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Grenzüberschreitungen gehören zum Werkzeugkoffer des Marketings. Die Greenpeace-Kampagne „Menschheit auf die Rote Liste“ geht jedoch einen Schritt zu weit |
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| | Um auf die Umweltauswirkungen der Produktion von Lebensmitteln hinzuweisen, startete Penny eine einwöchige Aktion. (© Pexels) |
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Text – Christine Mattauch „Kritische Themen polarisieren – und erzeugen echte, neue Markensympathie.“ So stand es im April in einer Kurzbeschreibung von Serviceplan zum „Best Case Penny“. Die Überschrift: „Nachhaltigkeit – die Zeitenwende des Marketings“. Die Münchner Agenturgruppe begleitet den Discounter seit Jahren, auch bei der „Wahre Kosten“-Aktion vergangene Woche, die für neun Produkte Umweltfolgekosten transparent machte. Das mit der Polarisierung ist dabei sicher gelungen – schon lange ist über eine Kampagne nicht mehr so viel und kontrovers diskutiert worden. Und die Markensympathie? Gegenüber der absatzwirtschaft äußert sich Penny-Sprecher Andreas Krämer so: Er sehe eine „große Bandbreite der Reaktionen“. Eine umfassende Bilanz will der zur Rewe-Gruppe gehörende Discounter 2024 in einer wissenschaftlichen Studie vorlegen. Mit der Sympathie ist es eben nicht so einfach, wenn das Geschäftsmodell darin besteht, dass der Vorteil des einen die Einbuße des anderen ist. Discounter inszenieren sich gern als Wohltäter, die zu Gunsten einer wenig kaufkräftigen Kundschaft mit Herstellern und Großhändlern um Qualität und Margen ringen. Ja, das dämpft die Preise, kann aber problematisch sein, wenn der Druck zu denen durchgereicht wird, die nicht mehr überwälzen können. Viele Erzeuger*innen empfanden die „Wahre-Kosten“-Aktion als Provokation, wie eine Umfrage des Fachmagazins agrarheute zeigt. Der Bauernverband bezichtigte Penny gar des Greenwashings. Immerhin dürfte der PR-Stunt manche Kund*innen auf die Repositionierungsversuche des Discounters aufmerksam gemacht haben. Auch wenn im Penny-Prospekt dieser Woche wieder „Preis-Knaller“ und „Appklusive Sparvorteile“ dominieren – in Sachen Nachhaltigkeit hat sich einiges getan. Der Discounter hat eine vegane Eigenmarke „Food for Future“ aufgelegt, seine Baumwolltaschen tragen GOTS-Siegel. Es gibt Umwelt- und Klimaziele, wenngleich teilweise etwas schwammig („100 Prozent umweltfreundlichere Verpackungen bis 2030“). Sagen wir mal so: Die Richtung stimmt. Ob daraus ein glaubwürdiges Markenprofil erwächst, wird man sehen. |
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| Während Provokation, gut dosiert, durchaus zum Werkzeugkasten von Marketers gehört, werden Angstszenarien in der Regel vermieden – zu groß das Risiko, dass Verbraucher*innen wegsehen oder negative Gefühle aufs Produkt übertragen. Die neue Kampagne von Greenpeace „Menschheit auf die Rote Liste“ (in Zusammenarbeit mit der Berliner Agentur KNSK below1) kennt solche Empfindlichkeiten nicht. In den in der Schockfarbe Rot gehaltenen Videos warnen überwiegend sehr junge Menschen davor, dass mit fortschreitendem Artensterben auch die Weltbevölkerung in Gefahr gerät: „Mein Lebensraum wird zerstört“, „Meine Gesundheit ist bedroht“, „Es mangelt mir an Trinkwasser“. Ja, das ist eindrücklich – womöglich etwas zu eindrücklich, wie solche Nutzerkommentare auf Social Media zeigen: „Vielleicht wäre es besser, wenn die Menschheit endlich ausstirbt“ oder „Der Mensch muss nicht auf die Liste, er hatte seine Chance“. Wenn etwas gegen Umwelt- und Klimakrise gewiss nicht hilft, sind es Mutlosigkeit und Untergangsstimmung. |
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Dass es möglich ist, Kund*innen ganz ohne Provokation, dafür mit Mut und Konsequenz für Nachhaltigkeit zu begeistern, zeigt Vaude. Die Outdoormarke aus dem schwäbischen Tettnang weist in ihrem Nachhaltigkeitsbericht 2022 eine Umsatzsteigerung von 13 Prozent aus, nach 17,6 Prozent im Vorjahr. Zugleich hat das Unternehmen die CO2-Emissionen am Firmensitz und in der weltweiten Lieferkette um insgesamt fünf Prozent reduziert, unter anderem, indem Materialzulieferer auf grüne Energie umgestellt haben. Vaude-Chefin Antje von Dewitz spricht von einem „echten Wendepunkt“, denn: „Es zeigt sich nun messbar, dass wir den Ressourcenverbrauch ein Stück weit vom wirtschaftlichen Erfolg abgekoppelt haben.“ |
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| | Es gibt Leute (wenngleich selten Unternehmer), die Wachstum als Erfolgsgröße für überbewertet halten. Zu ihnen zählt Transformationsforscherin Maja Göpel. Die Fixierung auf Wachstum verstelle den Blick darauf, dass Deutschland eine „faszinierende Innovationsagenda“ vor sich habe, sagt sie im OMR-Podcast von Philipp Westermeyer. Um diese Agenda zu kommunizieren, hat Göpel ein neues, stiftungsfinanziertes Venture „Mission Wertvoll“ gegründet. Das macht neugierig, denn als Bestsellerautorin und Speakerin betreibt Göpel bereits ein sehr wirkungsvolles (Eigen-)Marketing. Schon ihre Diplom-Arbeit hat sie zum Thema „Integrierte Markenkommunikation für Europäische Umweltpolitik“ verfasst. „Umweltpolitik war einfach unfassbar mies kommuniziert“, sagt sie. |
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Zu Umweltthemen recherchierte Christine Mattauch schon an der Journalistenschule – es war die Zeit der ersten großen „Bio“-Welle. Heute beschäftigt sie sich mit grünen Marketingstrategien und der Frage, wie sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit verbinden lassen. Die freie Wirtschaftsjournalistin arbeitet in München. |
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