Liebe/r Leser/in, Wahl-Krimi? Zitter-Sieg? Möchtegern-Kanzler? So kann den Wahlausgang sehen, wer lediglich Armin Laschet oder Olaf Scholz im Blick hat. Weitet man einmal diesen Blick – weg von CDU- und SPD-Zentrale, dann stellt man fest, dass die Deutschen sehr klug gewählt haben. Denn zwei Probleme beschäftigen das Land: 1. Wie bewältigen wir die Klimakrise? 2. Wie erlangt Deutschland nach Corona die alte Stärke? Für beide Probleme haben die Wähler je eine Partei mit der Macht zum Mitregieren ausgestattet: Grüne und FDP. Einigen sich die beiden Parteien, was sich bereits in der Elefantenrunde am Sonntagabend andeutete, können sie gemeinsam bestimmen, wer ihre Inhalte und Ideen als Kanzler vertreten soll. Annalena Baerbock hat ihren Wählern eine Klima-Koalition versprochen, Christian Lindner hat zugesagt, den Part des wirtschaftlich Vernünftigen zu übernehmen, am liebsten als Finanzminister. Für eine Jamaika-Koalition mit Armin Laschet spricht aus Sicht der beiden Kleinen seine relative Schwäche. Er wird viele Kröten schlucken, um doch noch Kanzler zu werden. Sein Nachteil: Die wahre Macht haben künftig die geschrumpfte Fraktion im Bundestag und eine nimmermüde Schwester CSU. Eine starke Partei und Fraktion sind auch der größte Nachteil von Olaf Scholz, zumindest für die FDP. Sie muss fürchten, dass der rote Kanzlerkandidat einen bürgerlichen SPD-Kurs gegen seine linken Vorsitzenden nicht durchzusetzen vermag. Dann würde die FDP zum Anhängsel von Rot-Grün. Armin Laschet muss nun zunächst die eigene Partei hinter sich bringen. Groß ist die Enttäuschung all derer, die seine Kandidatur von vornherein falsch fanden. Ob sie ausgerechnet dem historischen Verlierer ein starkes Mandat für Verhandlungen geben werden? Die kommenden Tage dürften das zeigen. Wir haben den FOCUS direkt nach dieser Wahl aktualisiert und angereichert um Zahlen, Fakten, viele Fotos und Analysen. Ab morgen finden Sie unser Sonderheft am Kiosk. Ich wünsche Ihnen eine guten Start in diese spannende Woche! |