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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 20.01.2022 | Nasskalter Sonne-Wolken-Schneeregenmix bei max. 4°C . | ||
+ Inzidenz in Berlin steigt auf mehr als 1000 + Jede vierte Berliner Kita ist geschlossen + Berliner Ärzte rebellieren wegen Impfpflicht gegen Bundeschef Andreas Gassen + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, erstmals in dieser Pandemie liegt die Inzidenz in Berlin bei mehr als 1000. Die Gesundheitsverwaltung meldete am Mittwochnachmittag 1055,1 – weil inzwischen alle Bezirke wieder Zahlen melden (auch good old Marzahn-Hellersdorf ist ja wieder am Netz) dürfte die Zahl in den kommenden Tagen rasant steigen. Bei Schulkindern zwischen 5 und 10 Jahren liegt die Inzidenz schon jetzt mehr als doppelt so hoch. Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) bezeichnete die Lage als „sehr ernst“. Nach Bremen führt Berlin die bundesweite Inzidenzrangliste an. Deutschlands Großstädte sind jetzt Omikron-Ostdeutschland. Berlins Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) geht davon aus, dass der Scheitelpunkt der Welle erst Mitte Februar erreicht wird. Das sagte sie meinem Kollegen Robert Kiesel. Ein bisschen durchhalten müssen gerade Familien in dieser harten Zeit also noch. Sie brauchen zwischen Kita-Quarantäne und Schulinfektionsstress Nerven wie Elefantenrüssel (oder Hertha-Fans, aber dazu weiter unten mehr). Mutmachend sind immerhin die Omikron-Infektionskurven aus Großbritannien und Südafrika: Sie zeigen einem ebenso rasanten Abfall nach dem Erreichen des Scheitels. Mutmachend II: Bislang zumindest haben sich die Kurven der Infektionen und Intensivpatienten komplett entkoppelt – deren Zahl sinkt. | |||||
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Freiwillige vor! 650 von knapp 2800 Kitas sind inzwischen ganz oder teilweise wegen Quarantäne oder Erkrankungen geschlossen. Das ist fast jede vierte in Berlin. Ab dem 22. Januar gilt deshalb der sogenannte „eingeschränkte Regelbetrieb“, also: Notbetrieb. Die Kitas dürfen ihre Öffnungszeiten verkürzen und den Betreuungsumfang reduzieren. Es gibt feste Gruppen. Um die Aufsichtspflicht zu sichern, dürfen Eltern oder andere Familienmitglieder die Betreuung in den Einrichtungen übernehmen – ein erweitertes Führungszeugnis ist übrigens nicht nötig. | |||||
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Müll, Müll, Datenmüll: Wer in Berlin in ein Restaurant oder Museum geht, muss sich häufig mit der Luca-App anmelden. Eine Anwesenheitsdokumentation ist für Betreiber und Gäste Pflicht. Die Grundlage für diesen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte, scheint aber nach Recherchen des Tagesspiegel-Backgroundnewsletters „Gesundheit & E-Health“ äußerst zweifelhaft (zum Weiterlesen für Abonnenten). Geboosterte sowie frisch Geimpfte oder Genesene müssen ohnehin nicht mehr in Quarantäne. Die Berliner Gesundheitsämter haben die Kontaktnachverfolgung dazu weitgehend eingestellt und konzentrieren sich auf große Ausbuchsgeschehen etwa in Pflegeheimen. „Die Kontaktdaten von Menschen zu erheben, die nach einem Corona-Kontakt nicht mehr in Quarantäne müssen, ist unverhältnismäßig“, kritisiert Rechtsanwalt Bijan Moini vom Verein „Gesellschaft für Freiheitsrechte“ im Gespräch mit unserem Kollegen Daniel Böldt. In Nordrhein-Westfalen wurde die smudogestützte Datensammelwut des Staates schon vom Gesundheitsministerium gestoppt. Und in Berlin? | |||||
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Die neue Gesundheitssenatorin Ulrike Gote bildet sich zur Nutzung der Luca-App noch ihre Meinung. Eine Entscheidung über die Weiternutzung werde „bald“ getroffen, sagte ein Sprecher am Dienstagabend. Ein Empfehlungsschreiben des kommissarischen Datenschutzbeauftragten vom 18. Januar, das dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt, ist aber eindeutig. Volker Brozio rät, auf den weiteren Einsatz der App zu verzichten. Die App werde nur von wenigen Gesundheitsämtern überhaupt genutzt, diese wiederum würden kaum auf die Daten zugreifen. „Daten, die das zuständige Gesundheitsamt nicht aufgreift, verfallen nutzlos, selbst wenn sie mit einer Infektionslage verbunden waren“, heißt es. Die Betreiber der Luca-App hätten die Daten-Sicherheit zwar verbessert, der Betreiber erhalte trotzdem noch unverschlüsselte Daten. Als neuen Standard empfiehlt der Datenschutzbeauftragte deshalb die Corona-Warnapp. Dort werden die Daten der Bürger nicht zentral gespeichert, der Umweg über das Gesundheitsamt ist nicht mehr nötig. In diesem Fall solle auch „die Pflicht zur Aufzeichnung von Namen, Anschrift, Telefon und E-Mail der Gäste“ entfallen, schreibt Brozio. Laut Gesundheitsverwaltung endet die Vertragslaufzeit mit Luca im März. Womöglich für immer. Mit freundlichen Grüßen. | |||||
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Ebenfalls bis März sollte die Impfpflicht für alle beschlossen werden. Danach sieht es nicht mehr aus – die Debatte darum nimmt teils groteske Züge an. Andreas Gassen, sendungsbewusster Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, sagte jetzt: „Wir werden unseren Ärzten nicht zumuten, eine Impfpflicht gegen den Willen der Patienten zu exekutieren. Die Praxen sind kein Ort, um staatliche Maßnahmen durchzusetzen.“ Ob das Wort „exekutieren“ hier zufällig gewählt wurde, dürfen Sie selbst entscheiden. Gassens Aussage wurde als derart obskur aufgefasst, dass sich die Kassenärztliche Vereinigung in Berlin genötigt sah, eine Rebellion gegen den Bundes-Chef zu exekutieren. „Das ist eine Phantomdiskussion, die jedweder Grundlage entbehrt“, teilte der Vorstand mit. „Ein Zwang beim Impfen oder eine Pflichtberatung kann von der Politik nicht gewollt sein. Und es ist auch nicht damit zu rechnen, dass Patientinnen und Patienten mit Polizeibegleitung zum Impfen in die Praxen gebracht werden.“ Alles gesagt. | |||||
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Achtung, Radschlag! Friedrichshain-Kreuzberg macht erneut vor, wie ernst es den Verantwortlichen im Bezirk mit der Verkehrswende ist: Die Oranienstraße soll ab 2024 für Autos weitgehend gesperrt werden – auch Parkplätze sollen wegfallen. Das hat mein Kollege Christian Latz von Verkehrsstadträtin Annika Gerold (Grüne) und dem Leiter des Straßen- und Grünflächenamts, Felix Weisbrich, erfahren. „Es wird dort keinen motorisierten Individualverkehr mehr geben. Dafür reicht der Platz nicht aus“, sagte Weisbrich am Mittwoch. Zwar läuft die Beteiligung der Anwohner noch, auf deren Ende will der Bezirk aber nicht warten. Die Verantwortlichen träumen von einer Straße für Fahrradfahrer, Busse und – oft vergessen – Fußgänger. Eine „Flaniermeile“ soll es werden, nur Anwohner dort noch fahren dürfen. Welche umfassenden Pläne der Bezirk noch hat, lesen Sie hier. | |||||
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Berlins neue Justiz- und Antidiskriminierungssenatorin Lena Kreck (Linke) hat zwar nie in der Justiz gearbeitet, startet aber – natürlich – mit links ins Amt. Zu ihren Vorstellungen zur Antidiskriminierungspolitik hat sie dem Queerspiegel ein Interview gegeben. Auf die Frage nach mangelnder Erfahrung im Justizbereich, antwortete Kreck: „Man kann da ganz entspannt sagen: Ich habe keine Erfahrung. Ich war nie in der Justiz tätig und da muss man auch nicht drum herumreden. Ich habe in meinem Leben aber selbstverständlich berufliche und fachliche Qualifikation erlangt. Ich komme aus der Sozialen Arbeit, habe als Juristin bei der Schwulenberatung gearbeitet und war zuletzt als Hochschullehrerin tätig. Durch diese Erfahrungen habe ich einerseits ein sehr waches und klares Auge für Fragen von Diskriminierung und kann diese gleichzeitig durch meine Ausbildung durch eine juristische Brille sehen.“ Alles easy also. Lust aufs komplette Gespräch? Heute erscheint der neue Queerspiegel. Das kostenlose Abo gibt’s hier. Und: Künftig wird der Newsletter zweimal im Monat erscheinen. Viel Spaß beim Lesen! | |||||
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