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HelloFresh & Shop Apotheke – Dead Cats oder Fallen Angels?

Lieber Geldanleger,

 

E-Commerce ist nicht mehr angesagt, so viel kann man seit dem Jahres-Start mal feststellen. Die Umsätze fallen, allerdings auch beim stationären Einzelhandel. Die hohen Preissteigerungen und das Auslaufen einiger staatlicher Corona-Hilfsmaßnahmen bremsen die Kauflaune.

Hinzu kommen die weiterhin gestörten globalen Lieferketten, der anhaltende Ukraine-Krieg, die immer häufiger auch zu leeren Regalen oder fehlenden Online-Angeboten führen, sowie die Zinssteigerungen der letzten Monate.

Und oben drauf kommt auch noch die Psychologie, die seit jeher ein gewichtiger Einflussfaktor ist. Denn wenn die Menschen ständig zu hören und zu lesen bekommen, dass alles nur noch schlechter werden kann und wird, dann drückt das ihre Stimmung und sie halten ihr Geld lieber zusammen, als es für Konsum oder Investitionen auszugeben.

Zu den Leidenden gehören nicht nur kleine Buden, sondern Weltkonzerne. So musste Amazon Rückgänge im Online-Shopping hinnehmen und auch Walmart hat schwer zu kämpfen. Die Anleger reagieren verschnupft auf die entsprechenden Meldungen. Dabei gehört zur Wahrheit allerdings auch, dass die Anleger zu verwöhnt sind. Die deutlich zweistelligen Wachstumsraten aus den Corona-Jahren 2020 und 2021 haben bei vielen die Erwartung geweckt, dass es endlos so weitergehen würde. Das war natürlich utopisch und diese hohen Erwartungen mussten geradezu enttäuscht werden.

Das hat dann nicht nur die Aktien der betroffenen Unternehmen erwischt, sondern die Missstimmung der Anleger ergriff gleich den ganzen Sektor und riss die Aktien der Wettbewerber gleich mit in die Tiefe. Angesichts der ohnehin labilen Börsenlage führte dies zu einem weiteren Sell-off bei vielen Wachstums-Werten. Dabei wurde dann aber alles über einem Kamm geschoren und auch Unternehmen, die weiterhin top Zahlen vorlegten, wurden mit abgestraft.

Costco ist eines davon, wo der Kurs vom Hoch zwischenzeitlich 30% abgegeben hatte, während das Unternehmen weiterhin zweistellig wachsende Umsatz- und Gewinnzuwächse aufweist. Und noch immer liegt der Kurs 20% bzw. mehr als 100 US-Dollar unter seinem Höchststand aus dem April.

Leseempfehlung:Ungewissheit lässt Kurse purzeln – aber Costco läuft einfach...

Mit Zalando kam nun ein weiterer Corona-Gewinner mit einer Schockmeldung um die Ecke und strich die Jahresziele teilweise sehr deutlich zusammen. Die Nachricht kommt eigentlich nicht überraschend, sie sendete aber dennoch eine weitere Schockwelle durch den Onlinehandels-Sektor und ließ viele Kurse weiter einbrechen. Nicht nur bei den Mode-Händlern, sondern auch in anderen Branchen. Alles, wo E-Commerce draufsteht, wird in Sippenhaft genommen. Das ist schmerzlich für die Anleger, die in hervorragend laufenden Unternehmen investiert sind, die aber ebenfalls kräftige Kursrückgänge zu verzeichnen haben.

Das zehrt beim Blick ins Depot an den Nerven, das trübt die Stimmung und es unterminiert den eigenen Investmentcase. Denn es ist nur allzu menschlich zu denken, dass fallende Kurse bedeuten würden, die eigenen positiven Überlegungen zu dem Unternehmen seien falsch. Denn, so tönt unser Unterbewusstsein, wenn unsere Überlegungen richtig wären, würden ja nicht so viele andere so viele Aktien verkaufen und der Kurs deshalb fallen.

„Die anderen sind schlauer“ oder „die anderen wissen mehr“ oder „mir entgeht hier etwas Wichtiges“ sind die Schlagzeilen unserer Empfindungswelt, wenn die Aktienkurse unserer Aktien fallen. Anlegers Selbstbewusstsein ist ziemlich einfach zu erschüttern. Dabei ist unser Gegenpart an der Börse der manisch-depressive „Mr. Market“, den Benjamin Graham ins Leben rief als Sinnbild für die Dummheiten, zu denen Aktien-Anleger sich verleiten lassen.

„Die Aufgabe von ‚Mr. Market‘ ist es, Ihnen Preise zu nennen; Ihre Aufgabe ist es, zu entscheiden, ob Sie darauf reagieren wollen. Sie müssen nicht mit ihm handeln, nur weil er Sie ständig dazu auffordert.“
– Benjamin Graham –

Anders ausgedrückt: Nur weil einem die Möglichkeit geboten wird, Aktien zu verkaufen, muss man dieses Angebot nicht annehmen. Und nur, weil jemand anderes dieses dann doch tut und wir den aktuellen Kurs dann an der Börse angezeigt bekommen, heißt das nicht, dass dieser Kurs den wahren Wert der Aktie darstellt. Denn der Kurs kam auf Grundlage eines einzigen Kaufvertrags zustande zwischen zwei Personen, die wir beide nicht kennen und über deren Motive, weshalb der eine die Aktien gekauft und der andere verkauft hat, wir ebenfalls nichts wissen.

Und es ist auch stets zu bedenken, dass der Verkäufer hauptsächlich von dem Gedanken geleitet wird, zu verkaufen. Wenn der Kurs gerade bei 100 EUR steht, verkauft er zu 100 EUR. Steht er bei 80 EUR, verkauft er zu 80 EUR. Die meisten Aktionäre verkaufen ihre Aktien nicht, weil sie glauben, der Kurs würde unter den wahren Wert der Aktie fallen. Nein, sie verkaufen, weil sie in „Verkaufslaune“ sind, weil sie Panik haben, weil die Kurse fallen, weil sie Geld benötigen oder irgendeinem anderen der unzähligen Gründe. Und deshalb ist es unsinnig, den Kurs einer Aktie zum Maßstab zu nehmen, was die Aktie als Unternehmens-Anteil wirklich wert ist.

„Mr. Market ist dazu da, um Dir zu dienen, nicht um Dich zu führen. Es ist sein Notizbuch, nicht seine Weisheit, die Dir nützlich sein wird.“
– Warren Buffett –

Das führt uns konsequenterweise zum nächsten Schritt: Wenn wir Mr. Market als wankelmütigen und nicht ernst zu nehmenden Luftikus erkannt haben, dann können wir seine Launen auch zu unserem Vorteil ausnutzen. Und genau das rät uns Warren Buffett, der bei Benjamin Graham in die Lehre ging und der wohl erfolgreichste Investor aller Zeiten ist.

Er rät uns, uns auf den Wert einer Aktie zu konzentrieren und mit diesem Einkaufszettel abzuwarten, bis Mr. Market uns einen Preis nennt, der deutlich unter diesem wahren Wert liegt. Wenn wir hier zuschnappen, machen wir auf jeden Fall ein gutes Geschäft, denn wir kaufen eine Aktie unter Wert.

„Die Frage, wie man reich wird, ist leicht zu beantworten. Kaufe einen Dollar, aber bezahle nicht mehr als 50 Cent dafür.“
– Warren Buffett –

Unser günstiger Einkauf bedeutet aber natürlich nicht, dass wir zum Tiefstkurs gekauft haben. Der Aktienkurs kann auch noch weiter fallen – und unsere Psyche spielt uns dann wieder übel mit. Denn sie lobt uns nicht etwa dafür, dass wir einen Dollar für 50 Cent gekauft haben, sondern beschimpft uns dafür, dass wir nicht erst bei 40 Cent zugegriffen haben, wo der Kurs später noch lag.

Tja, unsere eigene Psyche und Mr. Market sind Seelenverwandte. Und wir sollten beide möglichst ignorieren bei Börsengeschäften. Denn wenn wir auf sie hören, kostet es uns meistens viel Geld. Wir sollten lieber immer rational agieren beim Aktienkauf und beim Aktienverkauf und uns die psychologischen Ausraster der anderen Anleger zunutze machen.

„Erfolgreiches Investieren bedeutet, dass alle Deiner Meinung sind... später.“
– James Grant –

Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Aber getan werden kann es. Man muss halt den Wert einer Aktie kennen, ihn ermitteln. (Nur) dann kann man ihn mit dem aufgerufenen Preis vergleichen, also dem Kurs, und feststellen, ob Mr. Market einem hier gerade ein Schnäppchen vor die Nase hängt oder einen überteuerten Ladenhüter.

Und wenn man dann – hoffentlich beim Schnäppchen – zugeschlagen hat, dann braucht man Geduld. Benjamin Graham nannte sie die oberste Tugend des Investors. Sie ist nötig, weil sich die Aktien nicht sofort so entwickeln, wie wir uns das vorstellen. Nur, weil wir wissen, dass die Aktie 1 Dollar wert ist, die an der Börse gerade für 50 Cent gehandelt wird, erkennen das nicht zwangsläufig alle anderen auch. Und schon gar nicht sofort. Das kann dauern. Tage, Wochen, Monate, manchmal Jahre. Aber irgendwann erkennt die Börse den wahren Wert einer Aktie und zahlt den richtigen Preis. Nicht selten sogar deutlich mehr, wenn die Aktie nämlich „entdeckt“ wird und Börsen-Blättchen und Börsen-Gurus über sie berichten und die Nachfrage daher stark steigt.

Der Kernaspekt bleibt aber immer gleich: Man muss wissen, was man für Aktien besitzt, und man muss wissen, weshalb man sie besitzt. So schreibt es uns Peter Lynch ins Stammbuch, der beste Fonds-Manager der 1980er Jahre, den sogar Warren Buffett in seinen Aktionärs-Briefen zitiert hat.

Leseempfehlung: „Der Börse einen Schritt voraus“ von Peter Lynch

Nach dem Vorspiel gehen wir nun in die Offensive und schauen uns zwei ausgebombte Corona-Gewinner und E-Commerce-Spezialisten an, um herauszufinden, ob in ihren Aktien versteckte Werte schlummern oder ihre Kurse zurecht niedergeknüppelt wurden. Wir checken also, ob sie Dead Cats sind oder Fallen Angels.

Und damit habe ich, total elegant, endlich die Kurve gekriegt zur Überschrift des Artikels. Na bitte, geht doch...


 HelloFresh 

HelloFresh ist ein weltweit führender Anbieter von „Kochboxen“ für Verbraucher, also Paketen mit vorbereiteten Zutaten und einem Rezept, die im Abonnement erhältlich sind. Das Unternehmen wurde 2011 gegründet und befindet sich seitdem auf Wachstumskurs. In der Corona-Pandemie mit Kontakt-Beschränkungen und Lockdowns gehörte HelloFresh wie so viele Lieferdienste zu den ganz großen Gewinnern.

Und nicht erst seitdem werden die Berliner von Zweifeln begleitet, ob das Geschäftsmodell nachhaltig und gegen Konkurrenz gut zu verteidigen sei. Wie sich in den Geschäftszahlen immer wieder zeigt, liegen die Skeptiker zumeist falsch, das belegt nicht nur der DAX-Aufstieg. Doch der Aktienkurs folgt schon seit einiger Zeit nicht mehr den operativen Fortschritten und hat einen großen Teil seiner vorherigen Gewinne wieder abgegeben.

Pizzen und Fast Food sind nicht jedermanns Geschmack und da die Lust der Menschen am Kochen ungebremst ist, konnte und kann sich hier HelloFresh mit seinen Kochboxen immer besser etablieren. Denn es erspart das lästige Einkaufen, das dank Corona noch weniger Spaß macht als ohnehin schon, und die Lebensmittel kommen frisch und abgewogen ins Haus. Des Weiteren kommen nicht nur die Lebensmittel ins Haus, sondern damit verbunden auch abwechslungsreiche Rezepte und Tipps rund ums Kochen.

Doch Kochboxen werden allgemein als Luxus angesehen, als Mode-Erscheinung, als Hype. Dementsprechend gab und gibt es immer laute Zweifel, dass die Umsätze und Gewinne von HelloFresh „borrowed time“ sind, also nur vorübergehend. Im Grunde erwarten die Zweifler stets den unmittelbar bevorstehenden operativen Absturz.

Und der Gedanke, dass die Menschen im „neuen Normal“ ohne Corona wieder in die Restaurants und Gaststätten gehen und auf die Kochboxen von HelloFresh verzichten, klingt auch überzeugend. Und er hält sich hartnäckig, auch wenn ihn die Fakten seit vielen Quartalen widerlegen.

Dabei kämpfen die größten Wettbewerber von HelloFresh, wie Blue Apron oder Marley Spoon, mit erheblichen Schwierigkeiten. Blue Apron war früher der unangefochtene Marktführer in den USA bis HelloFresh die Amerikaner im Sturm eroberte. Ende 2021 liegt HelloFreshs Marktanteil in den USA bei 69%, besagen Untersuchungen von Bloomberg Second Measure.

Blue Apron kämpft hingegen mit fallenden Abonnentenzahlen, sinkender Qualität, steigenden Beschwerden und massiven Finanzproblemen. Bisher sind Investoren bereit, immer mal wieder Millionen in das Unternehmen zu stecken, doch diese werden umgehend verbrannt.

Blue Apron fiel sogar hinter Home Chef zurück, die 2018 von The Kroger für 700 Mio. US-Dollar übernommen wurden und seitdem ordentlich Rückenwind erfahren haben. Allerdings ist dieser auf die Nachfrage der Kroger-Kunden begrenzt; außerhalb dieses Spektrums kann Home Chef im Vergleich zu HelloFresh nicht wirklich punkten.

Ganz anders bei HelloFresh: Das Unternehmen konnte im 1. Quartal 2022 seinen Umsatz gegenüber dem starken Vorjahreswert um 33% auf 1,9 Mrd. US-Dollar steigern. Dabei waren Anfang 2021 die Rahmenbedingungen für Essens-Lieferungen weitaus besser mit den damals aktiven Lockdowns in den USA und Deutschland.

Die operative Marge von 5,1% ist dabei durchaus beeindruckend, denn die Preise für Lebensmittel sind enorm gestiegen, vor allem seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Das belastet HelloFresh enorm auf der Kostenseite und das Unternehmen reagierte mit Preisanhebungen – die von den Kunden ohne größere Kündigungswelle akzeptiert wurden. Das ist auf kurze Sicht erfreulich und zeigt, dass HelloFresh mit seinem Angebot eine zunehmende Preissetzungsmacht hat – eine nicht unerhebliche Erkenntnis im Hinblick auf die anhaltend hohe Inflationsrate und die hohen Preise.

So ist die Kundenzahl in den USA im 1. Quartal im Vorjahresvergleich von 3,52 Mio. auf 4,25 Mio. gestiegen und international (ohne Preiserhöhung) von 3,7 auf 4,27 Mio. Auch das durchschnittliche Ordervolumen je Bestellung (AOV) stieg in den USA von 59,2 EUR auf 63,1 EUR, während es International von 47,8 auf 47 EUR leicht zurückging. Die Bestellrate blieb in den USA mit 4,1 (je Quartal) konstant, während sie International von 4,1 auf 4,0 zurückging. Alle Werte deuten darauf hin, dass die Preiserhöhungen keine negativen Auswirkungen gehabt haben und sich damit auch die operative Marge wieder merklich verbessern dürfte.

Sofern sich dieser Trend in den nächsten Quartalen bestätigt, wenn auch außerhalb der USA einige Preisanpassungen erfolgen dürften, würde dies die Kritiker widerlegen, die stets behaupten, in Krisenzeiten würde zuerst bei Kochboxen und damit bei HelloFresh gespart.

Der Umsatz-Anteil der USA liegt inzwischen bei 55%, Australien um die 15%. Deutschland dürfte auf gut 10% kommen. Wenn man also immer wieder mal liest, dass in Deutschland der Markt für Essens-Lieferungen so hart umkämpft ist und dass kaum ein Unternehmen damit Geld verdient und nun viele Startups Leute entlassen, dann sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass für HelloFresh die Musik schon längst nicht mehr in Deutschland spielt, sondern vor allem in den USA.

Hier wie dort kommt der Erfolg von HelloFresh nicht von ungefähr. Das Unternehmen hat seine eigene Logistik aufgebaut und expandiert in weitere Geschäftsfelder, wie den Verkauf von Fertiggerichten. Damit können mehr Kunden adressiert und die eigene Logistik sowie der Wareneinkauf besser ausgelastet werden. Und auch in Technologie wird laufend investiert, um die internen Abläufe und die Kundenerfahrung stetig zu verbessern.

Während viele E-Commerce-Unternehmen ihren Umsatzhochpunkt in Q1/2021 hatten und seitdem schwächeln, wächst HelloFresh ungebremst weiter und erzielt in jedem Quartal neue Umsatzrekorde. Die Profitabilität ist etwas zurückgegangen, was aber an den nochmals gesteigerten Investitionen in die eigene Logistik-Infrastruktur liegt. Und die wurde zu einem Schlüsselfaktor und Wettbewerbsvorteil von HelloFresh, so dass jeder hier ausgegebene Cent Mehrwert für das Unternehmen und die Aktionäre schafft.

Die Aktie von HelloFresh ist im Corona-Hype zurecht stark gestiegen. Der starke Einbruch ist hingegen nicht gerechtfertigt, sondern wohl ganz überwiegend Folge des Absturzes so vieler Corona-Gewinner-Aktien. Man kann HelloFresh wohl als Kollateralschaden bezeichnen. Das Unternehmen floriert und gibt sich keine Blöße. Der Aktienkurs wird das auch irgendwann wieder widerspiegeln. Ein Weltmarktführer im Sonderangebot.

HelloFresh (ISIN: DE000A161408)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 21/22e/23e
Kurs
A16140 / HFG
5,2 Mrd. EUR
48 / 24 / 16
30,19 EUR


 Shop Apotheke Europe 

Shop Apotheke Europe ist einer der Pioniere beim Medikamenten-Versandhandel, einem boomenden Wachstums-Markt. Die Bestellung von rezeptfreien und verschreibungspflichtigen Medikamenten sowie Nahrungsergänzungsmitteln über das Internet kommt immer mehr in Mode, auch wenn in Deutschland die bestehenden Strukturen der Apotheken-Versorgung gesetzlich geschützt werden.

Dabei wächst der Gesundheitsmarkt ohnehin aufgrund des demographischen Wandels und dem stärker werdenden Wunsch, länger aktiv am Leben teilhaben zu können. Auf den ersten Blick spielen dem Unternehmen also alle Trends in die Karten. Der Kursverlauf zeigt allerdings, dass nicht alles richtig rund läuft.

Beim Blick auf den 5-Jahres-Chart sieht man, dass der Kurs von Shop Apotheke eigentlich erst mit Ausbruch der Corona-Pandemie so richtig ins Laufen kam. Nachdem es 2017 eine Kursverdopplung gegeben hatte, konsolidierte der Aktienkurs die nächsten 2 Jahre relativ impulslos. Ab März 2020 schoss er dann innerhalb von 12 Monaten von 50 auf beinahe 250 Euro in die Höhe. Die annähernde Ver-5-fachung des Kurses belegt: Shop Apotheke war ein klarer Corona-Gewinner!

Apotheken gehören zu den systemrelevanten Unternehmen, die auch während des Lockdowns geöffnet blieben. Der hohe Kostendruck hat die Unternehmen allerdings schon vor dem Corona-Ausbruch dazu verleitet, an Sonn- und Feiertagen immer seltener für die Kunden da zu sein, so dass diese unter Umständen 20 oder 30 Kilometer durch die Gegend fahren müssen, um zur geöffneten "Not-Apotheke" zu gelangen.

Das erzeugt Unmut und erhöht nicht gerade die Kundenbindung. Darüber hinaus haben Apotheken häufig nur noch die gängigsten Medikamente vorrätig, so dass man nicht selten zu einem zweiten Besuch aufgefordert wird, wenn das Medikament dann bestellt und vorrätig ist. Sowas nervt und gerade in Corona-Zeiten spart man sich gerne jeden unnötigen weiteren Anlauf.

Daher probieren immer mehr Menschen die Online-Bestellung bei Versand-Apotheken aus und wer diesen Weg erst einmal liebgewonnen hat, bleibt oft auch dabei. Denn die Preisunterschiede, die zwischen einzelnen, auch räumlich nahe gelegenen, Apotheken herrschen können, kann man beim Präsenzeinkauf vor Ort ja nicht wirklich ausschöpfen. Online kann man die Preise hingegen umgehend und einfach vergleichen und so gutes Geld sparen.

Doch Shop Apotheke wurde Opfer des eigenen Erfolgs. Der enorme Kundenansturm konnte nicht mehr bewältigt werden und so investierte man in ein neues Logistikzentrum. Dabei lief jedoch nicht alles glatt und es gab erhebliche Probleme und Verzögerungen.

Deshalb musste das Unternehmen viele Monate lang beide Versandzentren parallel laufen lassen und das sorgte für Falschlieferungen, Fehler und lange Versandverzögerungen. Genau das, was Kunden nicht wollen. Inzwischen läuft es wieder rund in Sachen Lagerhaltung und Logistik – nur die Auslastung ist deutlich niedriger als geplant.

Das liegt aber an externen Faktoren und hier vor allem an den ewigen Verzögerungen bei der Einführung des eRezepts. Bereits zum Januar 2022 sollte die Einführungspflicht greifen und gesetzlich Versicherte sollten QR-Codes erhalten anstatt rosa Papier. Doch die ursprünglich auf 3 Monate angelegte Testanwendung in einigen Praxen, Klinken und Apotheken in Berlin und Brandenburg wurde zunächst bis Ende November verlängert und dann doch wieder auf unbestimmte Zeit verschoben.

Grund ist, dass viele Arztpraxen noch gar nicht die technische Möglichkeit haben, eRezepte auszustellen. Ihnen mangelt es an zertifizierten Updates für ihre Praxisverwaltungssysteme. Nicht die erste Digitalisierungspanne in Deutschland und schon gar nicht im Gesundheits-Sektor.

Doch nun gibt es langsam richtige Hoffnung, denn die Pilotprojekte in den Testregionen laufen erfolgreich und so könnte die flächendeckende Einführung des eRezepts wirklich „in absehbarer“ Zeit erfolgen.

Für Shop Apotheke, Doc Morris und andere Anbieter würde sich die Bestellung rezeptpflichtiger Medikamente nach der Einführung des elektronischen Rezepts deutlich vereinfachen. Die eingeplanten Umsatzsteigerungen haben sich immer wieder verschoben, was in der Folge die Geschäftszahlen und die Prognosen belastete. Das schmeckt weder dem Unternehmen noch den Patienten. Und den Aktionären auch nicht, wie man am Kursverlauf ablesen kann.

Shop Apotheke Europe NV (ISIN: NL0012044747)
WKN / Kürzel
Börsenwert
KGV 21/22e/23e
Kurs
A2AR94 / SAE
1,6 Mrd. EUR
neg. / neg. / neg.
89,59 EUR


Auch die Zahlen zum 1. Quartal 2022 waren entsprechend in Mitleidenschaft gezogen. Denn bislang verursachte die Vorbereitung auf das eRezept bei Shop Apotheke vor allem hohe Kosten für die Anwerbung neuer Mitarbeiter und die Logistik. Das Unternehmen rutschte dadurch 2021 auch operativ in die roten Zahlen und mussten seine Prognosen mehrfach kürzen.

Auch im 1. Quartal schrieb man operativ noch Verluste und für das Gesamtjahr könnte im schlimmsten Fall ebenfalls mit einer negativen Betriebsmarge zu rechnen sein. In den deutschsprachigen Ländern brach der Umsatz sogar um knapp ein Drittel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein, als Corona-bedingt noch mehr über das Internet bestellt wurde. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten stockt es, während Shop Apotheke kräftig beim Geschäft mit nicht verschreibungspflichtigen Produkten wächst.

In den internationalen Märkten lief es hingegen im Auftaktquartal deutlich besser; hier treibt Shop Apotheke seine Expansion voran, zum Beispiel mit dem nahe Mailand gelegenen ersten Distributionszentrum außerhalb der Niederlande. Das geht natürlich zunächst ins Geld und belastet die Margen.

Shop Apotheke will aber mehr werden als nur ein Online-Shop. Dafür hatte man vor gut einem Jahr für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag Smartpatient erworben, den führenden Anbieter im Bereich des Medikations-Managements. Von deren digitalem Medikations-Management verspricht sich Shop Apotheke eine verstärkte Kundenbindung, vor allem bei chronisch kranken Patienten. Die MyTherapy-App von Smartpatient wird von knapp 1,5 Mio. Patienten aktiv genutzt.

Die Online-Apotheke bietet neben dem Shop einen umfassenden pharmazeutischen Beratungsservice und expandiert im Bereich der digitalen Gesundheits-Dienstleistungen. Dies ist Teil der Strategie, sich von einem reinen Online-Händler zu einer kundenzentrierten Online-Apotheken-Plattform zu entwickeln.

An der Börse wird die Zukunft gehandelt. Shop Apotheke expandiert und wächst international stark. Der Wandel vom reinen Online-Shop zu einer Apotheker-Plattform ist vielversprechend, weil man so vom Wettbewerber zum Dienstleister werden kann. Und wenn das eRezept dann endlich doch noch Fahrt aufnimmt, kann Shop Apotheke die anspringende Nachfrage aus dem dann einwandfrei funktionierenden erweiterten Logistikzentrum bedienen.

Zur Freude der Umsätze, der Marge und der Aktionäre, denn aus den Kursen dürfte inzwischen jegliche Hoffnung auf die erfolgreiche Einführung des eRezepts ausgepreist sein. Der Kurs pendelt seit einiger Zeit um die 90 EUR, nachdem er im Frühjahr zweimal sogar bis unter 70 EUR gedrückt worden war. Es sieht fast so aus, als wäre hier langsam der Boden gefunden und dass die Anleger sich wieder auch mal auf die positiven Aspekte besinnen.


Mein Fazit

Panik ist ein schlechter Ratgeber und Panik regiert seit Monaten das Börsengeschehen. Die makroökonomischen Daten bereiten keinen Anlass zur Freude, viele Entwicklungen bereiten eher zur Skepsis Anlass. Auch die Geschäftszahlen vieler Unternehmen fallen schlechter aus als das vor einigen Monaten noch erwartet wurde. Allerdings waren die absoluten Zahlen zum 1. Quartal oftmals gar nicht so schlecht, sondern lediglich beim Vergleich zum sehr starken Vorjahres-Quartal.

Aber der Blick nach vorn ist von Angst geprägt und für das zweite und auch das dritte Quartal wird überwiegend Negatives erwartet von Krieg, Zinsen, Wirtschaft, Energie-Preisen. Das drückt die Stimmung und die Kurse.

Andererseits wird an der Börse die Zukunft gehandelt und man sollte heute nicht aufgrund der heutigen Meldungen investieren, sondern in das, was man in 12 oder 18 Monaten erwartet. Diese Zukunft wird heute an der Börse eingekauft. Und unter diesem Aspekt dürften HelloFresh, aber auch Shop Apotheke ein überdurchschnittlich gutes Chance/Risiko-Verhältnis aufweisen. Beide Aktien sind daher einen genaueren Blick wert. Und vielleicht etwas Geld...


Die heutige Ausgabe entstand wieder in Zusammenarbeit mit Michael C. Kissig,
Value Investor und Betreiber des Blogs
„iNTELLiGENT iNVESTiEREN“.

Offenlegung wegen möglicher Interessenkonflikte:
Die Redakteure/Autoren sind in den folgenden besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Kommentars investiert: Amazon, Costco, HelloFresh & Shop Apotheke

Weitere Informationen dazu findest Du hier...

 

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Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen &
ein schönes Wochenende wünscht Dir

Dein
Armin Brack
Chefredakteur Geldanlage-Report

>> Die nächste Ausgabe erscheint am 2. Juli

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