Der US-amerikanische Künstler Boris Lurie (1924-2008) hat ein radikales Werk hinterlassen, das in Bild und Wort den bürgerlichen Kunstbegriff attackiert. Allen idealistischen Erwartungen an Kunst, jeder Form von Ästhetizismus, aber auch dem kapitalistischen Kunstmarkt erteilte Lurie eine unmissverständliche Absage. Als Mitbegründer der „NO!art"-Bewegung (zusammen mit Sam Goodman und Stanley Fisher) im Jahre 1959 trat der Künstler für eine soziale Kunst ein, die ästhetische Innovation als Nebenprodukt ungehemmten Ausdrucks erzielt. Ausgesprochen kritisch stand Boris Lurie der Pop-Art gegenüber, die in den 1960er Jahren den Markt und die Museen eroberte: „Pop-Art ist reaktionär. Sie verherrlicht die Konsumgesellschaft und mokiert sich nur über den Konsum der unteren Klassen: die Suppendose, das billige Hemd. Pop-Art ist chauvinistisch." Diese Abgrenzung wird nicht geschmälert durch die Tatsache einer wechselseitigen Beeinflussung durch die geschmähten Pop-Artisten. Boris Lurie war stets offen für vielfältige ästhetische Impulse – von Pop bis Fluxus. Der Künstler jüdischer Abstammung, der in Leningrad geboren wurde und in Riga aufgewachsen war, überlebte von 1941 bis 1945 verschiedene Lager und KZ (darunter Stutthof und Buchenwald). Seine Mutter, seine Großmutter, seine Schwester und seine Jugendliebe wurden Opfer des Holocausts. Die Shoah überschattete Boris Luries weiteres Leben. 1946 wanderte er mit seinem Vater in die USA aus. In vielen Ausstellungen der vergangenen Jahre stand dieses Schicksal des Künstlers im Vordergrund. Die Ausstellung im Neuen Museum versucht, sich Boris Lurie über seine Kunst anzunähern. Werke anderer Künstler, auch solcher, mit denen Lurie keinen Kontakt hatte, werfen Schlaglichter. Solcherart kontextualisiert erweist sich Luries Schaffen als Psychogramm seiner Zeit, die den Aufschrei und den Widerspruch herausforderte. "Die Zeit für YES!art liegt noch in weiter Ferne." Eine Kooperation des Neuen Museums mit der Boris Lurie Art Foundation, New York |