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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 10.07.2023 | Schauer und Böen bei schwülen 28°C. | ||
+ Früherer Verkehrssenator Strieder fordert weniger Platz für Autos + Schärfere Regeln für Spätis in Pankow + Berlin plant Treff für ukrainische Community + |
von Robert Ide |
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Guten Morgen, und, wie starten Sie heute in den Tag – angezogen oder ungezogen? Bei der Technoparade „Rave the Planet“ am Wochenende rief die Polizei den Tausenden von Tanzenden im Tiergarten zu: „Eine Bitte, von der wir auch nicht dachten, dass wir sie mal absetzen müssen: Bitte entkleiden Sie sich nicht!“ Berlin bleibt eben ein Anziehungspunkt. | |||
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Vielleicht erleben wir gerade die Letzte Generation von Politikerinnen und Politikern, die sich in der immer enger werdenden Stadt im Klimawandel immer noch an Parkplätze festkleben. Aber neu ist der Kulturkampf ums Automobil auf Berlins hartem Pflaster nicht. Einer, der davon viel erzählen kann, ist Berlins früherer Stadtentwicklungs- und Verkehrssenator Peter Strieder (SPD), der 2002 gegen heftige Widerstände das autofreie Brandenburger Tor durchsetzte. Im Checkpoint-Gespräch erzählt Strieder, was für eine wirkliche Verkehrswende nötig ist. Und es stellt sich die Frage: Wer wird die erste Generation von Politikerinnen und Politikern sein, die die Stadt neu denkt? Herr Strieder, in Berlin gibt es erbitterte Debatten um den Platz fürs Auto. Die Friedrichstraße ist nun wieder befahrbar, der Bau mehrerer neuer Radwege ist gestoppt. Kommt Ihnen das bekannt vor? Verkehrspolitik ist nicht nur in Berlin, sondern generell in Deutschland ideologisch überfrachtet, wie der aktuelle Bundesverkehrsminister täglich unter Beweis stellt. Veränderungen in der Verkehrspolitik lassen sich nie konfliktfrei durchsetzen. Die von einigen viel gelobte Verkehrspolitik der „grünen Inseln“ in Barcelona ist ebenso gelungen wie umstritten. Verkehrsberuhigung, mehr Fahrradwege und Busspuren, Fußgängersicherheit und die Wiedergewinnung des öffentlichen Raums folgen dort einem übergeordneten Plan, sind intensiv besprochen und mit viel Geld realisiert. Dadurch steigende Mieten und einsetzende Gentrifizierung führten aber gerade zur Abwahl der Bürgermeisterin. Auf die Idee, lediglich Sperrholzkisten auf der Fahrbahn oder in Parkplatzbuchten zu verteilen, wäre in Barcelona niemand gekommen. 700 Meter von oben dekretierter Fußgängerzone in einer Straße, die ohnehin nicht zum Stadtspaziergang einlädt, ohne Konzept der Querungsmöglichkeit, ohne Betrachtung und Lenkung des Verkehrs in den umliegenden Straßen, ohne Rücksprache mit Anwohnenden muss Befürwortende und Ablehnende in die ideologischen Schützengräben treiben. Der neue schwarz-rote Senat ist angetreten, die Nutzerinnen und Nutzer unterschiedlicher Verkehrsmittel zu versöhnen. Kann das überhaupt gelingen? Wenn der Pkw-Verkehr abnimmt, aber Radfahrer und Fußgänger mehr werden, müssen die Verkehrsräume neu aufgeteilt werden. Das verlangt konzeptionelles Denken über die nächste Kreuzung und das nächste parteipolitische Stöckchen hinaus. Die Sicherheit insbesondere für Radfahrer und Fußgänger verlangt mehr Platz. Selbstverständlich gibt es dabei Interessenunterschiede. Umso wichtiger ist es, den Eindruck zu vermeiden, es würden Entscheidungen auf Druck einzelner Interessengruppen gefällt. Vielmehr kommt es darauf an, begründbare und funktionierende Verkehrskonzepte für größere Bereiche der Stadt zu entwickeln. Es wird nicht genügen, statt einer Autospur einen Fahrradweg anzubieten, den die Parkenden queren und auf dem sie beim Aufreißen der Tür die Radfahrer gefährden. Es geht um neues Denken in der Verkehrspolitik. In vielen Metropolen der Welt gibt es in den Innenstädten ein System von Einbahnstraßen. Womöglich wäre das auch ein Gedanke für Berlin. So würde zumindest in der Innenstadt der Raum neu verteilt werden können. Um das autofreie Brandenburger Tor gab es damals ebenfalls heftige Kontroversen. Öffnung oder Schließung des Brandenburger Tors für den Pkw-Verkehr war nicht nur ideologisch heftig umstritten. Es fand auch eine Überhöhung statt, wonach die Möglichkeit, durch das Brandenburger Tor zu fahren, die lange vermisste eigentliche Freiheit sei. Wie ist es trotzdem gelungen, mehr Stadtraum ohne Autos zu schaffen? Unsere Entscheidung war gut vorbereitet: nach der Sanierung des Brandenburger Tors wollten wir den Pariser Platz wieder zurückgewinnen. Durch die Pflasterung haben wir deutlich gemacht, dass er nicht eine Fortsetzung der Straße Unter den Linden ist – kein Ort der eiligen Durchreise, sondern qualitätsvoller öffentlicher Raum. Bereits zuvor hatten wir dem Bund mitgeteilt, dass Berlin eine Sperrung der parallel verlaufenden Dorotheenstraße, wie sie verlangt war, nicht akzeptieren werde. Zudem stand der Tiergartentunnel kurz vor seiner Fertigstellung. Es gab also ein Verkehrskonzept für die Umfahrung des Brandenburger Tors. Rasch nach der Schließung nahmen Berlin und seine Besucher den Pariser Platz und das neu erstrahlende Brandenburger Tor als wichtige Sehenswürdigkeit an. Das prognostizierte Verkehrschaos blieb aus. Die Vorstellung, man könne durch das Brandenburger Tor fahren, hatte schnell etwas Anachronistisches. Der öffentliche Raum verdient gedankliche Anstrengung und qualitatives Design. Hier und da eine Holzbank oder ein Parklet laden eher zur Verwahrlosung ein als zur Akzeptanz neuer Nutzungen. | |||
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Ist für Berlin bald alles zu Späti? In Pankow bangen Berlins Tante-Emma-und-Onkel-Ali-Läden um ihren Bier- und Brauseverkauf, weil sie künftig keine Bänke und Biertische mehr vor ihren nachthellen Fenstern aufstellen sollen. Nach Angaben von Ordnungsstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) erarbeitet der Bezirk gerade ein Konzept für die Nutzung von Gehwegen – mit verschärften Regeln für die Kioske der Nacht. Kneipen und Restaurants brauchen eine Genehmigung für ihre Außenbestuhlung, Spätis bisher nicht. Einerseits treffen sich hier gern Jugendliche und Leute mit weniger Geld bei einem günstigen Getränk. Andererseits beschweren sich Anwohnende über Lärm und Hinterlassenschaften rund um die Spätis, die keine Toiletten und eben auch lange Öffnungszeiten haben. Die Pankower Jusos machen sich für den Treffpunkt Biertisch stark, schließlich seien die Spätis „wesentlicher Bestandteil des Berliner Lebens und des sozialen Zusammenhaltes der Stadt“. Lokalpolitik dreht sich gern auch um Lokale – selbst, wenn sie eigentlich gar keine sind. Und was denken Sie: Sind Bierbänke Berlins letzte Bank? Danke fürs Abstimmen mit den Fingern! | |||
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Mehr als 500 Tage Bombenterror. Mehr als 500 Tage Kindesentführungen, systematische Ermordungen und Menschenrechtsverletzungen. Mehr als 500 Tage Krieg gegen ein unabhängiges Land in Europa. „Der Macht-Macho Putin schafft es nicht, die Ukraine zu überwältigen, also versucht er, sie zu massakrieren“, sagt Lyriker Wolf Biermann treffend zum russischen Terrorkrieg. Hinzu kommt der Propagandafeldzug mit Falschinformationen aus dem Kreml, der auch bis nach Deutschland reicht – unterstützt vom „Russischen Haus“ in Berlin. Nun fordern Initiativen und Flüchtlingsorganisationen einen Treffpunkt der ukrainischen Community in der Hauptstadt. „Ein konkretes Konzept für ein ‚Ukrainisches Haus‘ liegt dem Senat nicht vor“, heißt es dazu auf Parlamentsanfrage von Lilia Usik (CDU). Aber ein Ersatz befindet sich offenbar schon in der Planung. „Aktuell finden Gespräche zur möglichen Ausgestaltung eines kulturellen, sozialen und politischen Treffpunkts statt.“ Ein guter Ort dafür wäre das alte „Café Moskau“ an der Karl-Marx-Allee, das sich absurderweise wegen des Denkmalschutzes nicht dauerhaft in „Café Kyiv“ umbenennen darf. Der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat dazu die richtigen Worte gefunden: „Die Ukraine steht bedauerlicherweise nicht unter Denkmalschutz – weder das Land und noch die Menschen.“ | |||
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Manchmal fühlt sich Schöneweide selbst ein bisschen öde. „In Mitte ist die Spree über mehrere Kilometer zugänglich und gesäumt von Wiesen, Wegen und Cafés“, sagt Michael Kleineberg. „Diese Lebensqualität hat Schöneweide auch verdient.“ Kleineberg engagiert sich in der Bürgerinitiative „Schöneweider Ufer“ für freie Wege an der Spree. Am Wochenende schwammen knapp 200 Menschen aus Protest von der Hochschule für Technik und Wirtschaft zum Kaisersteg, der Oberschöneweide und Niederschöneweide verbindet. Die 300 Meter lange Strecke ist nur im Wasser schnell zurückzulegen, denn den Uferweg entlang früherer Fabrikanlagen versperrt ein Grundstückseigentümer mit Zäunen. Stadträtin Claudia Leistner (Grüne) versprach nun, mit dem Eigentümer zu reden. Schwimmdemos hatten schon die Wiedererrichtung des Kaiserstegs beschleunigt, an dem am Wochenende 270 Jahre Schöneweide gefeiert wurde – 125 Jahre Oberschöneweide und 145 Jahre Niederschöneweide. Nun muss hier nur noch das Schöne ausufern. | |||
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Oft kann uns die Liebe ein rettendes Ufer sein, auch wenn sie nicht nur umschlungene, sondern auch verschlungene Wege wählt. Hier drei aktuelle Empfehlungen aus unserer kleinen Tagesspiegel-Liebesredaktion: — Als Stephanie ihren Mann kennenlernt, modelt sie in Paris. Wenige Jahre später findet sie sich völlig isoliert wieder, mit zwei Kindern, ohne eigene Freiheiten. Dann wird ihr Mann Matteo plötzlich verhaftet. Wie viel Abhängigkeit die Liebe verträgt, beschreibt meine Kollegin Joana Nietfeld in der aktuellen Liebeskolumne „Ins Herz“ bei Tagesspiegel Plus – zu lesen hier. — Maggy hatte mit der Familienplanung schon abgeschlossen, Jonas wollte nie heiraten. Doch dann finden die Brandenburgerin und der trans Mann aus Aachen zusammen und erobern gemeinsam das Leben ganz neu. Wie die beiden zur Liebe fanden und wie ihr Umfeld damit umgeht, erzählen sie meiner Kollegin Sophie Peschke in unserer monatlichen Liebes-Videoreihe – zu sehen hier. — Noch nicht genug von der Liebe? Dann abonnieren Sie gerne unseren kostenlosen Newsletter „Von Herzen“. Darin erzähle ich diese Woche von Said, der auf abenteuerlichen Wegen von Syrien nach Deutschland kommt und sich als Student in eine angehende Lehrerin verliebt. Trotz vielfach erlebtem Rassismus arbeitet er sich bis zum Arzt hoch und baut mit Brigitte eine Familie auf. Dann trennen sie sich, kommen aber nicht voneinander los. Ein kostenloses Abo für den Newsletter gibt es hier. | |||
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