„Wer mich kennt, weiß, dass mich die aktuelle Situation bewegt. Was gerade passiert, hat mit der ganz großen Mehrheit der Menschen bei Axel Springer gar nichts zu tun“. Die Frau, die sich gezwungen fühlt, diese Sätze (und noch eine ganze Menge mehr) vor drei Tagen auf LinkedIn zu posten, ist Niddal Salah-Eldin. Seit Sommer 2022 ist sie Vorstandsmitglied bei Axel Springer, zuständig für Talent & Culture. Angetreten ist Salah-Eldin, um bei dem Konzern „eine positive, diverse und internationale Kultur“ zu etablieren. Ihr Ziel formulierte sie mal so: „Genauso wie wir uns jeden Monat in großer Runde mit unserer Business-Performance beschäftigen, ist es das Ziel zu sagen, jeden Monat gucken wir uns auch die kulturelle Performance an.“ Tja. Und jetzt? Seit ein paar Tagen muss Salah-Eldin mitansehen, wie ihr Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner himself, ihre Arbeit in weiten Teilen zunichtemacht – oder sie zumindest heftig torpediert. „Was für eine Kultur?“, dürften jetzt nicht wenige Talente denken, die vielleicht gerade mit dem Gedanken spielen, bei Axel Springer anzuheuern. Ganz zu schweigen von den rund 18.000 Menschen, die dort bereits arbeiten. Natürlich haben wir Salah-Eldin über die Springer-Pressestelle auch selbst gefragt, welche Auswirkungen die Causa Döpfner und der Imageschaden des Konzerns auf ihre Arbeit haben. Bis Redaktionsschluss kam jedoch leider keine Antwort. Klar, bei Springer gibt es gerade ziemlich viel zu tun. Dafür aber sagt Salah-Eldins erwähnter LinkedIn-Post umso mehr, vor allem zwischen den Zeilen: kein Wort über Döpfner, kein konkretes Wort zu seinen Ausfällen – stattdessen eine einzige tapfere Durchhalteparole in 2.278 Zeichen. Der Zweckoptimismus klingt schon fast verzweifelt, wenn die Vorständin fragt: „Kann man etwas tun, um die Vergangenheit zu ändern? Nein. Kann man etwas tun, damit das Morgen besser ist als das Vorgestern: Ja.“ Was lernen wir daraus? Die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit kann gerade beim Thema Unternehmenskultur gewaltig sein. Unternehmenskultur ist nichts, wenn sie nicht auch von der obersten Führung, vulgo CEO, gelebt wird. Und in diesem Sinne Kulturschaffende sollten sich sehr gut anschauen, vor wessen Karren sie sich spannen (lassen). |