Liebe Frau Do, „Schande“, brüllt die Frau aus Bergisch Gladbach, immer wieder „Schande“, während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erfolglos versucht, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Szenen wie diese häufen sich in letzter Zeit, aber das Verhältnis zwischen Politiker und Bürger war noch nie ganz einfach. Kristina Dunz empfiehlt, sich beide in einer Paartherapie vorzustellen – wenn einer von beiden nicht redet, wird das nichts. Unsere Berliner Korrespondentin sucht daher in ihrer Analyse nach Ursachen für die jüngsten Eskalationen – und nach Antworten. Denn: „Hass macht hässlich.“ Hass und Gewalt beschäftigen derzeit auch weiter die USA. Nachdem die Polizei in der Stadt Kenosha den Schwarzen Jacob Blake durch Schüsse in den Rücken schwer verletzte, gibt es schwere Unruhen dort. Bei Ausschreitungen wurden Geschäfte zerstört, am Rande der Proteste soll vergangene Woche ein 17-jähriger Weißer zwei Menschen erschossen haben. Nun hat Präsident Trump die Stadt besucht, dabei aber wohl wenig zur Versöhnung beigetragen. Er sprach in Bezug auf die Ausschreitungen von „Inlandsterrorismus“ und stellte sich demonstrativ auf die Seite der Polizei. Wunderschön sind hingegen die Feldlerche und der Kiebitz, allerdings möglicherweise in zwei Jahren ausgestorben, wenn man Naturschützern Glauben schenkt. Warum uns das beschäftigen sollte, erörtert unser Kulturchef Lothar Schröder in seinem Leitartikel. Er beginnt mit dem Zitat eines zynischen Satzes, der in ähnlichen Fällen schon manchmal fiel: Die Welt werde übersichtlicher. Ich bin gegen allzu viel Übersichtlichkeit, weder im Tierreich noch im politischen Leben. Vielfalt schlägt Einfalt. Das gilt natürlich auch und besonders für die Wirtschaft. Am erfolgreichsten sind Unternehmen, die selbst in schwierigen Zeiten nach Chancen suchen, statt nur auf die Risiken für bestehende Geschäftsmodelle zu sehen. In NRW scheint das besser zu klappen als anderswo, hierzulande finden die Unternehmen schneller aus der Krise, berichten Antje Höning und Birgit Marschall. Um gesundheitliche Risiken geht es bei Menschen, für die Quarantäne angeordnet wurde. Ziel ist es dabei, die Gefahr der Ansteckung mit dem Coronavirus zu minimieren. Doch offensichtlich halten sich nicht alle daran, wie Christian Schwerdtfeger recherchiert hat. Übrigens können Quarantäne-Verstöße mit Geldbußen von bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Eine Überleitung zum nächsten Thema verbietet sich, auch wenn es ebenfalls um Gesetzesverstöße geht. Kirsten Bialdiga hat ein Doppel-Interview mit den zwei CDU-Politikerinnen Angela Erwin und Christina Schulze Föcking über Kindesmissbrauch geführt. Ich habe Ihnen in den vergangenen Wochen einige Texte zum Thema empfohlen, aber bitte lesen Sie auch diesen noch. Denn die beiden machen eine Reihe von konkreten, plausiblen Vorschlägen, welche Gesetze wie überarbeitet werden müssen, um diesen abscheulichen Verbrechen mehr entgegenzusetzen. „Wir müssen unsere Kinder wirklich besser schützen“, sagt Schulze Föcking. Vielleicht ist dieser Gedanke ein guter Anlass, um nochmal zu den Hass-Tiraden vom Anfang zurückzukehren: Wir müssen die Dinge schützen, die uns lieb sind. Dazu gehören Grundrechte wie die Meinungs- und die Demonstrationsfreiheit, dazu gehört aber auch, sehr genau zu unterscheiden zwischen notwendigen Diskursen – zum Beispiel über die Corona-Regeln – und inszenierten Provokationen auf den Stufen des Reichstagsgebäudes. Ich wünsche Ihnen einen Tag ohne Hass, dafür voller Freude und interessanter Einblicke. Herzlich Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |