Wie steigert man eigentlich heiß? Heiß, heißer, Versailles? Und auf französisch heißt warm, so mein ich mich zu erinnern, chaud. Ist ein Hitzeschlag damit ausgelebter Chauvinismus?
Gestern war es einfach unfassbar heiß. Einige Kolleginnen und Kollegen schickten via WhatsApp Warnungen vor heftigen Gewittern herum. Die kamen aber nicht. (Heute Nacht hat es aber ganz schön gegrummelt, bei 23 Grad um Mitternacht). Aktuell sind sie für heute Nachmittag angesagt. 16 bis 17 Uhr – sollte die App Recht haben, ist dann schon die Reiterei vorbei. Um 15.20 Uhr gehen Jessica von Bredow-Werndl und Dalera ins Viereck. Hoffentlich trocken, bzw. „nur“ schweißnass. Denn das wird nicht ausbleiben.
Heute wurde auf den unüberdachten Tribünen mit Fächern gefächelt, was die Dinger hergaben. Der Effekt entspricht ungefähr dem, den man erzielt, wenn man bei Starkregen einen dieser 6,99 Euro-Regenschirme tapfer gen Himmel streckt. Kann man machen, muss man nicht.
In vier Sprachen wird in den Metro- und Tram-Stationen sowie Bahnhöfen vor Überhitzung gewarnt. „Trinken Sie und halten sie auch ihre Haut feucht“. Für die Pferde ist an alles gedacht und auch Daniel Bachmann Andersen stellte sich nach seinem Ritt kurzerhand in eines der Zelte, in denen Ventilatoren Wasser vernebeln. Ich bin kein Fan von Wet T-Shirt Contest, aber wenn sich das einer erlauben kann, dann der Däne.
Einige Zuschauer kollabierten, erstaunlich wenige, wie ich finde. Denn 34 Grad sind einfach eine Herausforderung, zumal es kaum Schatten gibt und auf den Tribünen eben überhaupt nicht. Wer heute gegen Mittag in das große Pressezelt gekommen war, der hätte vermutlich seinen Kirchenaustritt spontan rückgängig machen wollen. Die Szenerie hatte etwas von der Vorhölle. Krebsrote Männchen, bevorzugt mit schwerem Kameraequipment, rannten durch die Gänge. Und an den Tischen saßen Menschen mit merkwürdig weiß-gelben Schlieren im Gesicht. Einige davon ebenfalls rot, andere eher fahl. Es sah aus, als habe man die Untoten zum Schreibdienst an Laptops verdonnert.
Die roten Gestalten waren zumeist Fotografen, die auf Sonnenschutz (der für die Schlieren in den Gesichtern der Schreibtisch-Zombies verantwortlich war) verzichtet hatten. Warum? Nicht etwa, dass sich auch schon zu den Knipskünstlern herumgesprochen hat, dass zu viel Sonne nicht so wirklich gut ist. Nein, es ist der penetrante Film an den Fingern, um den man beim Eincremen einfach nicht herumkommt, der den Fotografen Sorgen bereitet. Mit glitschigen Fingern die mehrere tausend Euro teuren Objektive ab- und umzuschrauben, birgt ein großes Risiko. Der Versicherung wird es egal sein, wenn man als Schadensgrund angibt, „ich hatte genau den einen Moment, als das Pferd in der Piaffe das Maul geschlossen und den Schweif ruhig hatte“.
Mich würde interessieren, ob die Richterinnen und Richter eine Klimaanlage in ihren Häuschen haben. Wenn nicht, dann hätten sie mein tiefstes Mitgefühl und Verständnis. Auch für ihre Notenfindung.
Die Springreiter sind gestern auch schon eingetrudelt. Ihre Pferde sind da. Heute morgen ist die Verfassungsprüfung, die erfahrungsgemäß nicht ganz so stilvoll durchgeführt wird wie bei den Buschreitern. Hoffentlich raucht niemand beim Vormustern…
Ich muss mich in aller Form für die technischen Probleme entschuldigen, die gestern unsere Webseite für Stunden außer Gefecht gesetzt hat. Das nervt Sie und Euch vermutlich. Aber eines ist sicher: Mir geht es nicht anders. Jetzt soll alles laufen, besser als zuvor habe ich aus Hamburg gehört. Hoffentlich!
Schnell noch der Blick auf die Startliste des zweiten Teils des Grand Prix: Um 10 Uhr ist Weltmeisterin Charlotte Fry mit Glamourdale dran. In derselben Gruppe sind auch noch Cathrine Dufour (DEN) und Freestyle an der Reihe (10.38 Uhr) und Isabel Werth wird sich mit Wendy ab 11.25:30 Uhr den Sonnenstrahlen aussetzen. Stichwort Strahlen – ein solches, oder zumindest recht zufriedenes Gesicht, haben die TV-Leute aus Deutschland wenn man sie nach den Einschaltquoten. Ca 2,8 Millionen Menschen haben im TV und den Streamingangeboten den Geländeritt verfolgt. Ich finde, dass diese Zahl optimistisch stimmt.
Aber zurück zur Starliste: Die Schwedin Therese Nilshagen und Dante Weltino stehen für 13.16 Uhr auf der Startliste. Im direkten Anschluss (13.25:30 Uhr) reitet Emmelie Scholtens (NED) dann Indian Rock. In der letzten Gruppe bin ich auf das Reiten des Niederländers Hans Peter Minderhoud und Toto jr. Gespannt (13.55 Uhr). Neun Minuten vor Jessi und Dalera ist die Französisch Pauline Basquin mit Sertorius dran (15.11 Uhr).
Vorm Grand Prix steht noch das Pressegespräch mit den Springreitern an. Mal sehen, was Richard Vogel so von der Eröffnungsfeier zu berichten hat!
À bientôt!