Liebe/r Leser/in, ich liebe diesen Mann. Ich kenne ihn zwar nicht – aber ich finde ihn hinreißend. Wir alle sollten ihm verfallen sein. Früher wäre er gepriesen und geehrt worden. Büsten und Statuen würden seiner gedenken. In den alten Zeiten wäre er besungen worden. „Sage mir, Muse, den Mann, den vielgewandten, der ohne Verbündete, vertrauend nur der eigenen Stärke, die Festung von Scholz und den Seinen so schwer hat erschüttert.“ Nun, mit Lorbeer, Marmor und homerischen Hymnen kann ich dem Bundestagsabgeordneten Thomas Heilmann, 58, (Foto) zwar nicht huldigen. In den Himmel heben will ich ihn aber dennoch. |
In den Himmel des Hohen Hauses. Der Jurist (und frühere Berliner Justizsenator) Heilmann war es, der bei der beabsichtigten Neuformulierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) die Rechte des Parlaments gefährdet sah und deshalb im vorletzten Moment Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichte. Eine Klage, die Karlsruhe im letzten Moment als vollkommen berechtigt beurteilte – und damit die rasche Abstimmung über das „Heizungsgesetz“ (von manchen als fatal, von anderen als fantastisch, von allen aber als machtpolitisch höchst bedeutsam eingeschätzt) verhinderte. Kanzler Scholz hält es jetzt für „sehr vernünftig“, dass der Bundestag erst nach der Sommerpause, also im September, abstimmen soll. Er will damit sagen, dass er es entsetzlich findet. Dass er verzweifelt ist. Dass er den Bundestag mit seiner Wut am liebsten zumauern würde. Und diesen Heilmann – diesen kleinen, miesepetrigen Besserwisser – würde er gerne ... Nein, nein. Er findet das „sehr vernünftig“. Noch vernünftiger findet das allenfalls die Opposition. Im Herbst wählen die Bayern und Hessen. Das Heizungsgesetz wird der Wahlkampfknaller. Vielleicht wird es trotz aller Vorwürfe und Forderungen irgendwann Wirklichkeit. Aber es wird Wählerstimmen kosten, sehr viele Wählerstimmen. Und es wird der Regierung die Laune verderben. Vielleicht so gründlich, dass sie die Lust und die Kraft zum Regieren verliert. Und vielleicht wird die Ampel auseinanderfliegen. Und warum? Weil der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann, der den Berliner Wahlkreis Steglitz-Zehlendorf 2017 und 2021 gewann, die Rechte des Parlaments einklagte. Schon klar, dass die Opposition jubelt – und Friedrich Merz eine „schwere Niederlage“ der Regierung erkennt. Scholz und Habeck, so tönen jene, die das schon immer gewusst haben, seien gewarnt gewesen. Bei ihrem Versuch, das Gesetz durchzuboxen, hätten sie das Parlament missachtet und damit der Demokratie geschadet. Wenig ist so herrlich wie die Schadenfreude. Und noch weniger ist so heuchlerisch. Von 736 Abgeordneten des Deutschen Bundestags raffte sich nur einziger dazu auf, die Rechte des Parlaments zu verteidigen. Jene 196 Mitstreiterinnen und Mitstreiter der eigenen Fraktion, die Thomas Heilmann jetzt auf die Schulter klopfen, kamen selbst nicht auf die Idee, das Bundesverfassungsgericht anzurufen. Sie waren dafür zu träge. Sie hatten sich bereits damit abgefunden, dass das Parlament in seinen Rechten beschnitten wird. Dass sie als Abgeordnete für die Regierung nur ein notwendiges Übel darstellen. Beschleunigte Gesetzgebungen, verkürzte Fristen zwischen den Lesungen im Bundestag – all das ist längst Routine für eine Bundesregierung. Für welche auch immer. Scholz & Co. haben das nicht erfunden. Sie haben sich darauf verlassen, dass sie damit durchkommen. Ist das ein Zeichen von Dilettantismus? Es ist ein Beleg der Arroganz. Nur einer hat sich gewehrt. Nur einer hat sich entschieden, das Sandkorn zu sein im politischen Getriebe. Nur einer hat begriffen, was Gewaltenteilung bedeutet. Nur einer hat dieses offenbar gar nicht so robuste und doch so kostbare Uhrwerk, das wir parlamentarische Demokratie nennen, verteidigt. Dieser eine, so heißt es jetzt, sei in der eigenen Partei nicht unumstritten. Thomas Heilmann ist auch Unternehmer. Er ist oder war an mehreren Firmen beteiligt. Womöglich, so heißt es weiter, sei es in der Vergangenheit zu Kollisionen und Konfusionen der politischen und ökonomischen Interessen Heilmanns gekommen. Heilmann bestreitet das. Dass seine Firmen erfolgreich sind, macht ihn, so finde ich, nicht verdächtig. Ich mag mich täuschen: Aber auf mich wirkt der Abgeordnete Heilmann wie jemand, der ziemlich gut weiß, war er tut. Und was er kann. Kurz vor der Entscheidung in Karlsruhe interviewte ihn ein Moderator des TV-Senders Phoenix. Dass die Abgeordneten nicht mehr richtig in ein Gesetzgebungsverfahren eingebunden seien, so sagte Heilmann, beschäftige ihn schon länger. Jetzt allerdings sei es besonders schlimm geworden. Deshalb habe er die Klage (immerhin 150 Seiten) ausgearbeitet und eingereicht. Ob er denn gegen das Heizungsgesetz sei? Das könne er nicht sagen. Es kenne es noch gar nicht richtig. Bislang seien die Abgeordneten mit ein paar Seiten abgespeist worden. Ich liebe diesen Mann. |