es ist eine Entwicklung, die sich schon seit Jahrzehnten vollzieht, doch jetzt immer deutlicher spürbar wird. Die Unterschiede zwischen dem Leben auf dem Land und in der Stadt werden gravierender. Der Bevölkerungsschwund in den Dörfern zieht eine schwächelnde Infrastruktur nach sich. Wer es sich leisten kann, zieht infolgedessen in die Ballungszentren. Dort sind es derweil die steigenden Mieten, die das Leben unattraktiver machen.
Die Mitglieder des Bundeskabinetts Horst Seehofer, Franziska Giffey und Julia Klöckner haben jetzt zum großen Paukenschlag ausgeholt und einen Zwölf-Punkte-Plan präsentiert, den die Kommission Gleichwertige Lebensverhältnisse ausgearbeitet hat. Zentraler Punkt: Die Dörfer sollen gestärkt werden und damit Druck von den Städten nehmen. Letzten Endes ist aus dem Paukenschlag allerdings nur das leise "Pling" einer Triangel geworden. In der Titelgeschichte "Aus der Balance geraten" hat sich IZ-Redakteur Robin Göckes die Vorhabenliste genauer angeschaut. Es gibt ein paar gute Ansätze, doch wichtige Fragen - nicht zuletzt der Finanzierung - bleiben unbeantwortet.
Gerade diese Oberflächlichkeit im Umgang mit den drängenden Problemen des Strukturwandels ist es, die mein Kollege Robin Göckes in seinem Kommentar "Schönwetter vor den Wahlen" kritisiert. Er hegt den Verdacht, dass sich CDU und SPD vor den Wahlen in den zu weiten Teilen strukturschwachen Ländern Sachsen und Brandenburg in Position bringen wollten.
Als gebürtige Eiflerin, die sich inzwischen im Rhein-Main-Gebiet eingelebt hat, kenne ich beide Welten. Und ja, es tut weh zu sehen, wie das ursprüngliche Zuhause zu einem immer weniger lebenswerten Wohnort wird. Angesichts vieler kleiner Dörfchen darf die Politik allerdings nicht vor der unbequemen Frage zurückschrecken, ab wann die Abrissbirne durch den ausgebluteten Ortskern schwingen darf und muss. |