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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 26.09.2022 | Meist trocken, sonnige Abschnitte, aber auch vereinzelter Regen bei bis zu 17°C. | ||
+ Thug Life: Franziska Giffey drückt ab + Ein Jahr nach der Berlin-Wahl: Was wird aus den Wahlversprechen? + „Sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar“: Virchow-Pflegekräfte müssen fürs Parken zahlen + |
von Nina Breher und Lotte Buschenhagen |
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Guten Morgen, Es waren Szenen, die in keiner anderen Metropole der Welt möglich scheinen: Die Regierende reckt die Pistole in die Luft, blickt eindringlich in die Kamera. Sie bewegt sich keinen Zentimeter, blinzelt nicht. Und drückt ab. Was war los – war Franziska Giffey (SPD) aufgebracht, dass in Italien voraussichtlich die rechteste Regierung seit dem Zweiten Weltkrieg gewählt wurde? Wütend, dass sich die Pannenwahl jährt oder wegen der miesen Umfragewerte? Nicht doch! Marathontag! Noch während Eliud Kipchoge einen neuen Weltrekord ersprintete (2:01:09 Stunden), wurde das Foto der ausdruckslos in die Kamera starrenden Giffey, die den Startschuss zum Wettbewerb abgab (Originalvideo hier), zum Internet-Trend (Beispiele hier, hier und hier). Am Abend setzte sich Giffey nach Prag ab (Franziska Giffey/Twitter) – thug life, wie man in der Szene sagt, oder anders ausgedrückt: „Einmal Neukölln, immer Neukölln“ (Jenni Wu/Twitter). | |||
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Derweil zitterte der Rest der Stadt vor den Folgen des Sport-Ereignisses: Was der Marathon wohl dieses Jahr durcheinanderbringt? Letztes Jahr wählte Berlin am Tag des Berlin-Marathons – der Rest ist peinliche Geschichte, in der der Marathon höchstens eine Nebenrolle spielt. Am Mittwoch findet die erste mündliche Verhandlung des Berliner Verfassungsgerichtshofs über mögliche (Teil-)Neuwahlen statt. Ein Jahr nach der Wahl präsentieren wir: den weltexklusiven Rückblick in Checkpoint-Betreffs. +Wahlergebnisse+Analyse+Chaos+ (27.9.) +Wahlchaos in Berlin+Unstimmige Wähler+Neuzählung in Pankow+ (30.9.) +Wahlpannen+Koalitionsverhandlungen+Berliner der Woche+ (2.10.) +Wahl-Desaster+Koalitionen+Weihnachtsmarkt+ (6.10.) +Wahlzweifel+Weihnachtsferien+Ämter-Ranking+ (14.10.) +Wahl-Debakel+Koalitionsgespräche+BER-Reaktionen+ (16.10.) +Wahlpannen ohne Ende+Schule+Cannabis+ (19.10.) | |||
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Mittlerweile ist – zumindest statistisch betrachtet – klar: Wahlversprechen, die jetzt noch nicht erfüllt sind, werden es womöglich lange bleiben: „Aktuelle Forschung zeigt am Beispiel Kanadas, dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Regierung ein Wahlversprechen einhält, massiv abnimmt, wenn im ersten halben Jahr nichts passiert ist“, sagt Innenpolitik-Professor Jochen Müller von der Humboldt-Uni dem Tagesspiegel Innovation Lab. Wir wollten nicht kleinlich sein und schlugen noch ein halbes Jahr drauf. Anlässlich des einjährigen Wahljubiläums analysieren wir, was den Berlinern bei der Wahl besonders wichtig war, was davon R2G umgesetzt hat und was auf der Strecke zu bleiben droht. Die ganze Datenanalyse gibt es hier. | |||
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Senat in der Schulbau-Defensive: Wie die Sommer-Schulbauoffensive gelaufen ist, wollten Franziska Brychcy und Kristian Ronneburg (Linke) von der Bildungsverwaltung wissen. Geht so, heißt es dort: Pandemie und Personalmangel haben ausgebremst, aber „trotz der angeführten Herausforderungen wurden zahlreiche (…) Maßnahmen begonnen bzw. abgeschlossen.“ Oho! Klingt doch super! Sicherheitshalber haben wir in der angehängten Tabelle nachgezählt: Abgeschlossen sind genau acht, begonnen 83. Fast fertig also. | |||
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Beim Linken-Parteitag in Friedrichshain ertappte mein Kollege Robert Kiesel Genossen in flagranti – beim Verzehr von Burger-King-Burgern. Skandal! Das Argument, als Teil der Arbeiter:innenklasse von günstigen Burgern abhängig zu sein (Twitter), ist dank Google Maps hinfällig: Nur wenige Meter weiter befinden sich zwei Dönerbuden (haben zudem bessere Bewertungen). Doch die Solidarität war entfacht, Fraktionsvize Tobias Schulze konterte mit dem notorisch dissidentischen DDR-Dramatiker Heiner Müller: „Wir stecken bis zum Hals im Kapitalismus!“ Da geht doch noch was! Wie wär’s mit einer auf die realpolitischen Snack-Verhältnisse aktualisierten Version? „Der Kapitalismus steckt uns im Hals!“ Vielversprechender war der klassische Ansatz des Landesverbandes selbst: „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen.“ Anders ausgedrückt: If I can’t eat my burger, I don’t want to be part of your revolution. Damit der Burger nicht im Hals stecken bleibt, empfehlen wir übrigens Werder-Bremen-Korn – der müsste irgendwo im Bundestag zu finden sein, ein nicht namentlich genannter CDU-Abgeordneter sucht seine Flasche. Man sei „ernsthaft verzweifelt“, sagte eine Mitarbeiterin dem Spiegel. Wir sind es auch. | |||
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Beef (sorry für die Überleitung!) gibt’s auch im Neuköllner Gesundheitsamt. Dort haben in den vergangenen Wochen drei Führungskräfte gekündigt, berichtet mein Kollege Hannes Heine. Zudem wollen sich einige Mitarbeiter versetzen lassen. Hintergrund ist offenbar der Streit zwischen Noch-Amtsarzt Nicolai Savaskan und Gesundheitsstadträtin Mirjam Blumenthal (SPD). Letztere wirft Savaskan vor, sich Mitarbeitern gegenüber im Ton vergriffen und Weisungen missachtet zu haben, sie entband ihn vor zwei Monaten von seinen Pflichten und erteilte ihm Hausverbot. Savaskan hatte seinerseits Blumenthals „disziplinarisch-sanktionistischen“ Führungsstil bemängelt, Unterstützer des Noch-Amtsarztes beklagen, Blumenthal würde Innovation verhindern und habe benötigte Hilfe vom Lageso abgelehnt. Die ganze Geschichte des Streits hat Hannes Heine aufgeschrieben. Die Vorwürfe reißen nicht ab: In einer E-Mail an die Personalstelle des Bezirksamts, die dem Checkpoint vorliegt, schildert jemand, der im Neuköllner Gesundheitsamt arbeitete, die Arbeit mit Blumenthal als äußerst schwierig. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Öffentlich bekannt geworden war der Streit zwischen Blumenthal und Savaskan wegen eines mittlerweile gelöschten Rap-Videos (kein Scherz, siehe CP vom 15.5.), in dem Ali Bumaye auftrat, der ein Verwandter von Arafat Abou-Chaker ist. Blumenthal sagte in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), die Löschung habe nichts mit seiner Verwandtschaft zu der Clan-Größe zu tun – Whatsapp-Nachrichten belegen das Gegenteil (CP vom 7.9.). Die Neuköllner CDU hat nun einen Missbilligungsantrag gegen Blumenthal gestellt, am Mittwoch spricht die BVV über das Thema. | |||
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Rund 550 Menschen kamen am Samstag am Nettelbeckplatz zusammen, um gegen das iranische Regime zu demonstrieren – unter dem Motto „Jin, jiyan, azadî“ (kurdisch für: „Frau, Leben, Freiheit“). Im Berliner Alltag mag die Demo eine Randnotiz sein, für die Menschen im Iran geht es um alles. Mahsa Amini, deren kurdischer Vorname Jina lautete, ist nicht mehr die Einzige, die jüngst vom iranischen Staat getötet wurde: Mindestens 41 weitere Menschen sind bisher bei den Protesten gestorben (FT). Laut Amnesty gibt es „keinen Zweifel“, dass Sicherheitskräfte auf Demonstranten schießen. Hinzu kommen etliche Festnahmen. In vielen Städten ist das Internet ausgeschaltet: Nicht alle Bilder, nicht alle Informationen über das brutale Vorgehen des Staates verlassen das Land. | |||
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