgt für Rückmeldungen – von Journalist*innen, Politiker*innen und besonders von den Campact-Unterstützer*innen. Auch wir machen Fehler. Und deshalb schätze ich das Feedback sehr. Mehr noch: Wir brauchen es. Es hilft uns, zu lernen und besser zu werden.

Als dann aber die Reaktionen auf meine E-Mail gegen die sogenannten „Hygiene-Demos“ kamen, war ich sehr erschreckt. Ja, es gab auch viel Zuspruch, aber vor allem gingen Hunderte empörte, teilweise beleidigende Zuschriften ein. Und rund 1.000 Förder*innen beendeten ihre finanzielle Unterstützung. Das war wirklich heftig für das Campact-Team und mich.

Ich habe mir viel Zeit genommen, die kritischen Zuschriften zu lesen. Hatten wir einen Fehler gemacht? War es etwa falsch, vor der Teilnahme an den Protesten zu warnen?

Fakt ist: Seit meiner Mail ist noch viel deutlicher geworden, dass die zentralen Figuren der „Hygiene-Proteste“ eine Mischung aus Rechtsextremist*innen, Reichsbürger*innen und Verschwörungstheoretiker*innen sind.[1]Die Situation in den USA zeigt, was Schlimmes passiert, wenn das Virus verharmlost und Schutzmaßnahmen zu früh gelockert werden.[2] Die Anzahl der Infektionen explodiert, Krankenhäuser gehen über ihre Grenzen und die Wirtschaft muss wieder heruntergefahren werden. Am Ende ist sie sogar stärker belastet als bei einem konsequenten Kurs. Das Wichtigste aber ist: Es sterben Menschen. Und zwar unnötig!

Kurzum: Auch jetzt bin ich überzeugt, dass es richtig war, vor den „Hygiene-Demos“ zu warnen.

Es ist klar, dass die Entwicklung des Virus nicht jede*n Corona-Skeptiker*in dazu bringt, ihre*seine Meinung zu ändern. Und das respektieren wir natürlich. Unsere Haltung hat uns jedoch Einnahmen in Höhe von 100.000 Euro pro Jahr gekostet. Dieses Geld fehlt uns jetzt für wichtige Kampagnen. Unsere Bitte an Sie lautet daher: Wenn Sie der Meinung sind, dass unsere Warnung richtig war, dann fördern Sie Campact bitte ab jetzt mit einem regelmäßigen Betrag. John Do, das wäre großartig von Ihnen. Schon mit 2 Euro wöchentlich helfen Sie enorm!

Die Beleidigungen ausgeblendet, wurde mir in den meisten Rückmeldungen vorgeworfen, ich bezöge meine Informationen allein aus „Mainstream-Medien“. Viele nannten mir „alternative Medien“, die ich mir ansehen solle. Und das habe ich dann auch gemacht. Mein Fazit fällt so aus: Es sind Webseiten oder Magazine, die Fake-News und Propaganda verbreiten. Sie biegen sich die Welt so zurecht, dass es ausschließlich ihrer Sache dient. Es tut mir leid – aber mehr konnte ich da nicht finden.

Manche begriffen die Warnung vor der Teilnahme auch als Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit. Was ich verstehe: Natürlich ist es ungewöhnlich, dass Campact davor warnt, eine Demo zu besuchen. Schließlich bringen wir selbst immer wieder Zehntausende auf die Straße – und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Meinungsfreiheit. Dieses Recht ist eine zentrale Grundlage unserer Demokratie. Staatliche Einschränkungen von Grundfreiheiten sind immer mit großer Skepsis zu betrachten. Allerdings muss jede*r, die*der diese Rechte ausübt, auch damit leben, Kritik und Widerspruch zu ernten. Denn auch das ist ein Aspekt von Meinungsfreiheit.

Jemand anderes schrieb bezogen auf meine Warnung zurück: „Wenn ich mich nicht irre, so ist Campact im vergangenen Jahr die Gemeinnützigkeit entzogen worden. Hoffen Sie nun, diese durch Aufrufe wie 'Gehen Sie nicht zu dieser Demo' wiederzuerlangen?“ Oder es hieß: „Und nach diesem Aufruf muss es mir scheinen, dass Sie entweder bedroht oder bezahlt werden.“ Beides Unterstellungen, die mich nach den vielen Jahren bei einer regierungskritischen und progressiven Bürgerbewegung ratlos machen. Allerdings ist es typisch für die Anhänger*innen von Verschwörungserzählungen, dass sie sich abweichende Meinungen nicht anders erklären können, als mit einer noch größeren Verschwörung.[3]

Tatsächlich haben wir die Gemeinnützigkeit verloren – und ökonomisch ist das schwierig. Doch es gibt auch Gutes daran: Die Kampagnenarbeit profitiert inhaltlich. Heute können wir jedes Thema so hart und pointiert anfassen, wie es nötig ist. Und darüber sind wir froh.

Es bleibt jedoch auch eine Tatsache, dass uns die Haltung gegen „Hygiene-Demos“, Corona-Fake-News und Verschwörungsdenken eine erhebliche finanzielle Belastung eingebracht hat. Ich bitte Sie daher sehr herzlich: Stärken Sie unserer Bürgerbewegung in dieser Situation mit Ihrer regelmäßigen Förderung den Rücken. Schon mit 2 Euro wöchentlich bringen Sie Campact nach vorne.

Herzliche Grüße
Dr. Felix Kolb, Campact-Vorstand

PS: Die Unsicherheit, die die Corona-Krise hervorbringt, ist ein guter Nährboden für Fake-News and Verschwörungserzählungen. Wenn Sie uns Ihre Förderzusage bis zum 19. Juli geben, senden wir Ihnen zu Ihrer argumentativen Stärkung und als Dankeschön das Buch „Fake Facts: Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“ von unserer ehemaligen Campaignerin Katharina Nocun und ihrer Mitautorin Pia Lamberty zu.

[1]„Antisemiten, Rechtsradikale, Verschwörungsgläubige: Wie die Corona-Demos von rechts unterwandert werden“, Tagesspiegel Online, 21. Juni 2020

[2]„Corona in den USA: Trump-Berater warnt vor 100.000 neuen Fällen – pro Tag“, Spiegel Online, 1. Juli 2020

[3]„Fake Facts: Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“, Katharina Nocun und Pia Lamberty, Quadriga-Verlag, 2020