Liebe Leserin, Lieber Leser,
Trommelwirbel und ein kleiner Tusch: Der Wahlkampf hat seinen ersten Plagiatsverdacht. Im Visier: „Die Natur der Literatur. Zur gattungstheoretischen Begründung literarischer Ästhetizität“ – Robert Habecks Dissertation aus dem Jahr 2000. Bevor Stefan Weber (Geschäftsmodell: „Plagiatsjäger“) das akademische Tischfeuerwerk zünden konnte, ging der Grünen-Kanzlerkandidat jedoch selbst in die Offensive: „Die Ombudsstelle der Universität Hamburg hat bestätigt, dass kein wissenschaftliches Fehlverhalten vorliegt", schrieb Habeck auf X. Jochen Zenthöfer von der „Frankfurter Allgemeinen“, der Webers Funde untersucht hat, kommt zum selben Schluss. Doch Weber beharrt darauf, dass Habeck vorgetäuscht habe, „Geistesgrößen im Original gelesen zu haben, während er seine Quellen aus den Arbeiten anderer Wissenschaftler nur abgeschrieben“ habe. Was stimmt: Habeck wirft so gern mit Geistesgrößen um sich wie Hofreiter mit Waffensystemen. 2018 lauschte ich ihm in Davos bei einer Pressekonferenz vor ausländischen Journalisten: „Sie wissen doch, ich bin Deutscher“, sagte er auf Englisch, „Ich lese ständig Adorno und Hegel.” Ich wäre damals vor Fremdscham gern im nächsten Schneeloch versunken. Typisch deutsch ist in Wahrheit aber nicht die philosophische Bettlektüre, sondern die Hatz auf Fußnoten-Verbrecher. Nichts gegen wissenschaftliche Akkuratesse, wirklich. Doch in keinem Land der Welt herrscht ein solcher Verfolgungseifer. |