Nun sind sie zurück, die Technologie-Werte, viele steigen wieder deutlich an und manche markieren bereits neue Allzeithochs. Auf der anderen Seite gibt es keine neue Rotation, denn die Value-Titel fallen nicht deutlich zurück. Es fließt also wieder mehr Geld in den Markt und das sind vermutlich nicht nur die US-Dollars der Amerikaner, die sie dank des zweiten Stimulus-Schecks zur Verfügung hatten. Es ist eher die Erkenntnis, dass die anziehende Inflation und die höheren Anleihe-Zinsen keine wirkliche Bedrohung für unseren noch jungen neuen Börsen-Aufschwung darstellen. Von der neuen alten Liebe der Anleger profitieren aber nicht nur die jungen Wilden, die SPACs und die IPOs, sondern auch die Technologie-Giganten, die FAANGs. Während Amazon (A1), Apple (A2) und Netflix (N) seit 6-9 Monaten auf hohem Niveau konsolidieren, haben Alphabet (G für Google) und Facebook (F) neue Allzeithochs erklommen. Und Microsoft auch, aber das M spielt hier und heute keine Rolle. Wir schauen uns die beiden Flügel-Stürmer unserer Offensiv-Truppe an, das F und das G. Beide sind sehr unterschiedlich, aber sie haben doch auch viele Gemeinsamkeiten. Und sie sind Wettbewerber. In etwa so, wie Robbery, also Arjen Robben und Franck Ribéry, als sie im Angriff des FC Bayern als Traumduo aufspielten. Alphabet vs. Google: Akt 1 Beide Aktien markierten jüngst neue Höchststände und haben ihre Anleger auf lange Sicht und auch in den letzten 5 Jahren überdurchschnittlich gut entlohnt. Beide weisen hohe und steigende Cashflows auf, beide zahlen keine Dividende und während sich die Alphabet-Aktie seit 2016 auf 2.250 US-Dollar ver-3-facht hat, stieg die Facebook-Aktie im gleichen Zeitraum um etwa den gleichen Faktor auf 310 US-Dollar an. Alphabet Inc. (ISIN: US02079K3059) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 21e/22e/23e | Kurs | A14Y6F / GOOGL | 1,52 Billionen USD | 33 / 28 / 25 | 2.256,79 USD | Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass beide Unternehmen sich zunehmenden Angriffen der Kartell- und Justiz-Behörden ausgesetzt sehen und in den USA schon mehrfach zu Anhörungen im Senat vorgeladen waren. Während Google einst „don’t be evil“ als Gründungs-DNA auszeichnete, gab es bei Facebook solche moralischen Bedenken nie. Das Unternehmen war von Anfang an auf Erfolg, Wachstum und Profit ausgerichtet. Bei Alphabet, wie der Google-Konzern seit einigen Jahren heißt, kam das erst später und verdrängte die einstige Philosophie. Alphabet wird vorgeworfen, seine Dominanz bei der Online-Suche auszunutzen und gezielt eigene Angebote höher und besser zu platzieren als die von externen Kunden. Obwohl diese für die hohe Platzierung bezahlen. Des Weiteren werden Suchergebnisse manipuliert und mit Verlagen gibt es seit Jahren Streit darüber, ob man diesen für Teaser Geld zahlen muss/soll, mit denen dann auf deren Artikel verlinkt wird. Bei Facebook sind ständig mehr als 2 Milliarden Menschen aktiv, verteilt auf das Soziale Netzwerk Facebook, Instagram, und die beiden Messenger WhatsApp und Facebook Messenger. Facebook wird vorgeworfen, mit seinen Übernahmen von WhatsApp und Instagram gezielt die aussichtsreichsten Wettbewerber aus dem Markt gekauft zu haben, um seine Marktposition zu zementieren. Und dass man beim Datenschutz geschummelt hat, weil eine der Voraussetzungen für die Genehmigung des WhatsApp-Kaufs war, dass die Daten von WhatsApp und Facebook für immer getrennt bleiben müssten. Inzwischen hat Facebook sie zusammengeführt (welch Überraschung) und nutzt sie, um mit ihnen noch mehr Geld zu verdienen. Alphabet vs. Google: Akt 2 Beide Unternehmen verdienen mit ihrem Kerngeschäft viel Geld und nutzen dieses Geld, um in andere Bereiche zu investieren und expandieren. Alphabet weist diese Frühphasen-Investments als „Other Bets“ aus und darunter fallen einige interessante Projekte: Zu diesen sonstigen Aktivitäten gehören zum Beispiel Waymo, das wohl führende Unternehmen im Bereich des autonomen Fahrens oder "Deep Mind" (künstliche Intelligenz) und CapitalG (Wachstumskapital). Access ist die Alphabet-Tochter von Google Fiber, die über Glasfaserkabel Hochgeschwindigkeits-Breitbandzugang zu neuen Städten bietet. Access bietet Google Fiber inzwischen in 12 Ballungsräumen in den USA an und seinen drahtlosen Webpass-Dienst in weiteren 8 US-Metropolen. Nest stellt eine Reihe von Smart-Home-Geräten her, mit denen das Haus zu einer vernetzten Einheit werden soll. Nest bietet Thermostate an, Video-Türklingeln, Outdoor-Überwachungskameras (Nest Cam IQ) und Alarm-Systeme. Verily entwickelt Tools zum Sammeln und Organisieren von Gesundheitsdaten, um diese für ein ganzheitlicheres Pflege-Management-System zu nutzen. Der rote Faden, der alle diese unterschiedlichen Aktivitäten miteinander verbindet, sind die Daten. Genauer gesagt die Datenströme und das Vernetzen der Daten miteinander, um hieraus neue Erkenntnisse zu gewinnen, mit denen man den Kunden dann mehr Lebensqualität bieten kann. Ein weiterer roter Faden dieser „Other Bets“ ist, zum Leidwesen der Aktionäre, dass sie alle unprofitabel sind und Milliarden-Beträge verbrennen. Ab und zu geht das sogar Alphabet zu weit und man stellt einzelne Services ein. Wie Loom, mit dem man entlegene Gegenden der Welt via Satelliten und Drohnen mit schnellem Internet versorgen wollte. Als man erkannte, dass hiermit niemals Geld zu verdienen sein würde, wurde das Projekt kürzlich beerdigt. Auch Facebook sucht sich ständig neue Spielwiesen. Ob es die neue Dating-Funktion für Facebook ist, oder WhatsApp Pay für P2P-Bezahlungen oder direkte Kaufabwicklung bei Instagram, so dass man die Seite/App nicht mehr verlassen muss, um das Produkt zu erwerben, oder Augmented Reality, sie alle drehen sich stets um das Kerngeschäft und das Soziale Netzwerk Facebook. Sie ergänzen das Kerngeschäft und erweitern es um neue Fähigkeiten und Funktionen. Im Gegensatz zu Alphabet, bei denen die „Other Bets“ eher wie eigenständige Satelliten ins All geschossen zu sein scheinen. Alphabet vs. Google: Akt 3 Das Geld verdienen beide Unternehmen mit Werbung. Dabei läuft es bei Google über die Suchmaschine, während es bei Facebook über das Advertising auf seinen Websites und Apps geht. Hier kommen die neuen Funktionen hinzu, die gegebenenfalls kostenpflichtig sind oder werden. Bei beiden Unternehmen zahlt der Nutzer also nicht direkt, sondern indirekt mit seinen Daten. Diese Daten ermöglichen es beiden Unternehmen, ihren Werbetreibenden bessere Werbe-Möglichkeiten anzubieten. Weil sowohl Google als auch Facebook genau wissen, welche Vorlieben ein bestimmter Nutzer hat, können Werbetreibende ihre Werbung auch zielgenau auf die Nutzer konzentrieren, bei denen diese Werbung und damit ihre Produkte oder Dienstleistungen gut ankommen. Während Google und Facebook sich den Werbe-Markt bisher teilen, mit Vorteilen für Google bei Browser-Suchen und Facebook über mobile Angebote, schiebt sich seit einigen Jahren ein dritter Player an die beiden heran und gewinnt zunehmend Markt-Anteile: Amazon. So ist Amazons Markt-Anteil im US-Advertising-Markt in 2020 um ein Viertel auf nun 10,3 Prozent angewachsen und eMarketer geht davon aus, dass es bis 2023 12,8 Prozent sein werden. Und in seiner Sparte „Other“, zu der das Advertising-Business zählt, setzte Amazon in 2020 bereits mehr als 21 Milliarden US-Dollar um, eine Steigerung gegenüber 2019 um 47 Prozent. Da Amazon vor allem im Bereich Produkt-Suchen auf seiner Handelsplattform Umsätze generiert, trifft es damit besonders Google, während Facebook sich hier weniger besorgt zeigen muss. Doch Alphabet steht zunehmend unter Druck, denn eines der Kartell-Verfahren richtet sich gegen seinen Deal mit Apple. Google ist als Standard-Suche auf allen iOS-Geräten eingestellt und dafür bezahlt Google an Apple jedes Jahr um die 10 Milliarden US-Dollar. Allerdings stammt auch inzwischen der größte Teil der mobilen Suchanfragen bei Google von iPhones, iPads und MacBooks, so dass ein Untersagen dieser Kooperation Alphabet ins Mark treffen würde. Facebook (ISIN: US30303M1027) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 21e/22e/23e | Kurs | A1JWVX / FB | 891 Mrd. USD | 28 / 23 / 20 | 2.256,79 USD | Mein Fazit: Alphabet und Facebook sind Erfolgsgeschichten, als Unternehmen und als Aktien-Werte. Trotz aller Rückschläge wachsen sie langfristig weiter und auch ihre Aktien-Kurse steigen weiter an. Bei Alphabet auch getrieben durch den Rückkauf eigener Aktien. Beide Unternehmen sehen sich scharfem Gegenwind ausgesetzt, weil ihre Dominanz Wettbewerb verhindert und zunehmend als Gefahr wahrgenommen wird. Die Kartell-Verfahren gegen die beiden sind langwierig und der Ausgang ist offen. In der Zwischenzeit müssen beide immer mal wieder hohe Geldstrafen bezahlen, die auch schon in den Milliarden-Bereich gingen. Darüber hinaus betreiben vor allem die EU-Staaten eine gezielte Besteuerung der großen Technologie-Konzerne, weil diese sich ihrer Pflicht zur Steuerzahlung durch geschicktes Verschieben ihrer Umsätze und Gewinne in Steuer-Oasen entziehen. Das wird – zu Recht – als Wettbewerbsverzerrung wahrgenommen, denn der regionale Wettbewerb hat diese Steuergestaltungs- und -vermeidungsmöglichkeiten natürlich nicht. Diese möglichen Stolpersteine sollte man zumindest im Hinterkopf haben, wenn man die beiden Unternehmen mit den anderen Technologie-Giganten vergleicht und über ihre vergleichsweise günstige Bewertung stolpert. Diese ist nicht nur eine Chance, sondern auch das Ergebnis eines etwas erhöhten eingepreisten Risikos. Ein latentes Risiko, das sich nicht einfach so auflösen wird. Aber eines, das man durchaus in Kauf nehmen kann angesichts der ansonsten durchweg positiven Aussichten und der soliden Cash-Positionen und Cashflows.
Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig, Value Investor und Betreiber des Blogs „iNTELLiGENT iNVESTiEREN“. | | Hinweispflicht nach §34b WpHG: Der/die Verfasser ist/sind in ein oder mehreren der oben genannten Wertpapieren/Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels investiert: Alphabet & Facebook. Es können daher Interessenskonflikte vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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