21. November 2017
Liebe Frau Do,
1961 entstand, was in der Nacht zu Montag zum Scheitern der Jamaika-Verhandlungen geführt hat. Das Image der FDP als Umfallerpartei. Damals hatte die FDP im Bundestagswahlkampf eine Beteiligung an der Bundesregierung unter Konrad Adenauer kategorisch ausgeschlossen, und dann doch mitgemacht. 2009, in der Westerwelle-Ära, wurde das Etikett erneuert, als CDU-Kanzlerin Angela Merkel ohne liberales Aufbäumen die Steuersenkungsversprechen der FDP kassierte. Als Christian Lindner dann 2013 die am Boden liegende Partei übernahm, schwor er sich, dass seine FDP niemals wieder ihre Prinzipien verraten würde. Aus dieser Welt heraus entstand nun der Abbruch der Jamaika-Verhandlungen. Nur bleibt die Frage, ob es ein Ausverkauf von Prinzipien ist, wenn man in einem Vierer-Bündnis inhaltliche Kompromisse eingeht. Waren die Sondierungen der richtige Ort für die Therapie des liberalen Traumas? Ich habe meine Zweifel. Meinen Kommentar dazu lesen Sie hier. Eva Quadbeck hat sich die Liberalen am Tag danach und Lindners Entscheidung genauer angeschaut.
In Zeiten des Machtvakuums ist der Bundespräsident die stärkste Person im Verfassungsgeflecht. In der Zeit einer gescheiterten Koalitionsbildung und einer nur geschäftsführend im Amt befindlichen Regierung erst recht. Alle schauen nun auf Frank-Walter Steinmeier. Und der frühere SPD-Außenminister nimmt seine alten Parteifreunde unmissverständlich in die Pflicht. Neuwahlen lehnt er ab. Die Parteien sollen sich gefälligst zusammenraufen. Martin Kessler erklärt, wie es nun weitergeht.
Mit den Äußerungen Steinmeiers wächst der Druck auf die SPD, die sich seit der Bundestagswahl vehement gegen Gespräche über eine Regierungsbildung sperrt. Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat sein Führungsgremium gestern nochmals darauf eingeschworen – unmittelbar bevor Steinmeier ans Mikrofon trat. Eine destruktive Haltung, die man von der SPD über Jahrzehnte nicht kannte. Jan Drebes schaut auf die Sozialdemokratie.
Herzlichst
Ihr