So witzig diese Reaktion des Satiremagazins auf das Video der 22-jährigen Jana aus Kassel ist, so sehr mögen einem bei so viel öffentlich zur Schau gestellter Dummdreistigkeit die Gesichtszüge entgleisen.
Klar, Vergleiche mit dem Dritten Reich gehören zu den Evergreens der politischen Diffamierung. Schon 1985 bezeichnete Willy Brandt beispielsweise Helmut Kohls einstigen Generalsekretär Heiner Geißler als gefährlichen Demagogen: Er sei „seit Goebbels der schlimmste Hetzer in diesem Land“.
Aber auch Kohl selbst bemühte den Goebbels-Vergleich, als es darum ging, den gerade ins Amt gewählten sowjetischen Parteichef Michail Gorbatschow zu verleumden: „Das ist ein moderner kommunistischer Führer, der war nie in Kalifornien, nie in Hollywood, aber der versteht etwas von PR. Der Goebbels verstand auch etwas von PR.“ Kohl hat die Äußerung später zumindest als Fehler bezeichnet.
Ob den selbsternannten Querdenkern, die sich im heroischen Kampf gegen eine sogenannte Corona-Diktatur wähnen, irgendwann bewusst wird, wie peinlich anmaßend und fürchterlich falsch ihre Vergleiche mit dem mörderischen Nazi-Regime sind, muss beim Blick auf das aktuelle Demonstrationsgeschehen stark bezweifelt werden. Die Veranstalter dieser Protest-Events scheuen sich mittlerweile nicht einmal mehr vor der Instrumentalisierung von Kindern.
So betrat vor wenigen Wochen bei einer Kundgebung in Karlsruhe eine Elfjährige die Bühne. Und schilderte vor etwa 1000 Corona-Leugnern, dass sie ihre Geburtstagsfeier mit ihren Freunden heimlich habe feiern müssen, weil sie sonst vielleicht von Nachbarn verpetzt worden wäre.
„Ich fühlte mich wie bei Anne Frank, wo sie mucksmäuschenstill sein mussten, um nicht erwischt zu werden“, sagte das Mädchen. Zur Erinnerung: Das jüdische Mädchen
Anne Frank floh 1942 vor den Nationalsozialisten nach Amsterdam. Kurz vor Kriegsende fiel sie dennoch dem Holocaust zum Opfer und wurde von den Nazis im Alter von 16 Jahren ermordet.
Wie sehr sich die Querdenker-Bewegung von Woche zu Woche immer weiter radikalisiert, lesen Sie jetzt auch
in der aktuellen PLAYBOY-Ausgabe. Darin begibt sich der Autor Michael Kneissler für uns auf die Suche nach den Anhängern der sogenannten QAnon-Bewegung.
So unglaublich die Thesen der QAnon-Jünger sein mögen, so sehr verfängt die antisemitische Verschwörungs-„Philosophie“ offenbar bei vielen Menschen. So hält es der Leser Dirk M. offenbar nicht für abwegig, dass „eine Gruppe von pädophilen Bankern, Politikern, Popstars und Milliardären die Macht unter sich aufgeteilt hat. In Tunneln unter dem Central Park in New York halten sie Tausende von Kindern gefangen und zapfen ihnen Blut ab, um daraus ein Verjüngungsserum herzustellen, das ihren Mitgliedern ewiges Leben schenkt“, wie ich in meinem Newsletter bereits vor zwei Wochen aus dem PLAYBOY-Report zitierte. Dirk M. stellte mir daraufhin die Frage:
„Nur weil etwas zu abwegig ("bizarr") klingt, muss es doch auch überprüft werden?“ Und weiter: „Die wahrheitshungrigen und unbequemen Journalisten aus
Capricorn One oder All
The President‘s Men (Die Unbestechlichen), die gibt´s doch nicht nur im Kino?“ Nein. Aber Richard Nixon wurde auch nicht verdächtigt, sich das Blut von entführten Kindern zu injizieren.