In diesem Report erkläre ich euch kurz und bündig, wie Leerverkäufe eigentlich funktionieren, bei welchem Broker man überhaupt "short" gehen kann und warum das sehr gefährlich sein kann. Ab Sonntag findet ihr dazu auch ein Video auf meinem YouTube-"Aktien Kanal" ... Zunächst zu den Begriffen: "Leerverkaufen" und "shorten" oder "short gehen" meinen alle das gleiche: Man setzt dabei auf fallende Kurse, in dem man sich von seinem Broker die gewünschte Stückzahl der betreffenden Aktie leiht und diese dann am Markt verkauft. Das heißt: Man verkauft eine Aktie, die man gar nicht besitzt. So entsteht im eigenen Depot ein negativer Bestand bei der betreffenden Aktie. Ein Beispiel: Wenn ich 100 Daimler zu 50 Euro kaufe dann habe ich einen Bestand von +100 Stück. Das entspricht einem Saldo von 5.000 Euro (50*100). Steigt die Aktie auf 51 Euro, habe ich 1 Euro pro Stück gut gemacht, der Saldo steigt auf 5.100 Euro, also liege ich insgesamt 100 Euro im Plus. Wenn ich nun 100 Daimler zu 50 Euro leer verkaufe, dann habe ich einen Bestand von -100 Stück. Das entspricht einem Saldo von -5.000 Euro (-50*100). Fällt nun die Daimler-Aktie auf 49 Euro sinkt mein negativer Saldo auf 4.900 Euro. Wenn ich nun die 100 Daimler am Markt zurückkaufe (und damit meinen Bestand wieder auf null bringe) muss ich dafür nur 4.900 Euro bezahlen. Also habe ich auch 100 Euro gut gemacht. Es gibt mehr überbewertete als unterbewertete Aktien So funktioniert shorten. Eigentlich ist das eine tolle Sache, denn es ist so, dass es am Aktienmarkt wesentlich einfacher ist, überbewertete Aktien zu finden als unterbewertete Aktien. Es gibt viel mehr fundamental drastisch überbewertete Aktien als unterbewertete Aktien. Das hängt u.a. damit zusammen, dass es eine Unmenge von qualitativ minderwertigen Aktien am Markt gibt, z.B. so genannte Pusher-Aktien, die von dubiosen Börsenbriefen zuerst nach oben getrieben werden und dann fast immer im Anschluss wieder abstürzen. Man könnte also systematisch diese Aktien leerverkaufen und dann darauf warten bis der Hype vorbei ist und danach wieder eindecken, sprich den Bestand glattstellen. Das Reservoir an miesen Pennystocks wird an der Börse niemals ausgehen, also könnte man das Gleiche immer und immer wieder abziehen. Zu 1,00 Euro 10.000 Stück shorten und zu 0,50 Euro wieder glattstellen = 50 Prozent oder 5.000 Euro Gewinn. Leider ist es in der Praxis nicht ganz so einfach, denn es gibt beim Shorten einige Fallstricke, die ich euch nachfolgend zeige. Die Gefahren beim Leerverkauf: 1. Man muss zunächst mal einen Broker finden, der einem die betreffenden Aktien verleiht. In Deutschland haben nur zwei Broker ein wirklich umfassendes Angebot an Aktien, die an deutschen Börsen leerverkauft werden können. Das sind Sino und ViTrade. Das sind die beiden einzigen, die auch obskure Werte und Pennystocks zum Shorten anbieten. Das Ganze hat aber einen Haken. Dazu gleich mehr... Für US-Aktien hat Interactive Brokers eine recht gute Auswahl an Aktien, die leer verkauft werden können. Häufig, aber nicht immer, können hier auch kleinere Nebenwerte geshortet werden. 2. Zeitliche Beschränkung der Leerverkäufe. Man kann seine Short-Positionen nicht zeitlich unbeschränkt halten. Das ist eines der größten Probleme beim Leerverkauf von Aktien. Bei Sino und ViTrade ist es sogar so, dass man hier abends seine Positionen immer wieder eindecken muss und dann am nächsten Morgen erneut shorten muss, wenn man weiter auf fallende Kurse setzen will. So fallen jedes Mal von Neuem Gebühren an und den Spread zwischen An- und Verkaufskurs muss der Trader natürlich auch jedes Mal berappen. Das heißt, Leerverkäufe kommen hier nur für Daytrader in Betracht, die wirklich darauf spekulieren, dass die betreffende Aktie innerhalb von Minuten oder Stunden einbricht. Das obige Beispiel mit dem Leerverkauf von Pennystocks macht über diese Broker eigentlich keinen Sinn. Weil gerade bei solchen Pennystocks die Spreads relativ hoch sind und Promokampagnen, in deren Rahmen die betreffenden Aktien gepusht werden, sich oft über Wochen hinziehen. Es ist hier extrem schwierig, das richtige Timing zu haben. Bei Interactive Brokers gibt es diese Beschränkung zwar nicht. In der Praxis ist es aber so, dass man die betreffenden Aktien nur so lange shorten kann wie Interactive sie auch verleihen kann. Das heißt, es braucht andere Kunden oder eine eigene Handelsabteilung, die die betreffenden Aktien im Bestand haben, so dass eine Verleihung möglich ist. Ist das nicht mehr der Fall, so gibt es eine entsprechende Benachrichtigung an den Kunden und dieser muss die Aktie dann innerhalb weniger Tage, im Extremfall sogar innerhalb eines Tages eindecken - ganz egal, wo der Kurs dann steht. Häufig ist es so, dass dann natürlich auch in den folgenden Tagen die Aktie nicht mehr zur Verfügung steht. Das führt dann dazu, dass man selber z.B. mit Verlusten die Position glattstellen muss und dann zuschauen muss wie die betreffende Aktie vielleicht ein paar Tage später abstürzt. 3. Es entstehen Leihgebühren. Der Broker lässt sich das Verleihen seiner Aktien an seine Kunden bezahlen. Wie hoch diese Leihgebühren sind, hängt davon ab, wie begehrt die Aktie bei den Leerverkäufern ist. Bei großen liquiden Werten sind die Leihgebühren im Normalfall zu vernachlässigen. Facebook z.B. kostet im Moment bei Interactive Brokers nur 0,55 Prozent aufs ganze Jahr gerechnet. Dagegen können die Gebühren bei sehr marktengen und bei Shortern extrem gefragten Aktien fast ins Unermessliche steigen. Beim Cannabis-Wert Tilray z.B. sind die Leihgebühren zuletzt auf fast 400% per anno gestiegen. Das heißt, grob gerechnet muss hier je Tag an dem die Shortposition gehalten wird, ca. 1% der investierten Summe an Gebühren bezahlt werden! Das heißt nach 100 Tagen würden alleine die Gebühren dafür sorgen, dass man einen Totalverlust erleidet, selbst wenn der Kurs sich gar nicht verändert. Das ist natürlich ein sehr extremes Beispiel und es kommt sehr selten vor, dass die Gebühren über einen langen Zeitraum auf einem derart hohen Niveau verharren. Inzwischen kann die Aktie bei Interactive Brokers überhaupt nicht mehr geshortet werden. Fakt ist: Shorten kann eine teure Geschichte sein, auch ganz ohne Kursverluste. Selbst wenn es zunächst keine zeitliche Beschränkung für die Leerverkäufe gibt, können einen die Gebühren "auffressen", so dass auch an dieser Front ein Kampf gegen die Zeit geführt werden muss. Ihr könnt das Vielfache eures Einsatzes verlieren! 4. Es können potenziell exorbitante Verluste entstehen. Es gibt beim Shorten ein so genanntes asymmetrisches Chance-Risiko-Verhältnis. Es kann ein maximaler Gewinn von 100 Prozent entstehen (die Aktie kann ja nicht weiter als auf null fallen), aber die Verluste können ein Vielfaches des Einsatzes betragen. Angenommen die Daimler-Aktie steigt auf 200 Euro (was in dem Fall kurzfristig natürlich extrem unwahrscheinlich ist) und ich habe bei 50 Euro geshortet, dann kann ich das Vierfache meines Einsatzes verlieren. Da kann man schnell mal sein Depot zugrunde richten, wenn man in der falschen Aktie short ist. Dieses Risiko mag klein sein, ist aber nicht nur theoretischer Natur. So etwas kann auch bei sehr soliden Aktien passieren. Erinnert sei an den "Jahrhundert-Shortsqueeze" bei der VW-Stammaktie, der sich bald zum zehnten Mal jährt. Inmitten der Finanzkrise im Spätherbst 2008 stieg die VW-Aktie ausgehend von 150 Euro zu Jahresbeginn trotz des schwachen Marktes und des konjunkturellen Einbruchs immer weiter an. Sie koppelte ich zunehmend von der fundamentalen Situation ab. Das Ganze gipfelte dann in einem gigantischen Short-Squeeze im Zuge dessen die Aktie ein Hoch von 1.005 Euro erreichte. Kurzzeitig war VW damit das wertvollste Unternehmen der Welt. Viele Shorties haben hier extrem viel Geld verloren, der eine oder andere dürfte sich dabei auch ruiniert haben. Im 10-Jahres-Chart unten ist der Squeeze ganz links gerade noch erkennbar: Volkswagen AG St. (ISIN: DE0007664005) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 17/18e/19e | Kurs | 766400 / VOW | 76 Mrd. EUR | 7 / 6 / 5 | 152,64 EUR | Prominente Opfer Zu dem prominentesten Opfern zählte damals der schwäbische Pharmaindustrielle Adolf Merckle, der sich später dann ja sogar umgebracht hat (wobei hier seine VW-Shortspekulation wohl nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte). Der Wahrscheinlichkeitsforscher Nicholas Taleb spricht hier von sogenannten Black Swan-Ereignissen, die sehr selten sind, aber potenziell verheerende Auswirkungen haben können. Er bezieht sich dabei auch auf solche mit globalen Auswirkungen wie bspw. den Terroranschlag in New York 2001. Übrigens: Gerade passiert in den USA etwas ganz Ähnliches bei der bereits erwähnten Cannabis-Aktie Tilray. Diese ist seit dem IPO vor etwas über zwei Monaten von 17 US-Dollar auf gestern in der Spitze 300 US-Dollar gestiegen. Eine schier unglaubliche Ver-17-fachung des Kurses! Tilray Inc. (ISIN: US88688T1007) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KUV 17/18e/19e | Kurs | A2JQSC / TLRY | 16,2 Mrd. USD | - / 395 / 106 | 173,67 USD | Das heißt: Wenn Ihr Short-Spekulationen eingeht, braucht ihr extrem viel Disziplin und es ist unerlässlich unbedingt und in jedem Fall mit Stoppkursen zu agieren und diesen Stopp auch direkt im Markt zu platzieren, um dann AUTOMATISCH aus der Position ausgestoppt zu werden, wenn es zu einem plötzlichen starken Kursanstieg kommt. Stopps helfen nicht immer Das Problem dabei: Nicht einmal das, kann euch beim Shorten mit Sicherheit vor riesigen Verlusten schützen. Denn es kann sein, dass es zu einem solchen Black Swan-Ereignis auch außerhalb der regulären Börsenzeiten kommt. Wenn beispielsweise ein Biotech-Unternehmen auf einmal sensationell gute Testergebnisse im Rahmen einer klinischen Studie für ein Medikament veröffentlicht kann sich der Kurs über Nacht vervielfachen. Passiert ist das zum Beispiel bei einer Aktien namens Celator Pharmaceuticals. Celator hatte im März 2016 eine erfolgreiche Phase III-Testreihe für seinen Medikamentenkandidaten VYXEOS (CPX-351) gegen akute myeloische Leukämie gemeldet. Damit hatte keiner gerechnet. Die Aktie hatte am Tag zuvor bei unter 2,00 US-Dollar geschlossen und eröffnete dann bei über 8 US-Dollar. Wenige Tage zuvor hatte der US-Shortseller-Dienst The Street Sweeper noch empfohlen die Aktie zu shorten. Das heißt, es waren damals relativ viele Privatanleger short in der Aktie. Wer short war hat dann also auf einen Schlag das Vierfache seines Einsatzes verloren und kein Stopp hätte ihn davor bewahrt. Hier ein alter Chart: Übrigens: Aussitzen hätte auch nichts gebracht, sondern - im Gegenteil - die Verluste nur noch verschlimmert. Denn: Nur wenige Monate später, am 31. Mai 2016, wurde Celator von Jazz Pharmaceuticals für nicht weniger als 30,25 US-Dollar je Aktie aufgekauft. Die Aktie war zu diesem Zeitpunkt im Vergleich zum letzten Kurs vor der Erfolgsmeldung dann bereits um den Faktor 15 gestiegen! Falls euch die Lust auf das Shorten jetzt immer noch nicht vergangen ist, habe ich zum Abschluss noch ein paar Zitate von Warren Buffett, der ebenfalls eine sehr dezidierte Meinung zum Thema shorten hat: Zitat 1: Charlie und ich waren uns im Laufe der Jahre bei ca. 100 Aktien darüber einig, dass es sich um Shorts oder Promo-Aktien gehandelt hat. Hätten wir diese Aktien gehandelt, hätten wir vielleicht all unser Geld verloren, obwohl wir fast immer richtig gelegen haben. Eine Spekulationsblase spielt mit der Natur des Menschen. Niemand weiß, wann sie platzen wird und wie hoch es vorher gehen wird bevor sie platzt. Zitat 2: Ich hatte eine erschütternde Erfahrung als ich 1954 eine Aktie geshortet habe. Ich wäre auf einen Zeitraum von zehn Jahren nicht falsch gelegen, aber der relevante Zeitraum waren 10 Wochen und da lag ich sehr falsch. Mein Nettovermögen verdunstete. Zitat 3: Es hat eine Menge Leute ruiniert. Du kann Pleite gehen, wenn Du es machst. MEIN FAZIT: Wenn ihr mir nicht glaubt, dann solltet ihr vielleicht Warren Buffett glauben: Nur absolute Profis mit viel Erfahrung sollten Aktien leerverkaufen und auch dann nur mit striktem Risiko-Management. Das größte Problem: Als Leerverkäufer arbeitet die Zeit gegen einen. Es ist sinnvoller, nach Aktien mit Vervielfachungspotenzial zu suchen. Drei derartige "Hot Stocks" werde ich euch künftig in jeder Ausgabe des Aktien-Reports vorstellen. Lasst euch überraschen! Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels teilweise investiert. Positionierung: Long Canopy Growth; Short Tilray. Es kann daher ein Interessenskonflikt vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
Lieber Video ansehen als lesen? Neue Beweise für das Apple-Car: Aktie kaufen? Soll man jetzt in die Apple-Aktie einsteigen? Was ist mit den Gerüchten um das Apple iCar? Baut Apple jetzt doch ein eigenes Auto? In diesem Video zeige ich, Armin Brack, was es mit dem Apple-Projekt "Titan" auf sich hat. Und ich zeige auf, was das für Auswirkungen auf die Aktie haben kann: → Hier klicken und das Video gleich ansehen...
Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen & ein schönes Wochenende wünscht Dir Dein Armin Brack Chefredakteur Geldanlage-Report >> Die nächste Ausgabe erscheint am 29. September Wir freuen uns über Lob, Kritik und Anregungen. Gerne kannst Du uns auch Themenvorschläge unterbreiten. Fragen und Anregungen bitte per Mail an redaktion@geldanlage-report.de Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten! Hier kommst Du zu Tradesignal Online. Geldanlage-Report weiterempfehlen! Wir würden uns freuen, wenn Du den Geldanlage-Report Deinen Freunden und Kollegen weiterleiten würdest! Kostenlose Anmeldung unter www.geldanlage-report.de |