Liebe Frau Do, die Impfterminvergabe macht auch in NRW weiter Ärger. Gestern haben mir einige von Ihnen geschrieben, man könne doch nicht erwarten, dass es gleich rund laufe, und wir sollten die Pannen nicht skandalisieren. Das stimmt natürlich, einerseits. Aber für den wichtigsten Grundsatz der Kommunikation, den übrigens Johannes Rau geprägt hat, halte ich andererseits: „Sagen, was man tut, und tun, was man sagt.“ Das ist nicht immer einfach, wie ich auch aus eigener Erfahrung weiß. In der Redaktion fällt mir manchmal der erste Teil schwerer als der zweite. Hier geht es nun um den zweiten Teil: tun, was man sagt. Und das hat nicht gut geklappt. Vielleicht hätten die Verantwortlichen auch klarer sagen müssen, was sie nicht imstande sind zu tun. Wie auch immer, das Bundesgesundheitsministerium prüft nun die Impfreihenfolge, was auch am neuen Impfstoff von Astrazeneca liegt, wie Antje Höning, Birgit Marschall, Maximilian Plück und Jana Wolf berichten. Wenn Ihnen der letzte Name noch nicht so vertraut ist: Die gebürtige Regensburgerin kam Anfang des Jahres von der „Mittelbayerischen Zeitung“ zu uns und verstärkt unsere Berliner Parlamentsredaktion. Die 33-jährige Journalistin ist auch Vorstandsmitglied der Bundespressekonferenz und moderiert dort regelmäßig. Sie werden Jana Wolf also ab und an im Fernsehen sehen. Und hören können Sie sie heute auch, in unserem Podcast „Aufwacher“: Moderatorin Anja Wölker spricht mit ihr über die Impfstrategie und den Wirkstoff von Astrazeneca, über den die europäische Zulassungsbehörde EMA noch in dieser Woche entscheiden will. Wo stehen wir eigentlich in der Pandemie? Die Infektionszahlen sinken, NRW liegt sogar leicht unter dem Bundesdurchschnitt – aber die Totenzahlen sind weiterhin hoch. Warum das so ist, erklärt Martin Kessler in seiner Analyse. Nun werden seit einem Jahr immer wieder andere Indikatoren gehandhabt, die das Ausmaß der Gefahr deutlich machen sollen. Bund und Länder haben ihre Politik vor allem auf den Inzidenzwert abgestellt, also die Zahl der Infektionen pro 100.000 Menschen binnen sieben Tagen. Aber weil es eigentlich darum geht, Leben zu retten, sollten wir auch die Totenzahlen im Blick behalten. Die Bekämpfung der Pandemie verschlingt Unmengen von Geld, und deswegen stellt jetzt auch das Kanzleramt die Schuldenbremse bis auf Weiteres infrage und will sogar das Grundgesetz ändern. Warum davon nicht viel zu halten ist, schreibt Brigit Marschall in ihrem Leitartikel. Immer wieder bekomme ich Mails, in denen es heißt, man könne Corona nicht mehr hören, manchmal in richtiggehend unflätigem Ton. Kein Problem, ich verstehe das, eigentlich geht es mir nicht anders. Wann ist endlich Schluss damit? Aber als Journalist muss ich auch feststellen, dass es derzeit kaum ein Thema von größerer Tragweite gibt, denn es prägt alle unsere zwischenmenschlichen Beziehungen genauso wie das wirtschaftliche, politische und kulturelle Fundament unserer Gesellschaft. Aber Schluss für heute, der Rest der „Stimme des Westens“ ist coronafrei. Obwohl, ohne Lockdown hätte ich vermutlich nicht schon alle Folgen der siebenteiligen Netflix-Serie „Damengambit“ angesehen. Es geht darin um eine junge, geniale Schachspielerin, die aus schwierigsten Verhältnissen kommt und ihren Weg macht. Mein Vater hat mir das Spiel beigebracht, und wenn ich ihn besucht habe, standen die Figuren schon aufgebaut auf dem Brett bereit. Als ich ihn nach Jahren das erste Mal geschlagen habe, war ich unglaublich stolz, aber vom Können, das in „Damengambit“ gezeigt wird, bin ich selbstverständlich Lichtjahre entfernt. Das gilt nicht für Elisabeth Pähtz, Deutschlands beste Schachspielerin, die Elisabeth Huther für Sie interviewt hat. Es ist ein spannendes Gespräch, bei dem es auch um den Kampf für mehr Gleichberechtigung im Schach geht. Noch mehr Ablenkung von Corona gefällig? Der neue US-Präsident Joe Biden ist mit zwei Deutschen Schäferhunden namens Champ und Major ins Weiße Haus eingezogen. Was Hunde mit Politik zu tun haben, hat Martin Bewerunge für seinen wunderbaren Text recherchiert. Ich kann nur hoffen, dass Sie heute nicht auf den Hund kommen. Vielleicht finden Sie wenigstens heraus, wo er begraben ist oder was des Pudels Kern ist. Bis morgen! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |