Liebe Leserinnen und Leser,
 

heute ist der Tag der Entscheidung. Wird es beim winterlichen Cocooning bleiben, bei Rotwein, Kuscheldecke und Dauerregression, oder können wir bald wieder unsere verschneiten Biedermeier-Häuschen mit den Katzen auf den Kaminsimsen und den Wölkchen über den Rauchschloten wenigstens für einen kleinen Spaziergang verlassen? Denken Sie jetzt bitte nicht, Sie hätten eine weitere Lockdown-Runde zwischen den Ministerpräsidenten und der Kanzlerin verpasst. Nein, diesmal geht es um etwas anderes, um Größeres, ja, Gewaltigeres. Es geht um den Winter an sich. Mag man eine Pandemie vielleicht tatsächlich mit politischen Mitteln bekämpfen können, beim Winter ist selbst die Ministerpräsidentenkonferenz machtlos.


Der Winter nämlich liegt in der Hand der Tiere, genauer gesagt der Murmeltiere. Seit dem Jahr 1841 begeht man daher im US-Bundesstaat Pennsylvania an jedem 2. Februar eines Jahres den sogenannten „Groundhog Day“, den Murmeltiertag. Importiert wurde der vermutlich aus Deutschland. „Wenn der Dachs zu Maria Lichtmeßen, mittags zwischen 11 und 12 Uhr seinen Schatten sieht, so muß er noch vier Wochen in seinem Baue bleiben“, heißt es in einer alten westfälischen Bauernweisheit. Da es in den USA aber keine Dachse gibt, hat man hier den Wetterfrosch-Job an das Murmeltier weitergereicht. Sieht das am heutigen Tag also seinen eigenen Schatten, so wird der Winter noch weitere sechs Wochen andauern.

Die Schattenseiten der politisch Verantwortlichen

Das wäre natürlich – und damit komme ich jetzt doch noch zu Merkels Ministerpräsidentenrunde – tatsächlich auch eine Methode zur Vorhersage des weiteren Pandemiegeschehens. Nicht, dass man die Länderchefs zusammen mit der Kanzlerin einmal in die Sonne stellen sollte, die Frage ist eher, ob es bei den politisch Verantwortlichen überhaupt den Willen gibt, auch einmal ehrlich auf die eigenen Schattenseiten zu schauen. Folgt man dem Text von Cicero-Wirtschaftsredakteur Bastian Brauns zum gestrigen Impfgipfel, dann erwecken die Beteiligten eher nicht den Eindruck.


Ähnlich ist es übrigens auch bei der Riester-Rente. Wollten Union und SPD diese eigentlich noch in dieser Legislaturperiode reformieren, so steht die Altersvorsorge laut eines lesenswerten Textes des Wirtschaftsjournalisten Jan Schulte nicht mehr auf der Liste der geplanten Gesetzesvorhaben.


Die Botschaft an alle Murmeltiere aber auch an uns Durchschnittslangschläfer ist klar: Hier wird so schnell wohl nichts passieren. Drehen wir uns am Murmeltiertag also noch einmal um und lesen die besten Stücke auf cicero.de!


Ihr Ralf Hanselle,  Stellvertretender Chefredakteur

 
 
 
 
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