Liebe Leserinnen und Leser,
 

Statistiken sind bekanntlich eine heikle Sache. Gerade die Corona-Krise hat es wieder gezeigt. Man mag von den täglichen verlesenen Dashboards des Robert Koch-Instituts ja halten was man will, immerhin aber haben sie uns in den letzten Monaten für zahlreiche Probleme aus dem Reich von Arithmetik und Datenanalyse sensibel gemacht. Meine Recherchen zum heutigen Worker’s Memorial Day zum Beispiel – also dem Jahrestag der Arbeitsunfälle – , sie wären ohne die vorgelagerten Diskussionen um Prognosen und Kurven, um „mit“ oder „an“, um R-Wert oder Inzidenz ganz sicher schneller, auf jeden Fall aber auch naiver verlaufen.

Einmal abgesehen davon, dass Arbeitsunfälle natürlich unbedingt zu vermeiden und im konkreten Fall erschütternd sind, betrachte man nun nur einmal folgenden Satz: „Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation zufolge stirbt weltweit alle 15 Sekunden ein Arbeiter“. Früher hätte man das ja einfach goutiert und schnell und zügig durchgewinkt. Jetzt sind wir vorgewarnt und offen für ein paar kritische Fragen: Stirbt dieser statistische Arbeiter nun mit der Arbeit oder an der Arbeit? Oder hat der Tod des Arbeiters mit der Arbeit gar nichts zu tun, zumal in der postindustriellen Gesellschaft? Stirbt er am Arbeitsplatz oder im Homeoffice? Und wäre letzteres dann ein Arbeits- oder doch eher ein Haushaltsunfall?

Sie sehen, die Welt wird von Tag zu Tag komplizierter, zumindest die der Daten und Zahlen. Angeblich, sagt zum Beispiel der Trades Union Congress – also der britische Dachverband der Einzelgewerkschaften –, sterben jährlich mehr Menschen durch Arbeit als durch Krieg. Wenn nun aber mehr Menschen in Heimarbeit arbeiten, weil draußen ja der Krieg gegen das Virus tobt, wäre dann ein möglicher Arbeitsunfall automatisch auch ein Kollateralschaden eines Krieges?

Neues Deutschland – unser neues Heft

Wir werden das Problem hier nicht lösen können. Wenden wir uns also besser anderen Daten zu: Laut einer heute veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa liegen Bündnis 90/Die Grünen bei der aktuellen Sonntagsfrage mit 28 Prozent bereits sechs Prozentpunkte vor der CDU. Und das ist nur ein Grund, warum man sich die Partei um Spitzenkandidatin Annalena Baerbock einmal genauer anschauen sollte. Genau das hat Cicero in seiner heute erscheinenden Mai-Ausgabe getan.

Für die Titelgeschichte hat Moritz Gathmann, Leiter des Ressorts Innenpolitik, die Frage zu beantworten versucht, was die Grünen im Fall eines Wahlsiegs mit dem Land eigentlich vorhaben. Dafür hat er Programme gewälzt,  mit Spitzenpolitikern gesprochen und einstige Weggefährten und Verbündete der Öko-Partei getroffen. Herausgekommen ist das realistische Bild einer Partei, die irgendwie mittig sein will und die dennoch und weiterhin an eine andere Gesellschaft glaubt.

Ob das funktionieren kann, wird der September zeigen. Bis dahin gibt es zu der Frage bestimmt schon ein paar interessante Analysen, Erhebungen und Daten.

Für heute sagt Graf Zahl danke und wünscht Ihnen ein unterhaltsames Lesen und Rechnen!

 

Ihr Ralf Hanselle, stellvertretender Chefredakteur

 
 
 
 
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