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WirtschaftsWoche Agenda vom 19.01.2018
 
 
     
 
 
 
             
 
 
 
Liebe Leserinnen und Leser,   19.01.2018
 
besitzen Sie Bitcoins? Nein? Glück gehabt – der 50-Prozent-Absturz der Kryptowährung kann Sie dann kalt lassen. Aber auch: Pech gehabt – die 4380 Prozent Kursgewinn in den letzten 24 Monaten sind dann auch an Ihnen vorbei gelaufen. Aktuell ist das Cybergeld auf dem Weg nach unten. Die Regierungen und Notenbanken dieser Welt dulden kein Geld neben dem ihren. Es kann nur eines geben. Und deshalb schlägt das Finanzsystem jetzt zurück, mit Drohungen, Regulierung, Verboten. Spekulanten spüren den Würgegriff der realen Welt, schreibt unser Geld-Team. Bitcoin wird das nicht umbringen, behauptet Marco Falke. Der 29-Jährige ist einer der Top-3 Aktivisten des Bitcoin-Netzwerks, hat Zugriff auf das Heiligste des Bitcoin: den Programmcode – und bisher immer geschwiegen. Sebastian Kirsch hat ihn interviewt. Demnächst hat Falke gut zu tun: Bitcoin muss schneller werden. In London lästern die Banker schon: Versuchen Sie mal, ihren Kaffee mit Bitcoin zu bezahlen – das dauert zwölf Minuten – und dann ist er kalt. Titelgeschichte jetzt lesen
 
                         
 
 
 
WirtschaftsWoche Nr. 04: Die Zähmung von Bitcoin und Co.
 
 
 
Beamten-Mikado
Kennen Sie Oma Erna? Die alte Dame wurde einst von den Beamten von Wolfgang Schäuble erfunden. Als Politiker vor einigen Jahren mal wieder über die Frage diskutierten, warum Hundefutter und Schnittblumen eigentlich mit 7 Prozent Mehrwertsteuer besteuert werden, Babynahrung und Topfpflanzen aber mit 19 Prozent, und ob es nicht besser sei, für alle Produkte einen einheitlichen Satz zu definieren – da wurden die Finanz-Ministerialen kreativ. Um die Folgen eines einheitlichen Mehrwertsteuersatzes zu verdeutlichen, schufen sie Oma Erna. Eine Witwe mit Hund, die einmal in der Woche frische Blumen ans Grab ihres verstorbenen Gatten brachte und im Geschäft Hundefutter und Zeitungen kaufte – alles zum ermäßigten Mehrwertsteuersatz. Sie hätte bei einer Zusammenführung von regulärem und ermäßigtem Satz viel mehr Steuern zahlen müssen. Erna hatte Erfolg: Schäuble schreckte vor einer Reform zurück. Symptomatisch für das Finanzministerium: Wirkt irgendwie dynamisch, aber so richtig bewegt sich nichts, sagen unsere Berlin-Korrespondenten – nicht nur bei der Grundsteuer, die aktuell das Verfassungsgericht beschäftigt. jetzt lesen
 
 
 
Gebrochene Schokoherzen
Ein Stück Luftfahrtgeschichte endet in einer Lagerhalle am Essener Stadtrand. Da parken Servierwagen, Plastikfolien bedecken blau gepolsterte Sitzreihen, daneben Kartons voller roter Schokoherzen. Es sind die letzten Überbleibsel von Air Berlin, die derzeit online versteigert werden. Henryk Hielscher und Rüdiger Kiani-Kress haben recherchiert, wie die Milliardenpleite der Airline, die viele Kunden emotional mitnahm, wirklich ablief. Gestützt auf interne Gutachten, E-Mails und Akten, ergänzt um die Aussagen beteiligter Manager, Investoren und Sanierer, ergibt sich ein ganz neues Bild von der wohl heikelsten Rettungsmission der deutschen Wirtschaft. Am Ende gibt es hier nur Verlierer – inklusive der Steuerzahler. jetzt lesen
 
 
 
Gier nach dem nächsten Kick
Technologiekonzerne haben es perfektioniert, uns alle als Kunden so lange wie möglich an Bildschirme und Smartphones zu fesseln. Benjamin Grosser hat ein Werkzeug gebaut, um die Mechanismen der Aufmerksamkeitsökonomie auszuhebeln. Sein Computerprogramm, berichtet unsere Digital-Ressortchefin Varinia Bernau, lässt sich wie ein Filter über Facebook legen. Wer es installiert, sieht nicht mehr, wie viele Likes oder Shares ein Kommentar erhalten hat. Nicht, wie viele Nachrichten eingegangen sind, seit er zuletzt eingeloggt war. Grosser nennt sein Werkzeug Demetricator. „Es ist nicht wichtig, ob mein Freund vor 29 Sekunden eine Banane gegessen hat oder vor 48 Sekunden. Aber Facebook macht mich glauben, dass das wichtig wäre, um mich an sich zu binden.“ Mit seinem Demetricator zeigt Grosser, der die kulturelle Seite von Software erforscht, wie sehr die durch soziale Netzwerke in den Alltag getragene Metrik unsere Gesellschaft prägt. Das Tool ist Teil und Ausdruck einer wachsenden Bewegung, die die psychologischen Tricks der Internetdienste entlarvt. Es geht auch noch einfacher: Manche Menschen nehmen jetzt schon die Farbe aus ihren Smartphones. Schwarz-weiß wirkt alles langweiliger, die Gier nach dem nächsten Kick wird so ganz simpel gezügelt. jetzt lesen
 
 
 
Alles handgemalt
Nicolas Ouchenir treibt diese Entschleunigung noch viel weiter. Der 39-jährige Franzose ist einer der gefragtesten Kalligrafen der Welt. In seinem kleinen Büro im teuren 8. Pariser Arrondissement schreibt er Eintrittskarten zu den exklusiven Schauen von Dior oder Louis Vuitton. Für Luxushotels wie das Pariser Ritz oder das legendäre Château Marmont in Hollywood erfand Ouchenir ein neues Logo, am Symbol für ein neues Renault-Modell arbeitete er ein Jahr. Alles von Hand und wunderschön anzusehen, wie Paris-Korrespondentin Karin Finkenzeller berichtet. Wenn er per Hand schreibt, setzt er zwei-, dreimal an, tüftelt an einzelnen Formulierungen, entwirft und verwirft. Die Kunst der Handschrift will er bewahren, auch im technologieaffinen Westen. „Kinder sollen von Anfang an mit Tinte schreiben, die sie nicht ausradieren können“, sagt er. „Fortschritte macht man nur, wenn man auch seine Fehler im Blick hat.“ jetzt lesen
 
 
 
Ich wünsche Ihnen ein nicht unbedingt fehlerloses, aber doch sturmfreies Wochenende.


Beat Balzli
Chefredakteur WirtschaftsWoche

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