Gefährlich: Abwärts mit hohem Handelsvolumen
Gefährlich: Abwärts mit hohem Handelsvolumen von Sven WeisenhausNachdem es gestern im regulären (Xetra-)Handel des DAX sehr ruhig zuging, kam im späten Handel plötzlich Verkaufsdruck auf. Ab 19 Uhr setzte eine dynamische Abwärtswelle ein, die den deutschen Leitindex im CFD-Handel bis Mitternacht von ca. 10.825 auf 10.570 Punkte drückte (-2,36 %). Alles längst bekannt Als Grund für die Kursverluste wurden in den Mainstream-Medien Sorgen vor einer zweiten Infektionswelle genannt. Als Beleg dafür wurde der US-Gesundheitsexperte Anthony Fauci zitiert, der gestern zu Beginn einer Anhörung vor dem Gesundheitsausschuss des Senats sagte, es dauere noch, bis ein Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt und auf dem Markt ist. Der Berater von US-Präsident Donald Trump empfahl, der Staat solle sich daher auf die bewährten Maßnahmen und Beschränkungen konzentrieren, um eine Verbreitung des Virus einzudämmen. Fauci warnte auch vor einer zu frühen Lockerung der Beschränkungen des öffentlichen Lebens. Ich kann allerdings beim besten Willen nicht erkennen, was an diesen Aussagen neu sein soll und nicht schon längst von vielen anderen Experten gesagt wurde. Warum sollten die Marktteilnehmer also ausgerechnet auf diese Aussagen mit Verkäufen reagieren?! Zumal bereits einen Tag zuvor bekannt geworden war, dass Fauci sich vor dem Gesundheitsausschuss derart äußern würde. Und wieder machen Kurse Nachrichten Wie so oft haben die Kurse also wieder einmal die Nachrichten gemacht, und nicht umgekehrt. Und diverse Medien haben sich bei der gleichen Quelle bedient, ohne die Plausibilität der darin beschrieben Zusammenhänge zu prüfen. Aber gut, das kennen wir ja bereits. Mit hohem Handelsvolumen abwärts Viel interessanter als deren Berichterstattung über die Kursverluste waren die Hintergründe der Abwärtsbewegung in dieser Woche. Die Helaba berichtete heute früh, dass insbesondere das Handelsvolumen am gesamten deutschen Aktienmarkt bemerkenswert war. Zunächst wurde festgestellt, dass am Montag 382 Titel Kursgewinne verbuchten, während es für 474 Aktien abwärts ging. Dabei ist es zunächst einmal eher normal, dass an einem Tag, an dem der DAX und die anderen Aktienindizes Verluste erleiden, mehr Aktien fallen als steigen. Doch laut der Helaba - und diese Information lässt aufhorchen – war das Handelsvolumen am Montag auf der Verliererseite um das Fünffache höher als bei den Aktien, die an diesem Tag zulegen konnten. In dem Zusammenhang erinnere ich an die Börse-Intern vom 5. Mai, in der ich bereits mahnend darauf hingewiesen hatte, dass die Umsätze, mit denen die Aktienmärkte zuletzt auf neue Höhen getrieben wurden, relativ dünn waren. Der Hinweis der Helaba auf das Handelsvolumen vom Montag bestätigt nun, dass die Aufwärtsbewegung nur noch von wenigen Anlegern getragen wurde und viele Anleger plötzlich durch die Türe wollen, wenn es einmal abwärts geht. Dieses Marktverhalten kann schnell zu heftigen Abwärtsbewegungen führen. Und dann reichen bereits ein oder zwei schwache Tage, um die Gewinne vieler Tage auszulöschen. Zumal der Kursanstieg im DAX seit Monatsbeginn relativ flach verlief. Und wie wir von Ende Februar bis Mitte März gesehen haben, kann es auch sehr schnell sehr weit nach unten gehen, wenn erste Verkäufe weitere nach sich ziehen, die Stimmung der Anleger plötzlich dreht und dies zu einer Verkaufswelle führt, bei der eben plötzlich alle Anleger durch die gleiche, viel zu enge Tür wollen. Die zweite Infektionswelle gerät langsam in den Fokus Dabei könnten die Medien eine auslösende oder verstärkende Rolle spielen. Denn wenn einheitlich berichtet wird, dass bei den Anlegern langsam die Angst vor einer zweiten Infektionswelle zunimmt, dann könnte dies einen ähnlichen Effekt haben wie die Berichte über Hamsterkäufe bei Toilettenpapier. Nachdem es erst Berichte über Hamsterkäufe bei Toilettenpapier gab, kauften plötzlich auch Menschen das „weiße Gold“, obwohl sie zuvor gar keinen Mangel erwartet haben. Und wenn die Medien nun auf die Gefahren einer zweiten Infektionswelle hinweisen, dann könnten auch Anleger diese Gefahr sehen, obwohl sie diese zuvor nicht auf dem Schirm hatten. Dann könnten die Anleger vermehrt beginnen, sich von ihren Aktien zu verabschieden. Und dann haben wir statt leerer Regale plötzlich leere Depots und tiefrote Aktienkurse. Genau auf diese Gefahr hatte ich schon am 21. April hingewiesen (siehe „Gefahr einer zweiten Infektionswelle – Märkte ignorieren wieder die Risiken“). Die Problematik ist also nicht neu, sie wird aktuell eben lediglich von den Medien auch (endlich) stärker thematisiert, mit möglichen Konsequenzen für die Aktienmärkte – dann machen Nachrichten doch Kurse. Zweite Infektionswelle und längere Wirtschaftsschwäche Der DAX ist jedenfalls heute aufgrund des gestrigen Späthandels schwach in den Tag gestartet. Er versuchte sich im weiteren Verlauf zwar von den anfänglichen Verlusten zu erholen, doch als Jerome Powell, Chef der US-Notenbank, in seiner Rede sagte, die US-Wirtschaft könne durch die Coronavirus-Pandemie vor einer längerfristigen Wirtschaftsschwäche stehen, zeigten die Kurse wieder deutlich Schwäche. Auch auf diese Problematik hatte ich bereits hingewiesen, dass die Börsen noch auf eine schnelle V-förmige Konjunkturerholung setzen, obwohl diese längst nicht mehr zu erwarten ist. Durch die Aussagen von Powell haben die Anleger es nun von prominenter Stelle gehört. Und so realisieren sie nun die Gefahren einer zweiten Infektionswelle und einer länger anhaltenden Wirtschaftsschwäche bzw. einer länger dauernden wirtschaftlichen Erholung. DAX: Welle B beendet, Welle C rollt Der DAX ist dadurch heute klar unter die Mittellinie bei 10.815 Punkten zurückgefallen. Und damit könnte die Welle B nun ein Ende gefunden haben (siehe blaue Buchstaben im folgenden Chart) und die Welle C ins Rollen gekommen sein (roter Pfeil). Mit dieser Welle C steuert der DAX aktuell auch das theoretische Optimum der aktuellen Verfallstagspositionen an, welches Torsten Ewert am Montag auf 10.500 Punkte beziffert hat (siehe "Der DAX zum Mai-Verfallstag"). Es ist aber zu erwarten, dass die Welle C auch noch bis unter die Rechteckgrenze bei 10.460 Punkten führt (vielleicht erst nach dem Verfallstag). Und auf diesem Niveau sollte auch die neuralgisch wichtige 10.000er Marke den DAX wieder anziehen, so dass uns diese vielleicht noch länger beschäftigen wird. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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