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Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 06.11.2023 | Wolkig und windig mit Böen bis zu 49 km/h und max. 14°C. | ||
+ „Kartell aus ganz wenigen Trägern“: Mansour kritisiert Auswahl der Bildungsverwaltung + Zuerst in der Senatskanzlei, jetzt als Wirtschaftssenatorin: Giffey bei Dienstreisen auf Rekordkurs + Die große Recherche: Wo gehört Berlin noch Berlin? + |
von Anke Myrrhe |
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Guten Morgen, jetzt aber raus aus der Schlafanzughose! Willkommen zurück im Alltag, die Ferien sind vorbei, genießen Sie die paar Tage, an denen es morgens zumindest noch etwas hell ist. Aber keine Sorge: In 46 Tagen beginnen schon wieder die Weihnachtsferien – und die Tage werden wieder länger. | |||
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Die Zeit zwischen den Schultagen haben diesmal viele Lehrerinnen und Lehrer zur Fortbildung genutzt: Am morgigen Dienstag ist es genau einen Monat her, dass die Hamas Israel mit einem fürchterlichen Terrorangriff überfallen hat. Und damit sahen sich auch in den Klassenzimmern viele sehr plötzlich mit sehr großen Fragen konfrontiert, deren Antwort differenziertes Fachwissen und eine Menge Gespür erfordern. Viele sorgen sich zusätzlich, dass der große Konflikt auch hier im Kleinen Auswirkungen auf das Zusammenleben hat. Wie man trotz persönlicher Betroffenheit damit umgehen kann, hat Tagesspiegel-Kolumnistin Sawsan Chebli in diesem Text aufgeschrieben. „Wir alle werden hierzulande nicht beeinflussen, was die Hamas tut und wie Israels Armee reagiert. Aber wir können entscheiden, wie wir hier miteinander leben wollen, und auch etwas tun“, schreibt Chebli. „Ich selbst habe mich für Menschlichkeit und gegen Hass entschieden.“ | |||
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Lehrerinnen und Lehrer müssen diesen Konflikt jeden Tag im Unterricht erklären, moderieren, einordnen. Parteiübergreifendes Lob erhielt deswegen ein Brief, den Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) am Freitag an alle Schulen verschickte. Darin enthalten neben Dank und Zuversicht: 40 Seiten mit fast täglich stattfindenden Fortbildungsangeboten und Unterrichtsmaterialien zum Thema, sowie dem Aufbau einer möglichen Unterrichtsstunde (das ganze Schreiben inkl. Liste ist hier verlinkt). Ganz ohne Kontroverse ging es bei der Zusammenstellung von Materialsammlung und Experten allerdings nicht zu: Offenbar hatte sich die neue Bildungs-Staatssekretärin Christina Henke bemüht, Ansprechpartner, die als zu „links“ oder als zu Islamismus-unkritisch gelten, aus der Sammlung zu streichen – ohne Erfolg. Sie sei argumentativ nicht auf der Höhe gewesen, heißt es. Henke wird intern wie extern inzwischen recht offen als „Fehlbesetzung“ bezeichnet. Stattdessen fehlt auf der Liste der Schul-Ansprechpartner der Islamismus-kritische Psychologe und Islamexperte Ahmad Mansour: Er war erst im letzten Augenblick gefragt worden, ob er etwas anzubieten habe. Mansour appellierte an die Verwaltung, „unterschiedliche Methoden und Sichtweisen“ zuzulassen. Es können nicht sein, „dass ein Kartell aus ganz wenigen Trägern nur zum Zug kommt, wie das in jüngerer Vergangenheit der Fall war“. Das geht vor allem in Richtung der SPD, die 25 Jahre lang die Bildung verantwortet hat: „Unsere Arbeit an Schule wird erst seit drei, vier Monaten in Berlin gefördert“, sagt Mansour. „Unter der rot-rot-grünen Regierung sind wir und andere Träger blockiert worden.“ | |||
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Gleich dreimal taucht in der Übersicht der Senatsverwaltung das Konzept der Rütli-Schule in Neukölln auf, die sich von der Brennpunkt- zur Vorzeigeschule gewandelt hat. „Auch ich hadere an manchen Tagen und frage mich, was wir überhaupt erreicht haben“, sagt Mehmet Can, der dort Lehrer ist. Hier gibt es einen Wahlpflichtkurs Israel/Palästina, der aus der „Jerusalem AG“ entstandene Comic mehrals2seiten.de ist inzwischen vielfach ausgezeichnet worden und die Jugendlichen seien es gewohnt, über den Nahost-Konflikt zu sprechen. „Aber wenn wir das alles nicht gemacht hätten? Dann würde ich auf diese Tage nach den Herbstferien mit großer Sorge blicken.“ So allerdings ist er „viel entspannter, als ich es mir vor zwei Wochen noch vorgestellt hatte“. Das hoffnungsvolle Interview meiner Kollegin Margarethe Gallersdörfer können Sie hier nachlesen. | |||
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Ganz anders sieht es an anderen Schulen aus. Meine Kollegin Susanne Vieth-Entus hat eher zufällig herausgefunden, dass es in dieser Stadt tatsächlich Schulen gibt, an denen kein einziger grundständig ausgebildeter Lehrer mehr arbeiten soll. (Mehr dazu in den nächsten Tagen auf tagesspiegel.de.) In den Hauptrollen: eine mauernde Bildungsverwaltung und eine Lehrerin, die ihren Kollegen lieber „Achtsamkeitstraining“ beibringt, als Schüler zu unterrichten. | |||
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Wo gehört Berlin noch Berlin? Nach dem großen Verkaufsrausch des Landes Berlin (der heute parteiübergreifend als Fehler bezeichnet wird), ist nicht mehr allzu viel übrig: Nur noch etwa 50 Prozent des Berliner Stadtraums befindet sich in öffentlicher Hand. Wobei die Zahlen stark schwanken: Während in Charlottenburg-Wilmersdorf immerhin noch 60 Prozent der Bezirksfläche dem Land gehören (spitze), sind es in Tempelhof-Schöneberg nur noch 38 Prozent. Und aus den Fehlern der Vergangenheit wurde nicht unbedingt gelernt: In der Heidestraße nördlich des Hauptbahnhofs steht ein baufälliger Altbau im Eigentum des Bundes zum Verkauf. Das Land allerdings wollte das Grundstück in bester Lage nicht haben (der Bezirk wurde nicht gefragt). All das sind Ergebnisse des europäischen Rechercheprojekts „Ground Control“, an dem auch das Tagesspiegel-Innovation-Lab beteiligt ist (Text inkl. interaktiver Karte gibt es hier). Und selbstverständlich nennen wir es intern „Ground Control to the mayor of Berlin“ (thx Nina Breher). Apropos baufällig: Wie es sein kann, dass ein Haus direkt gegenüber vom KaDeWe verfällt bzw. leer steht und der Bezirk seit 2016 zusieht, haben wir für die aktuelle Folge unseres Checkpoint-Podcasts recherchiert. Ergebnis: gruselig. | |||
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Eine Bildungsreise unserer Bildungsstaatssekretärin (4825 Euro für fünf Tage Kanada) hat hier vor den Ferien einige Aufregung verursacht (CP vom 4.10. und 11.10.). Neben viel Verständnis für eine Nacht im Luxus-Hotel mit Blick auf die Three Sisters (man muss auch gönnen können) blieb am Ende die Frage, was sich die anderen Senatorinnen und Staatssekretäre eigentlich so gönnen. Eine Abfrage bei allen Senatsverwaltungen hat eine ganz klare Spitzenreiterin ergeben. 11.870,79 € für vier Dienstreisen, das schafft nur die eigentliche Königin Berlins: Franziska Giffey. Neben zwei bescheidenen Aufenthalten in Köln und München (je rund 500 €) ist darunter auch eine Reise der Wirtschaftssenatorin nach Jakarta (5 Tage, 4515,80€), und erst vor zwei Wochen kehrte die SPD-Vorsitzende von ihrer dreitägigen Dubai-Reise zurück. Kosten fürs Land Berlin: 5787 €. Da bleibt selbst die Bildungsstaatssekretärin staunend in der Berghütte sitzen. Immerhin: Aus Dubai hat Giffey den Ableger der Tech- und Startup-Messe Gitex ab 2025 mitgebracht – und die Hoffnung auf Langstreckenflüge mit Emirates vom BER. Dass die Wirtschaftsverwaltung es geschafft hat, in einem guten halben Jahr rund dreimal so viel Geld für Dienstreisen auszugeben wie im gesamten letzten Jahr, begründet Sprecherin Lisa Frerichs frei übersetzt mit den Polykrisen: Im vergangenen Jahr seien wegen Corona-Ausläufern und Ukraine-Krieg einige Reisen verschoben oder nicht angetreten worden. Zur Wahrheit gehört aber auch: Im Jahr 2022 hatte die Senatskanzlei die höchsten Reiseausgaben aller Senatsverwaltungen – damals noch geführt von Franziska Giffey. Und was meinen Sie: Wie teuer sollten Dienstreisen für Senatsvertreter sein? Zugegeben, die Antwortmöglichkeiten sind etwas spitz gewählt – einen Klick in die Mitte werten wir in diesem Fall als Zustimmung zur Demokratie. | |||
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Noch einmal zurück in die Schule: Auch wir wollen unseren Teil zur Weiterbildung beitragen. Heute startet das Projekt „Tagesspiegel macht Schule – digital“. Mit Unterstützung der Telekom hilft das Projekt Lehrkräften bei der Vermittlung von Medienkompetenz und digitaler Balance. Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 8 bis 10 trainieren dabei, sich mit Medien tagesaktuell, praxisnah und kritisch auseinanderzusetzen. Bis zum 24. November können sich Schulen bewerben unter: www.tagesspiegel.de/schulprojekt. Bitte im Lehrerzimmer weitersagen (und gern ausdrucken, wenn das W-LAN mal wieder nicht geht …) | |||
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