Blut, Schläge, geschundene Mäuler, Pferde, die eher geknebelt als „zu eng ausgebunden“ longiert und vertrimmt werden, Pferde, die mit Gummibändern gefesselt und mit Stricken an den Beinen zu einem Bewegungsablauf gezwungen werden, den Laien für eine ausdruckstarke Passage halten könnten. Laien, wohlbemerkt. Fachleute sollten den artifiziellen Bewegungsablauf auch ohne die Videos, die auf der Reitanlage des US-Dressurreiters Dr. Cesar Parra aufgenommen sein sollen, als falsch erkennen. Ein Blick in Grand Prix-Dressurvierecke lehrt, dass das nicht immer der Fall ist. Sonst würden Marionetten-Passagen nicht so hoch bewertet, wie es Usus ist.
Wer nun meint, die USA seien weit weg, und der in Kolumbien geborene Dressurreiter ein Einzelfall, springt zu kurz. Parra hat auch in Deutschland trainiert, und Deutsche zählten zu seinen Trainern, darunter Richter und Reitmeister. Sie scheinen mit ihrer Philosophie nicht durchgedrungen zu sein.
Mit anderen Deutschen soll er heute noch trainieren. Ein aktuelles Video zeigt einen Pferdewirtschaftsmeister, der bei einer Prügelorgie an der Longe assistiert. Am Rande ist dessen Geschäftspartnerin zu erkennen und zu hören, die von einem „amazing“ Gefühl schwadroniert. Das Grauen ist nicht nur in Übersee. Dieses Paar ist auf Zuchtveranstaltungen hinlänglich bekannt, genießt VIP-Status. Man wird sehen, wie die Zuchtverbände mit diesen Fohlenkäufern und Hengstaufzüchtern zukünftig umgehen. Wir haben eine entsprechende Frage an alle deutschen Warmblutzuchtverbände gesendet, weil wir wissen wollten, ob die Tierquälerei für den Umgang mit diesen Personen Konsequenzen haben wird. Schließlich haben Verbände auf ihren Anlagen und von ihnen durchgeführten Veranstaltungen ja Hausrecht … Mal sehen, was für Antworten kommen. Und ob überhaupt. Die Pferde-Community muss bei solchen Bildern aufstehen, muss reagieren.
Vorbildlich schnell ist das diesmal dem Weltreiterverband (FEI) gelungen, der den klar zu identifizierenden Cesar Parra – immerhin Olympia- und WM-Teilnehmer sowie Finalist im Dressur-Weltcup – sofort vorläufig suspendiert hat. Als das Video die Runde machte, in dem die deutsche Beteiligung dokumentiert ist, hat auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) sofort agiert. Sie prüft, um welche Personen es sich handelt und beabsichtigt, Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu stellen.
Ich hätte Ihnen und euch gern bessere Nachrichten als diese zum Wochenauftakt mitgeteilt. Aber so ist das Leben. Montagnachmittag bin ich als internationaler Pressevertreter zum Seminar der internationalen 4*- und 5*-Dressurrichterinnen und -richter zur Diskussion eingeladen. Es geht ums Richten, aber sicherlich auch um diesen erneuten Fall von Tierquälerei durch einen Dressur-Olympiareiter. Und hoffentlich auch um die Zusammenhänge. Denn Dinge isoliert zu sehen, heißt, die Augen vor der Realität zu verschließen.
Beste Grüße aus Hamburg