Ist der chinesische Aktienmarkt ein Investment wert?
Ist der chinesische Aktienmarkt ein Investment wert? von Sven WeisenhausDer Indexanbieter MSCI hat die Aufnahme chinesischer Festlandaktien in seinen Schwellenländer-Index beschlossen. Dieser Index ist die Grundlage für viele Fonds. Der chinesische Aktienmarkt wird damit für viele Anleger erstmals investierbar. Doch lohnt sich ein solches Investment überhaupt? Chinesische Aktien laufen seit über einem Jahr seitwärts Als ich das letzte Mal über den chinesischen Aktienmarkt berichtete (siehe Börse-Intern vom 8. November 2016), gab es aus charttechnischer und fundamentaler Sicht gute Gründe sowohl für steigende als auch für fallende Kurse. Offenbar waren die Kräfte in beide Richtungen ausgeglichen, denn letztlich ging der Shanghai Composite in eine Seitwärtsbewegung über. Zwar wurde die Widerstandslinien, die damals den Kursanstieg bremsten (rot im Chart), wenig später nach oben aufgelöst, doch dem darauffolgenden Hoch vom 29. November bei rund 3.300 Punkten (roter Pfeil) folgte kein neues, höheres Hoch. Stattdessen wurde die Aufwärtstrendlinie (grün) gebrochen. Doch statt einer erneuten Abwärtsbewegung war die Folge dieses Trendbruchs eben die Seitwärtsbewegung, die nun deutlich im Chart zu erkennen ist. Seitwärtsbewegung passt zur fundamentalen Entwicklung Dieser Kursverlauf passt perfekt zu der fundamentalen Entwicklung, auf die ich damals bereits hinwies. Im November deutete sich an, „dass die chinesische Wirtschaft wieder in Schwung kommt oder die Wachstumsraten zumindest langsam einen Boden finden, nachdem wir in den vergangenen Monaten eher Bremsspuren gesehen haben.“ Tatsächlich hat bis heute zumindest die Abwärtstendenz bei der Wachstumsdynamik der chinesischen Wirtschaft ein Ende gefunden. Weil die Wirtschaft aber auf der anderen Seite keinen neuen Schwung entwickelte, blieb es eben bei der Seitwärtstendenz der Aktienkurse. Werfen wir dazu einen Blick auf die chinesischen Konjunkturdaten der jüngeren Vergangenheit: Wirtschaftswachstum voraus! Der offizielle Industrie-Einkaufsmanagerindex lag mit 51,2 Punkten im Mai gleichauf mit dem Wert des Vormonats und damit bereits zum zehnten Mal in Folge oberhalb der 50-Punkte-Marke, ab der Wachstum signalisiert wird. Der offizielle Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor legte im Mai sogar auf 54,5 Punkte zu (von 54 im Vormonat). Der Dienstleistungsbereich wächst also deutlich stärker als die Industrie. Für die chinesische Politik ist dieses stärkere Wachstum im Servicebereich wichtig, weil sie versucht, die Wirtschaft aus der Abhängigkeit der Exporte zu befreien. Und dies scheint ihr bisher zu gelingen. Chinas Außenhandel wächst wieder kräftig Insgesamt hat der chinesische Außenhandel den anhaltenden Abwärtstrend, der sich in der Analyse vor einem halben Jahr noch zeigte, überwunden und wächst inzwischen wieder. Im Mai legten die Exporte im Jahresvergleich um 8,7 Prozent auf rund 191 Milliarden US-Dollar zu. Im Diagramm ist zu erkennen, dass in den vergangenen fünf Monaten unterm Strich die langen Serien rückläufiger Exporte beendet wurden. Noch besser sieht es bei den Importen aus (siehe folgende Grafik), bei denen es in den vergangenen sieben Monaten sechs zum Teil beachtliche Anstiege gab. Zuletzt lag das Plus im Mai bei 14,8 Prozent, so dass sich die Importe auf rund 150 Milliarden US-Dollar beliefen. Der stärkere Anstieg der Importe gegenüber den Exporten im vergangenen halben Jahr belegt, dass es der chinesischen Regierung mehr und mehr gelingt, die heimische Wirtschaft von der „Werkbank der Welt“ hin zu einer starken Binnenwirtschaft zu entwickeln. Trendwende beim BIP-Wachstum Diese Entwicklung schlägt sich auch positiv auf das Bruttoinlandsprodukt nieder. Im ersten Quartal 2017 war die chinesische Wirtschaft bereits mit +6,9 Prozent überraschend stark gewachsen. Es war ein Tick mehr als im Vorquartal und zudem das stärkste Plus seit dem dritten Quartal 2015. Mit dem Tiefpunkt beim Wachstum von 6,7 Prozent in den Quartalen Q1 2016 bis Q3 2016 scheint zumindest vorläufig ein Boden gefunden zu sein, den man auch in dem Diagramm erkennen kann. Und mit dieser Stabilisierung der Wirtschaft haben sich eben auch die Aktienkurse stabilisiert. Beimischung fürs Depot Ohne Frage hat China aber noch eine Menge Arbeit zu leisten, um die Transformation der Wirtschaft abzuschließen. Dabei muss insbesondere die Schuldenproblematik, auf die ich an dieser Stelle bereits mehrfach hingewiesen habe, im Auge behalten und in den kommenden Jahren auch bewältigt werden. Bis diese Mammutaufgabe gestemmt ist, dürfte dieser Bremsklotz auch weiterhin den chinesischen Aktienmarkt belasten. Bei Investitionen in chinesische Aktien ist also keine Eile geboten. Als Depotbeimischung eignen sich chinesische Aktien aber jetzt schon allemal. Sobald sich ein deutlicher Aufwärtstrend ausbildet, bleibt Zeit genug, nach und nach einzusteigen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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