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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 20.11.2024 | bewölkt bei 2 bis 4°C. | ||
+ Warum der Kultursenator ein Problem hat + Was die Sparliste für die einzelnen Bereiche bedeutet + Wie der nächste Volksentscheid vorankommt + |
von Stefan Jacobs |
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Guten Morgen, heute ist Buß- und Bettag, oder wie wir in Berlin sagen: Alltag. Arbeitsfrei zum Büßen und Beten haben nur die Sachsen, aber dabei wird sich der liebe Gott schon was gedacht haben. In Berlin hilft wohl nicht mal mehr Beten, nachdem die Koalition die Drei-Milliarden-Einsparliste beschlossen hat. Ausführliches zu allen betroffenen Bereichen von Unis über die Wirtschaft bis hin zu Freien Trägern finden Sie auf tagesspiegel.de/berlin, der Überblick samt Giftliste zum Download steht hier. | |||
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Der Bereich, dem die Kürzungen – zumindest nach glaubhafter Darstellung von Fachleuten und Betroffenen – wohl besonders heftig an die Substanz gehen, ist die Kultur. Selbst in renommierten Häusern ist von Entlassungen, gestrichenem Programm und irreparablem Substanzverlust die Rede nach dem Motto: Arm und nicht einmal mehr sexy. Für kleinere geht es um die Existenz. Und auf dem Gipfel dieses Trümmerhaufens steht Kultursenator Joe Chialo (CDU), dessen erfrischend-sympathische Art ihm selbst Wohlmeinende jetzt als Fassade auslegen, hinter der sie nichts als politisches Ungeschick und fachliches Desinteresse vorgefunden haben. Chialo kündigte einmal mehr an, für seinen Bereich zu kämpfen. Die Frage ist nur, ob er auf dem Schlachtfeld noch irgendwen antreffen wird. | |||
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Beeindruckend dreist ist die Prioritätensetzung im Verkehrs- und Umweltbereich. Von Straßenlärmminderung über Fuß- und Radverkehrssicherheit bis Bikesharing und von der Grün Berlin über Umweltbildung bis zu den Forsten: Praktisch alles, was mit Natur-, Umwelt- und Klimaschutz und folglich mit urbaner (Über-)Lebensqualität zu tun hat, wurde gnadenlos rasiert. Unantastbar waren allein die berühmten 2,8 Cent pro Tag fürs Anwohnerparken, die nicht einmal die Verwaltungskosten decken. Die SPD grummelt pflichtgemäß in mezzopiano und die CDU kündigt wie immer bei dem Thema ein Konzept für später an. In einem „Appell für ausgewogene Prioritäten“ kritisiert sogar der ADAC (!) den „Rückschritt für die Verkehrswende“ und mahnt, die „Grundbedürfnisse der Bürger nach individueller Mobilität und Sicherheit“ dürften ebenso wenig weggespart werden wie die Klimaziele des Landes. | |||
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Eher kurios inmitten dieser Dramatik scheint die mit stolzen 58 Millionen Euro angesetzte Verringerung der Gas- und Stromkosten der Landeseinrichtungen, wobei Strom mit 47 Mio. Euro dominiert. Diese Energie liefern die landeseigenen Stadtwerke, deren Marge zusammenschnurren dürfte, die aber auch von gesunkenen Einkaufspreisen profitieren. Laut Wirtschaftsverwaltung sind auch 85 Gigawattstunden weniger Verbrauch prognostiziert – bei einem Gesamtbedarf von 731 GWh in diesem Jahr. Rund zwei Drittel davon verbrauchen Polizei, Feuerwehr, Schulen, Unis, Gerichte, BSR, JVAen und die allgemeine Verwaltung. Kultur- und Sporteinrichtungen verbrauchen 91 GWh, Kliniken und Rechenzentren 52, die Straßenbeleuchtung 59 und die Ampeln neun Gigawattstunden. | |||
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Könnte sein, dass statt der Politik bald das Volk dafür sorgt, Berlin für den Klimawandel fit zu machen: Heute um 8.30 Uhr wollen die Initiatoren des Bäume-Volksbegehrens ihre gesammelten Unterschriften für ein mit viel inhaltlicher und juristischer Expertise erarbeitetes Klimaanpassungsgesetz bei der Innenverwaltung abgeben. Gut 20.000 Unterstützer brauchten sie im ersten Schritt. „33.044 haben wir geschafft – zu einer ungünstigen Jahreszeit und in einem Viertel der sechs Monate, die wir zur Verfügung hätten“, sagte Mitinitiator Heinrich Strößenreuther am späten Dienstagabend nach der Auszählung dem Checkpoint. Während SPD, Grüne und Linke bereits Unterstützung signalisiert hätten, bekomme er von seiner Partei nicht mal eine Antwort, berichtete CDU-Mitglied Strößenreuther. Wenn alles nach Plan läuft, kann entweder das Abgeordnetenhaus den (ggf. überarbeiteten) Gesetzentwurf nächstes Jahr beschließen oder das Wahlvolk 2026 darüber abstimmen. | |||
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Das Beste an Berlin in den vergangenen zehn Jahren für den Politik- und Verwaltungsrechtsprofessor: „Der Tag im Frühling 2023, an dem die Coronaschutzmaßnahmen beendet waren und der private und der öffentliche Raum wieder geöffnet wurde. Einkaufen, Konzertbesuche, feiern mit Freunden ohne Schutzmaske und Beschränkungen. Als die Lehrveranstaltungen mit unseren Studierenden an den Hochschulen nicht mehr vor dem Laptop im Homeoffice, sondern in Präsenz in unseren Unterrichtsräumen stattfanden.“ Für die nächsten zehn Jahre wünscht sich Bröchler, „dass sich Berlin immer mehr für unsere Demokratie begeistert und engagiert. Dass sich viele Berlinerinnen und Berliner als Wahlhelfer melden und wir hohe Wahlbeteiligungen bei Wahlen und Abstimmungen erzielen.“ Und seine Meinung zum Checkpoint: „Der Checkpoint ist für mich der Feuermelder der Berliner Demokratie, auch wenn es sich zuweilen um Fehlalarme handelt. Der Checkpoint ist eine notwendige Zumutung. Politik wird mal ironisch mit einem Augenzwinkern, mal forsch daran erinnert, dass unsere Volksvertreter Gewählte und keine Erwählten sind. Die Sternstunden des Checkpoint sind ohne Frage die Sternschnuppen.“ | |||
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Falls Sie jetzt fragen: Welche Schnuppen? Hier geht’s zum Abo der Vollversion. Die gibt es als Teil des prall gefüllten Tagesspiegel-Plus-Pakets gerade im Sonderangebot – inklusive täglicher Schnuppen und limitierter Checkpoint-Jutebeutel, solange der Vorrat reicht. In der Vollversion des heutigen Checkpoint erfahren Sie außerdem: - Warum Berliner Wasserkunden Geld bezahlen, das künftig von der Industrie kommen soll. - Wie die Berliner Landesfläche im Einzelnen genutzt wird – mit Umrechnung in Fußballfelder und Saarländer. - Wie viele Berliner Kinder im vergangenen Jahr wegen Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kamen. Im Stadtleben verlosen wir Freikarten für eine David-Bowie-Comic-Party am Freitagabend. Und Zugriff auf sämtliche Texte und unsere Bezirksnewsletter bekommen Sie natürlich auch – zwei Monate für nur zwei Euro. | |||
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