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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 07.12.2020 | Nasskaltes Wintergrau bei bis zu 7°C. | ||
+ Hakenkreuz im Bundestag entdeckt + Mit dem Glühwein in die Ausgangssperre + Heute vor 50 Jahren: Brandts Kniefall von Warschau + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, ein Checkpoint-Leser will sich abmelden, vorübergehend; er schreibt: „Mir gehen die täglichen Corona-Meldungen an die Nerven und auch an die Substanz. Im Moment höre ich keine Nachrichten mehr, ich versuche, mich selbst herunter zu fahren.“ Ich kann das gut verstehen, manchmal geht es mir ähnlich: Wie gerne würde ich mal wieder einen Checkpoint ohne Corona-Meldung schreiben oder lesen, wie gerne eine Unterhaltung führen, ohne über neue Zahlen, erkrankte Freunde oder mangelhafte Maßnahmen zu sprechen. Und wer sich umhört, stellt fest: Mit diesem Gefühl ist niemand lange allein. Wir haben Hans-Joachim Ruhr dazu befragt – der Berliner Psychotherapeut rät: Einmal morgens informieren und einmal abends. Aber: „Bewegen Sie sich nicht ständig in Nachrichtenkanälen“. Und: Versuchen Sie nicht, sich mit Alkohol zu beruhigen, „damit erreichen Sie das Gegenteil von dem, was Sie wollen“. Ruhr empfiehlt, den Konsum gerade jetzt „wenn schon nicht einzustellen, dann doch wenigstens stark zu beschränken“. | |||
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Wer am Wochenende in Berlin unterwegs war, konnte dagegen den Eindruck bekommen, das Motto lautet: Jetzt erst recht. Der „Glühwein to go“ ist zur rezeptfreien Überlebensmedizin geworden – für Spaziergänger, Shopper und Wirte im Lockdown (dazu auch heute unser „Encore“). Solange ein Becherchen mit Ruhe und Abstand genossen wird, ist dagegen wenig zu sagen. Doch offenbar halten viel zu viele Menschen aufgewärmten Alkohol bereits nach dem ersten Schluck für einen Zaubertrank, der sie immun macht gegen Viren aller Art. Die Zahlen (ja, wieder mal) weisen auf das Gegenteil hin. In Bayern ruft Ministerpräsident Markus Söder deshalb jetzt den „Katastrophenfall“ aus – und das bedeutet u.a.: Ausgang nur noch aus einem besonderen Grund, außerdem kein Glühwein mehr in der Öffentlichkeit (und dort auch sonst kein Alkohol). Es kommentiert Michael Müller: „An der Berliner Regelung können sich andere Länder gern orientieren“ – er meint die strengeren Regeln zu Weihnachten. Aber ob das reicht, angesichts der täglich zu besichtigenden Eigenverantwortungslosigkeit und sich füllender Intensivstationen? Zwei von drei Berliner Warnampeln zeigen jedenfalls rot. | |||
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Vor dem Impfstart fehlt noch immer genügend Personal – und dafür gibt‘s mehrere Gründe: 1) Gesucht werden Ärzte aus KV-Vertragspraxen – eine CP-Leserin, angestellte Assistenzärztin (Dr. med.), schreibt uns: „Ich wollte mich freiwillig zur Mitarbeit im Impfzentrum melden, wurde aber von der KV abgelehnt. Völlig absurd – ich impfe jeden Tag Patientinnen und verabreiche Chemotherapien. In der Klinik habe ich selbstständig Geburten betreut und operiert. Aber eine simple Impfung während der Pandemie darf ich nicht überwachen.“ 2) Die Impfärzte haften persönlich für Schäden – bei einem völlig neuen Impfstoff ist die Zurückhaltung da nachvollziehbar. In den FAQ zu den Impfzentren wird ihnen mitgeteilt: „Bitte prüfen Sie, ob die abgeschlossene Berufshaftpflichtversicherung die Impftätigkeit in Impfzentren einschließt.“ 3) Selbstständige Fachärzte gehören oft selbst zur Risikogruppe – da locken auch die ausgelobten 120 Euro pro Stunde nicht unbedingt. (Zum Thema Impfen heute auch der „Tweet des Tages“) | |||
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Ein neues Testzentrum öffnet heute in der Goerzallee 305a (ein PCR-Test kostet 69 Euro) – allerdings ist zu hoffen, dass die Ergebnisse akkurater sind als die Ortangabe in der PR-Mitteilung des Fresenius-Instituts: Dort ist von einem „Bezirk Zehlendorf“ die Rede, den es seit 2001 nicht mehr gibt. Zudem liegt die Goerzallee 305a in Steglitz, und ganz genau: in Lichterfelde. Aber was soll’s – kann ja jedem mal passieren (und wer wüsste das besser als der Checkpoint): Friedrichstraße oder Französische Straße, negativ oder positiv – Hauptsache, Steglitz-Zehlendorf. (Weitere Infos und Online-Anmeldung hier, mehr zu „Friedrichstraße vs. Französische Straße“ weiter unten). Unsere Kolleginnen Saara von Alten und Silvia Perdoni sind der Frage nachgegangen, wie gut die jetzt überall in der Stadt angebotenen Testzentren sind – Ihren Bericht finden Sie hier. | |||
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Ankündigung auf der Titelseite der „Welt am Sonntag“: „Elon Musk, der berühmteste Gründer, Ingenieur und Visionär der Welt, spricht im Interview mit Mathias Döpfner über seine Pläne, die größte Herausforderung der Menschheit und die wichtigste Erfindung aller Zeiten. Und über die Frage nach dem Sinn des Lebens.“ Puh. Berühmtester Visionär der Welt, größte Herausforderung der Menschheit, wichtigste Erfindung aller Zeiten, Antwort nach dem Sinn des Lebens… so hatte ich mir eigentlich mein erstes Interview mit Gott vorgestellt – und hieß der berühmteste Ingenieur des Weltalls nicht eigentlich Daniel Düsentrieb? Renate Künast weist in diesem Zusammenhang zurecht darauf hin, dass die Antwort auf die Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“ laut Douglas Adams bekanntlich „42“ lautet; allerdings kommen wir in unserem Kurs „Mathe mit dem Checkpoint“ nur auf „41“ (und Musk kommt immer nur auf „Tesla“). Insofern wäre Gott als zweite Quelle schon ganz interessant – aber der ist wohl gerade wieder per Anhalter durch die Galaxis unterwegs (während Musk es ja noch nicht mal bis zum Mars geschafft hat). | |||
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Drei Willy-Brandt-Autobiografien habe ich vor vielen Jahren gelesen, sie stehen noch in meinem Bücherregal (alles Erstausgaben, wenn auch leicht verstaubt): „Mein Weg nach Berlin“ (1960), „Begegnungen und Einsichten“ (1976) und „Links und frei“ (1982). Heute vor 50 Jahren kniete Brandt, damals Bundeskanzler, bei einem Staatsbesuch in Polen vor dem Mahnmal für den Aufstand im Warschauer Ghetto nieder – sprachlos. Auf Seite 525 seiner „Begegnungen und Einsichten“ beschreibt er den Moment so: „Unter der Last der jüngsten Deutschen Geschichte tat ich, was Menschen tun, wenn die Worte versagen; so gedachte ich der Millionen Ermordeten.“ In Deutschland gab es „hämische Kommentare“ (Brandt), in Polen registrierte der Kanzler Betroffenheit – niemand äußerte sich. Doch am nächsten Morgen ergriff Ministerpräsident Cyrankiewicz im Auto Brandts Arm und sagte, seine Frau habe abends eine Freundin in Wien angerufen; beide hätten am Telefon bitterlich geweint. | |||
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