Ausgabe vom 16.07.2018

Ist China der große Verlierer des Handelsstreits?

Ist China der große Verlierer des Handelsstreits?
von Sven Weisenhaus


Zunächst ein wichtiger Hinweis:
Wie jedes Jahr macht die Börse-Intern auch in diesem Jahr eine kleine Sommerpause - und zwar vom 18. bis 27. Juli. In dieser Zeit erscheint keine Börse-Intern. Die anderen Dienste von Stockstreet laufen derweil natürlich wie gewohnt weiter.


Chinas Wirtschaft ist im 2. Quartal 2018 um 6,7 % gewachsen (im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Das Wachstumstempo ließ damit leicht nach. Denn in den drei Quartalen zuvor hatte die zweitgrößte Volkswirtschaft noch jeweils um 6,8 % zugelegt.

Bruttoinlandsprodukt (BIP) China

Die drohende Eskalation im Handelskonflikt mit den USA dürfte allerdings nicht für das nachlassende Wachstumstempo im 2. Quartal 2018 verantwortlich gewesen sein. Denn die ersten US-Zölle auf chinesische Waren sind erst vor etwas mehr als einer Woche und damit nach Ende des 2. Quartals 2018 in Kraft getreten.

Wie stark das chinesische Wirtschaftswachstum zukünftig vom Handelsstreit gebremst wird, steht in den Sternen. Denn zum Beispiel ist noch nicht klar, ob die zuletzt vorgelegte US-Liste mit Zöllen im Volumen von 200 Milliarden Dollar tatsächlich zusätzlich zu den bislang bereits umgesetzten Strafmaßnahmen im Umfang von 34 Milliarden Dollar beschlossen wird. Die Entscheidung dazu soll erst Ende August fallen. Und bis dahin ist noch Zeit für Verhandlungen.

Chinas Wirtschaft wächst leicht gebremst weiter

Derzeit rechnen Experten jedenfalls für die zweite Jahreshälfte mit einem erneut nur leicht abgeschwächten Wachstum von 6,6 %. Und damit läge die wirtschaftliche Entwicklung immer noch über der Vorgabe der Regierung in Peking, die für das ganze Jahr eigentlich sogar nur rund 6,5 % anstrebt.

Wie sehr man den staatlich verordneten Wachstumszahlen allerdings trauen kann, steht auf einem anderen Blatt. Daher sollte man eher anhand von anderen Kriterien beurteilen, wie stark der Handelsstreit den Chinesen tatsächlich schadet.

Stimmung in den Unternehmen ist gedämpft

Die jüngste Umfrage von IHS Markit („IHS Markit China Business Outlook“) zum Beispiel deutet zwar auch darauf hin, dass die chinesische Wirtschaft weiterhin wächst, allerdings ist die Stimmung deutlich gedämpft. Die chinesischen Unternehmen sind einerseits optimistisch, dass ihre Produktion weiterhin zulegen wird, die Wachstumsprognosen der Dienstleistungsunternehmen sind aber andererseits auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2016 gefallen.

Und der Einkaufsmanagerindex notierte mit 51,0 Punkten im Juni nur knapp oberhalb der Schwelle von 50 Zählern, ab der zukünftiges Wachstum signalisiert wird (siehe folgende Grafik). Aus diesen Zahlen kann man allerdings noch keinen wirklichen Grund zur Sorge ableiten. Denn schon seit einem Jahr bewegt sich der Index nur in einer Range von 50,8 bis 51,6 Punkten.

Einkaufsmanagerindex China

Die Einschätzungen der Einkaufsmanager deuten also schon längere Zeit darauf hin, dass die chinesische Wirtschaft in moderat abnehmendem Tempo weiter wächst.

Schaut man aber auf die Detaildaten des Einkaufsmanagerindex, dann erkennt man klare Auswirkungen des Handelsstreits auf die chinesische Wirtschaft. So notierte zum Beispiel der Teilindex für neue Exportaufträge im Juni im Kontraktionsbereich, was auf sinkende Exporte hindeutet und als Folge der Handelszölle zwischen China und den USA angesehen werden kann.

Chinesische Währung wertet stark ab

Noch stärkere Auswirkungen der bisherigen Handelsstreitigkeiten zeigen sich an den Finanzmärkten. So verlor die chinesische Währung Yuan kürzlich an 14 von 15 Tagen gegenüber dem US-Dollar an Wert. Binnen eines Monats summierten sich die Verluste auf 3,3 %, was am Devisenmarkt Welten sind. Der Juni war sogar der schwächste Monat des Yuan gegenüber dem Dollar überhaupt.

Das weckte bei einigen Experten böse Erinnerungen an die teilweise herben Verluste an den Börsen vom zweiten Halbjahr 2015 bis Anfang 2016 (siehe auch CHart unten). Damals wertete die chinesische Währung ab Sommer 2015 in mehreren Runden ab, was als Zeichen einer rapiden Verschlechterung der Konjunktur in China gewertet wurde.

Beachten muss man dabei aber, dass der Yuan keine frei konvertierbare Währung ist und nur in einem Zielkorridor schwankt, der von der chinesischen Zentralbank festgelegt wird. Die Frage ist daher, ob die jüngste Yuan-Talfahrt auf gewöhnliche Marktkräfte zurückzuführen ist oder nicht vielmehr der Wille Pekings dahintersteckt. Die chinesische Regierung könnte nämlich auf diese Weise den US-Zöllen entgegenwirken. Wertet der Dollar gegenüber dem Yuan auf, so werden Waren aus China für US-Amerikaner billiger. Aktuell steht den Strafzöllen von 25 % auf Waren im Volumen von 34 Milliarden Dollar eine Yuan-Abwertung von bislang etwas mehr als 6 % seit April gegenüber. Der Dollar verteuerte sich auf rund 6,7 Yuan und kostete damit so viel wie seit etwa einem Jahr nicht mehr.

Eine Yuan-Abwertung wäre allerdings ohnehin aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung in den beiden Währungsräumen zu erwarten gewesen. Denn während sich das Wachstum in China abschwächt, brummt die Konjunktur in den USA. Die US-Notenbank Fed schraubt daher die Zinsen nach oben, weshalb der Dollar auch gegenüber anderen Währungen zugelegt hat.

Es ist also nicht ganz einfach, die wahren Gründe für die Abwertung des Yuan zu finden. Aber egal, welche Kräfte dafür verantwortlich sind, in jedem Fall ist der Handelsstreit ein Treiber dieser Kräfte.

Shanghai Composite verliert ein Viertel an Wert

Und auch am chinesischen Aktienmarkt hinterlässt der Handelsstreit Spuren - hier sogar recht eindeutige. Der Leitindex in Shanghai verlor seit seinem Hoch zu Jahresbeginn inzwischen stolze 25 %. Nur noch knapp 2 % trennten den Index zwischenzeitlich vom Tief aus dem Jahr 2016.

Shanghai Composite

Hier kann man sehr klar einen Zusammenhang zwischen der zunehmenden Eskalation des Handelsstreit und einer daraus resultierenden Risikoscheu der Anleger erkennen.

Fazit

In den „harten“ Wirtschaftsdaten ist der Handelsstreit noch nicht angekommen. In den „weichen“ Daten, also zum Beispiel den Stimmungsindikatoren wie dem Einkaufsmanagerindex, sind dagegen schon Auswirkungen zu erkennen. Und sehr klare Reaktionen lassen sich an den Finanzmärkten feststellen. Während man bei der Kursentwicklung am Devisenmarkt nicht klar sagen kann, dass China hier der Verlierer ist, so lässt sich dies beim Blick auf den Aktienmarkt aber eindeutig festlegen.

Und sollten weitere Zölle beschlossen werden, dürfte der Shanghai Composite das Tief aus dem Jahr 2016 kaum halten können. Derzeit sollte man sich also eher aus chinesischen Werten heraushalten.


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Ihr
Sven Weisenhaus
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