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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 21.08.2020 | Sonnige Gluthitze bei bis zu 36°C. | ||
+ Neue Debatte um Heizpilze vor Restaurants + Fragen zum Villenkauf von Gesundheitsminister Spahn + Kampf um Demokratie in Russland und Belarus + |
von Robert Ide |
Guten Morgen, Träume sind Schäume, und Tag für Tag wird uns Tagträumern mehr gewahr: Diesen Sommer der versuchten Lockerheit können wir uns nicht mehr lange aufschäumen. Der Herbst der Pandemie naht mit einer immer höheren Bugwelle, die noch manche Gewohnheit hinwegspülen und einige Träume unter sich begraben könnte. Zum Beispiel von einem Getränk oder einem Essen unter freiem Himmel, weil drinnen die womöglich krankheitsbringende Luft nicht richtig gut verduften kann. Wie also wird im Herbst und Winter das Bier „für hier“ aufgeschäumt, wenn sich weiterhin kaum einer in die Cafés und Restaurants hineintraut? Die Betreiber wollen nun aus Sorge Pilze neben jedes Pils stellen – Heizpilze, obwohl die ja fürs Klima giftig sind. Berlins Bezirke sagen dazu in all ihrer berlinischen Bezirklichkeit: „Nein“ (Friedrichshain-Kreuzberg), „Vielleicht“ (Charlottenburg-Wilmersdorf), „Weiß nicht“ (weil das Verbot doch „Vorgabe des Landes“ sei; Pankow) oder „Kommt drauf an“ (auf die Emissionswerte; Treptow-Köpenick). Und so bleibt den Barbetreiberinnen und Restaurantbesitzern (ganze Recherche hier bei Tagesspiegel plus) wohl nur, sich lieber keine wutschäumenden Gedanken um ihre Zukunft zu machen. Und wir zittern weiter, was passiert, falls dieser Sommertagtraum seine Schaumkrone verliert. | |||
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Herbstlich willkommen in der Realität! Seit dem Revolutionsherbst 1989 hat sich Berlin neu erfunden, als Hauptstadt mit Kiezhausenanschluss und Kleinflughafen, genauso als Weltstadt und Allerweltsliebling Kreuzberg. Und doch sind manche Ecken geblieben, als sei die deutsch-deutsche Einheit eine Keinheit, als seien die Zeiten ohne die Zeitenwende stehen geblieben, auch wenn die Menschen weitergegangen sind (manche mussten dafür wieder aufstehen) und heute fast achtlos, aber nicht ohne Achtung an den Orten ihrer eigenen Verortungen vorbeilaufen. Wo also ist Ost-Berlin noch Ost-Berlin geblieben? Vielleicht ja am Strausberger Platz, wo der metallummantelte Brunnen noch immer die einstige Prachtstraße des Sozialismus besprudelt (Foto hier) – und wo man sich im einstigen „Haus des Kindes“ zwar nicht mehr Kinderfilme für ein paar Pfennige ansehen kann, dafür aber Design-Kindermöbel für ein paar zu viele Euros kaufen darf? Und West-Berlin – lebt es womöglich noch in Wilmersdorf, wo man den früheren Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen bei der Fleischerei Bachhuber trifft und wo die sensiblen Fahrstühle der opulenten Wohnhäuser erst zwei Sekunden im vierten Stockwerk stehen geblieben sein müssen, ehe man sie von innen öffnen kann? Verraten Sie uns die Orte, an denen die neue Zeit scheinbar spurlos vorbeigezogen ist – und mailen Sie uns Ihre Tipps für Ost- und West-Berlin an berlin@tagesspiegel.de. Wir suchen sie dann auf, um nach 30 Jahren frische Spuren zu suchen. Denn Geschichte vergeht nicht, so lange sie aus Geschichten gemacht wird. | |||
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So, jetzt erst mal ein paar gute Meldungen: 1.) Der BER ist richtig hübsch geworden – oder wie Berliner sagen würden: nicht voll hässlich. Unser Architekturkritiker Bernhard Schulz schreibt nach einem Rundgang mehr be- als entgeistert: „BER ist ein Ort zum Abfliegen wie zum Ankommen, mit begrenzter Verweildauer und ohne Sensation.“ Nach mehr als 3000 Tagen Verweildauer ist das nicht weniger als genau das: eine Sensation. 2.) Der Friedrichstadt-Palast an der Friedrichstraße darf bleiben, wie, was und wo er ist. Im rot verteppichten und funkelnd verkronleuchterten Revuetheater mit seichter Wasserbühne und harten Zuschauersitzen wurde zu DDR-Zeiten im „Kessel Buntes“ ein allabendliches Allerlei des Show-Sozialismus zusammengerührt. Nun bleibt der Palast, in dem seit Jahren auch die Berlinale und manch ungeniertes Tanztheater gastiert, auf Dauer unberührt. Am Donnerstag wurde das Haus unter Denkmalschutz gestellt, was die Kulturverwaltung zu folgender Denkschrift veranlasste: „Der Palast vereint Anklänge des Jugendstils und Art déco mit Merkmalen des DDR-Plattenbaus – im Stil der sozialistischen Postmoderne.“ Wer hätte gedacht, dass Platten noch mal modern werden? 3.) 36 Grad – und ab jetzt wird’s kälter. | |||
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Die immer wieder von vorne laufende Soap „Schlechte Zeiten, schlechte Zeiten“ in der Berliner SPD hat auch ihre guten Seiten. Denn sie richtet alle Kamerablicke darauf, wie hier innerparteilich Politik gemacht wird: von Männernetzwerken, von Frauennetzwerken. Staatssekretärin Sawsan Chebli, die im Rennen um das Bundestagsmandat in Charlottenburg-Wilmersdorf als Außenseiterin gegen ihren Regierungschef Michael Müller antritt, beschreibt es bei einem Treffen mit meiner Kollegin Anke Myrrhe so: „Würde ein Mann das gleiche machen wie ich jetzt, würde man sagen: Wow, hat der Mumm, der zeigt Stärke, Wahnsinn.“ Immerhin in einem ist sich die SPD, die eigentlich zur Abwechslung mal als Selbstversöhnende Partei Deutschlands antreten wollte, inzwischen einig: Das alles ist tatsächlich Wahnsinn. Und alle anderen Wahlkämpfer der Partei singen Seit an Seit im Chor: Hölle. Hölle. Hölle. | |||
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Unterm Himmel von Berlin möchten wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, zu einem mit Abstand schönen Abend einladen. Am Montag, den 31. August, empfangen wir Sie gemeinsam mit den Yorck-Kinos zu einem Gesprächsabend mit Liebesfilm im Sommerkino Kulturforum. Ab 20 Uhr (Einlass 19.30 Uhr) sprechen wir hier am Potsdamer Platz mit Kultursenator Klaus Lederer (Linke) über Kino in Krisenzeiten und Landespolitik im Pandemiemodus. Mit dabei sind auch Checkpoint-Comiczeichnerin Naomi Fearn sowie die Berliner Schauspielerin Lena Urzendowsky und Regisseurin Leonie Krippendorff. Sie stellen ihren Coming-of-Age-Streifen „Kokon“ vor; eine moderne Miniatur über das Erwachsenenwerden eines jungen Mädchens in Berlin und ihre neu entdeckte Liebe zu einer Schulfreundin in Kreuzberg. Der Anlass für den besonderen Abend ist gleich ein doppelter: Der Tagesspiegel wird im Herbst 75 Jahre alt und will an einem besonderen Platz in Berlins Mitte zum Nachdenken und Träumen anregen über die Stadt, die immer weiter wächst und nie erwachsen wird. Und die „Checkpoint“-Kinogruppe meldet sich nach der Corona-Pause wieder zurück im Film. Karten gibt es für 11 Euro im digitalen Vorverkauf hier. Und zwei Mal zwei Freitickets vergeben wir an die ersten Einsendungen unter checkpoint@tagesspiegel.de. Wir sehen uns – inmitten von Berlin! Im digitalen Vorverkauf hier: https://yorck.de/kokon-tagesspiegel. | |||
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