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Liebe/r Leser/in,

Ich weiß, wir müssten eigentlich über Hubert Aiwanger reden. Aber es war ja der Bruder. Sagt der Bruder. Der Bruder sagt, er habe als Schüler dieses Flugblatt verfasst. Er sei wütend gewesen. Er muss damals 18 Jahre alt gewesen sein. Hubert Aiwanger war 17. Schüler der 11. Klasse in einem bayerischen Gymnasium. In Hubert Aiwangers Schultasche entdeckten Lehrer Kopien dieses Flugblatts. Hubert Aiwanger bestätigt das. Er sei damals von Lehrern befragt und unter Druck gesetzt worden. Dass er seinen Bruder nicht „verpfiffen“ habe, weiß Hubert Aiwanger heute noch ganz genau. Nicht mehr so genau wisse er, so lässt Hubert Aiwanger uns wissen, ob er das Flugblatt verteilt habe. Ist ja auch schon lange her. 35 Jahre. Er sei damals bestraft worden. Er habe ein Referat über das Dritte Reich halten müssen. Damit sei die Sache für ihn erledigt gewesen.

Na, wenn die Sache erledigt ist, dann ist ja alles gut. Dann müssen wir nicht mehr drüber reden. Dann müssen wir uns über dieses widerwärtige, bösartige, vor Gemeinheit, Hass, Verachtung und Dummheit triefende Flugblatt keine Gedanken mehr machen. Man stelle sich vor, dieses Flugblatt habe heute noch irgendeine Bedeutung. Man stelle sich vor, der bayerische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident habe einst dieses Flugblatt verfasst. Hat er nicht, ich weiß. Der Bruder hat's geschrieben. Sagt der Bruder. Aber man stelle sich vor, der bayerische Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident habe dieses Flugblatt einst verteilt. Ich weiß: Das wissen wir nicht. Weil es Hubert Aiwanger nicht mehr so genau weiß. Wie er uns wissen ließ. Was bleibt: Dieses Flugblatt lag in Hubert Aiwangers Schultasche. Dieses widerwärtige, bösartige, vor Gemeinheit, Hass, Verachtung und Dummheit triefende Stück Papier lag in seiner Schultasche. Vor 35 Jahren.

Gut, wir könnten auf den Gedanken kommen, dass dieses Flugblatt, genauer: der Transport dieses Flugblatts, von einer höchst bemerkenswerten Geisteshaltung kündet. Einer Geisteshaltung, von der man gerne wüsste, wie sie sich des Schülers Hubert Aiwanger bemächtigen konnte. Und wie sich derselbe Hubert Aiwanger aus dieser Geisteshaltung wieder befreien konnte. Und wann. Denn befreit wird er sich wohl haben. Von einer Geisteshaltung, die ihn dazu brachte, ein Flugblatt in der Schultasche zu verwahren, das einen mörderischen Judenhass propagierte. Hubert Aiwanger findet nicht, dass uns dieser Gedanke kommen sollte. Er sieht eine „Schmutzkampagne“ gegen sich am Werk. Ich habe die Berichte der „Süddeutschen Zeitung“, die die Geschichte des Flugblatts ans Licht brachte, gelesen. Eine gute Recherche vermag ich zu erkennen, eine Kampagne nicht.

Der Schmutz, um den es hier geht, ist der Schmutz in Hubert Aiwangers Schultasche. Hubert Aiwanger sagt, er findet das Flugblatt menschenverachtend. Die Frage, seit wann er denn das Flugblatt so menschenverachtend findet, stellt sich für Hubert Aiwanger nicht. Ebenso wenig die Frage, ob er den Transport irgendwann bereut hat. Auch nicht die Frage, ob er seinen Bruder, oder sein Bruder ihn anstiftete. Und wohl auch nicht die Frage, ob es angemessen wäre einen Fehler einzugestehen. 

Für Hubert Aiwanger stellen sich diese Fragen nicht. Die Sache ist für ihn klar, lange her und erledigt. Darüber müsste man dringend noch mal reden.

Herzlich grüßt

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Markus Krischer,
stellvertretender Chefredakteur FOCUS Magazin

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