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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 31.05.2021 | Strahlende Sonne bei frühlingswürdigen 21°C. | ||
+ Impftermin-Chaos: Verwaltung verschickt internen Mailverkehr + Mitte-Gastronomen sauer über Modellprojekt + Wie der Senat die Bürgerämter hängen lässt + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, wir beginnen diesen schönen Frühlingstag bei steigenden Temperaturen und sinkenden Inzidenzen (beides in Berlin zur Wochenmitte voraussichtlich bei 25) mit einer kuriosen Fortsetzung der Mail-Pannenserie in der Gesundheitsverwaltung (CP v. 29.5.) – Titel der heutigen Doppelfolge (Teil 3 und 4): „Erst hatten sie kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu“ (im Original von Jürgen „Kobra“ Wegmann). Was bisher geschah: Die Verwaltung verschickte in der Nacht zum vergangenen Freitag an 3000 Berlinerinnen und Berliner eine falsche Impfterminabsage („Änderung“), korrigierte sich einmal („Klarstellung der Änderung“) und dann gleich noch einmal („Rückruf der Klarstellung der Änderung“). Heute lesen wir die Mail mit dem Betreff „Klarstellung der Änderung“ mal bis ganz unten durch – und was sehen wir da? Die Verwaltung hat doch tatsächlich den kompletten internen Mailvorlauf mitverschickt! Aber der Reihe nach… Erste Szene (Freitag, 14.10 Uhr): Staatssekretär Martin Matz informiert einen Ralph N. darüber, dass die Senatorin „unseren Ansatz“ teilt, den Betroffenen noch eine Mail zu schicken, „in der wir uns für die Missverständlichkeit der ersten Mail entschuldigen“. Und weiter („jetzt neu“): „Die Senatorin möchte die Formulierung dieser Mail sehen und freigeben, bevor sie verschickt wird.“ Ok, wer ist Ralph N.? Seine Mailadresse verweist auf das „IMTB“ („Informationen, Menschen und Technik in Bewegung“), nach eigenen Angaben „eine der führenden eGovernment-Beratungen in Deutschland“. Ein Digitalisierungsspezialist also – mit Mails sollte er sich auskennen. Zweite Szene (Freitag, 16.25 Uhr): Ralph N. sendet dem Staatssekretär („Lieber Herr Matz“) „den Entwurf der E-Mail, die wir den Menschen senden wollen, die (…) die Vorabinformation als Absage missinterpretieren könnten“. Mit im Verteiler: Weitere MA der Verwaltung sowie eine Mitarbeiterin des Buchungsportals „Doctolib“ (das hier später noch eine Rolle spielen wird). Dritte Szene (Freitag, 19.34 Uhr): Eine Leitende Mitarbeiterin der Verwaltung (die Namen sind dem Checkpoint bekannt) schreibt: „Lieber Ralph, die Senatorin findet den Entwurf gut, lediglich der letzte Halbsatz soll gelöscht werden. Ich habe deinen Entwurf unten angepasst.“ Ok, das schauen wir uns doch nochmal genauer an. Im Entwurf stand es so: „Wir entschuldigen uns für eventuell entstandene Missverständnisse und die durch die Änderungen entstehenden Unannehmlichkeiten!“ In der Mail, die um 20.02 Uhr an die Betroffenen rausging (und um 20.12 Uhr als „Rückruf: Klarstellung“ wieder kassiert wurde) war weisungsgemäß nach „Missverständnisse“ Schluss – für die „Unannehmlichkeiten“, u.a. wegen der falschen Mail verpasste Impftermine, sollte und wollte die Verwaltung also nicht verantwortlich sein (und sich dementsprechend genau dafür auch nicht entschuldigen). Genau so stand es dann auch in der vierten Mail, die nach dem Rückruf verschickt wurde – dann allerdings ohne den internen Mailverkehr. So, Sie denken, das war’s? Wäre ja auch eigentlich genug. Aber nein, das war’s natürlich noch lange nicht. Und so geht die Geschichte weiter… Vierte Szene (Sonnabendmittag): Bei den ersten Betroffenen des Wirrwarrs geht eine Mail des Buchungsportals „Doctolib“ ein, darin die Information: „Ihr Termin musste vorschoben werden.“ Doch als die Impfwilligen den neuen Termin als Kalendereintrag öffnen, zeigt sich: Der Termin ist derselbe, Tag und Uhrzeit sind exakt so wie zuvor. Als Ort wird angegeben: „Impfzentrum Erika-Hess-Eisstadion“. Adresse: „Flughafen Tegel, 13627 Berlin“. Dass der Name der früheren Weddinger Bürgermeisterin Erika Heß falsch geschrieben wurde, ist hier nur das kleinste Problem. | |||
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Was aber nicht zu kurz kommen sollte: In vielen Mails an den Checkpoint wird immer wieder die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft in den Impfzentren selbst hervorgehoben – Pars pro Toto hier Leserin Birgit Brackrock: „Bei all der vielen und berechtigten Kritik sollte dann auch angebrachtes Lob nicht vergessen werden, denn dieses betrifft sooo viiiiiiele Mitarbeiter, in meinem Fall im Impfzentrum Arena. Das halte ich gerade in dieser schwierigen Pandemie-Zeit für doppelt wichtig!“ | |||
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Riesenärger bei vielen Mitte-Gastronomen: Warum dürfen acht Restaurants als „Modellprojekt“ jetzt schon in den Innenräumen ihre Gäste empfangen (CP v. 29.5.) – sie aber nicht? Und warum ausgerechnet das Politpromi-Lokal „Borchardt“, das trotz etlicher Auffälligkeiten (Stichworte „Lindner“ und „Polizeipanne“) bisher ohne Bußgeld durch die Corona-Krise kam? Wir haben gestern bei der IHK nachgefragt, hier die Erklärung: Es gab keinen Bewerbungsprozess, sondern Gespräche und Anfragen seit ca. 5 Monaten, „das ‚Borchardt‘ hat sich selbst gemeldet“, abgelehnt wurde niemand. Einzige Voraussetzung: ein großer Gastraum. „Es geht nicht um Gerechtigkeit, sondern um eine Perspektive für alle“ – in zweieinhalb Wochen wird ausgewertet, die Hoffnung: dass viele Restaurants auch bei höherer Inzidenz mit Testkonzepten öffnen können. Grünes Licht für das Projekt gab die Gesundheitsverwaltung erst am Freitagnachmittag. | |||
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Wirklich zum Verzweifeln ist mal wieder – nein: ist immer noch (!) die Situation in den Bürgerämtern. Gerade jetzt, da viele doch noch einen Urlaub planen und feststellen, dass ihr Ausweis verlängert werden muss, gibt es null Komma null freie Termine (nur wer den ganzen Tag über nichts anderes zu tun hat, als auf der Senatswebsite im Sekundentakt auf den „Termin berlinweit suchen“-Button zu klicken, hat vielleicht Glück). Wollen wir nochmal kurz in den Koalitionsvertrag von 2016 (!!) schauen? Ok? Ok: + „Wir wollen die gute Entwicklung unserer Finanzen nutzen, um für die Berliner*innen eine gute Infrastruktur zu schaffen (…) und besonders die Bezirke in die Lage zu versetzen, ihre wichtigen Leistungen schneller und besser zu erledigen.“ (S.8) + „Die von den Bezirken vorgeschlagenen Ziele für 2017, dass Bürger*innen innerhalb von 14 Tagen ihr Anliegen in einem Berliner Bürgeramt erledigen können müssen (…) macht sich die Koalition zu eigen.“ (S. 135) + „Dass es nicht nur das Instrument der vorherigen Terminvereinbarung gibt, sondern auch den direkten Gang zum Bezirksamt (Wartemarke), soll auch im Internet sichtbar sein einschließlich der Wartezeitinformation.“ (S. 135). Vor diesem Hintergrund wirkt es geradezu skandalös, was soeben in Charlottenburg passiert – bzw. nicht passiert. Denn hier sollte am 1. August im Ludwig-Erhard-Haus ein zusätzliches zentrales Bürgeramt eröffnen, u.a. wegen der Erwartung, „dass die Nachfrage nach Ausweisdokumenten massiv steigt“, wie Stadtrat Arne Herz dem Checkpoint sagt. Und weiter: „Die notwendigen planerischen Vorarbeiten für Anmietung und Umbau waren in einem gemeinsamen Kraftakt zwischen Bezirk und Innenverwaltung innerhalb von vier Wochenfertig erarbeitet.“ Doch jetzt verweigert im letzten Moment die Finanzverwaltung ihre Zustimmung. Sie beruft sich dabei auf einen Parlamentsbeschluss von 7.11.2018, demzufolge „Markt-Anmietungen zu vermeiden sind“. Also wird nun erstmal geprüft, ob „landeseigene Liegenschaften für die beabsichtigten Nutzungen zur Verfügung stehen“. Laut Finanzverwaltung sind derzeit mehrere Verwaltungsebenen „in enger Abstimmung, um eine geeignete Lösung zu finden“ - mit anderen Worten: Wir haben mehr als genug Zeit, um nochmal in Ruhe den Koalitionsvertrag zu studieren („Wir wollen die gute Entwicklung unserer Finanzen nutzen…“). | |||
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