Liebe Frau Do, nach den letzten Beratungen von Bund und Ländern hieß es, in NRW könne heute wahrscheinlich die Außengastronomie öffnen. Ich hatte mich, bei aller Skepsis, angefangen, darauf zu freuen. Inzwischen ist längst klar: Das wird nichts. Bundesweit ist der Inzidenzwert über 100 gestiegen. Heute beraten Bund und Länder erneut, und nach ersten Beschlussvorlagen deutet alles auf einen deutlich verlängerten Lockdown bis weit in den April hin. In NRW befürchten Gastronomie und Handel einen Jojo-Lockdown. Den Stand der Vorab-Beratungen haben wir für Sie zusammengetragen, in der heutigen Folge unseres „Aufwacher“-Podcasts spricht Kerstin Münstermann darüber. Die Bilder der Zehntausenden in Kassel, die dicht gedrängt und ohne Masken unter den Augen der Polizei demonstrierten, wirken wie ein seltsamer Kontrast zu den steigenden Infektionszahlen. Die Rolle der Mahnerin hat Angela Merkel in der Pandemie von Anfang an eingenommen und sich trotzdem um eine -- zunehmend schwere -- Verständigung mit den Ministerpräsidenten der Länder bemüht. Das wird auch heute wieder der Fall sein. Warum sie das formal eigentlich gar nicht müsste, sondern durchregieren könnte, analysiert Martin Kessler. Zu Ostern mal eben nach Mallorca: Das wäre erlaubt, ist aber nicht anzuraten. Wie ein großes Touristikunternehmen in der Krise staatlich unterstützt wird, das nun genau diesen staatlichen Konsens unterläuft, kritisiert Antje Höning in ihrem Leitartikel. Wenn Ihnen das alles schlechte Laune macht, empfehle ich Ihnen den Zwischenruf von Stefan Klütterman. Auch in der Krise lassen sich gute Momente finden, und er beschreibt, welche das für ihn sind. Nichts Gutes lässt sich in den Missbrauchsskandalen der katholischen Kirche finden, allenfalls der Umstand, dass sie sich um Aufklärung bemüht. Wenige Tage nach Veröffentlichung des Kölner Missbrauchs-Gutachtens erklärt Kardinal Rainer Maria Woelki nun, dass er „den Betroffenen sexualisierter Gewalt das Versprechen gegeben hat, dass die Aufarbeitung im Erzbistum weitergeht". Er wolle sich "in die Pflicht nehmen lassen“, sagt der Kölner Erzbischof in einem Interview, das Lothar Schröder geführt hat. Für sein Lebenswerk ist der Regisseur Wim Wenders als „Düsseldorfer des Jahres“ ausgezeichnet worden, das hatte ich Ihnen schon erzählt (hier finden Sie das Interview mit ihm dazu und ein Video). In der heutigen Folge des „Aufwacher“-Podcasts wirft Philipp Holstein einen Blick auf den großen Kinoerzähler. Aber ich kann noch die Namen einiger Düsseldorfer und Düsseldorferinnen nachreichen, die ebenfalls ausgezeichnet wurden, unter anderem die Kunstmäzenin Julia Stoschek. Brigitte Pavetic berichtet. Mir geht immer noch die großartige Laudatio durch den Kopf, die Campino auf Wim Wenders gehalten hat und in der er auf die Sehnsucht nach der weiten Welt zu sprechen kommt. „Es geht vielen von uns so, dass wir als junge Menschen weg von zu Hause wollen“, sagt Campino. „Der Begriff Heimat steht da fast für einen umgekehrten Kompass: je weiter weg von zu Hause, umso besser.“ Mir ging es ähnlich – und junge Menschen können diesem Drang heute nicht folgen. Vielleicht ist das die größte Herausforderung für die Generation Corona: nicht hinaus zu können in die Welt. Uns allen, den Jungen, den Alten und denen dazwischen, wünsche ich, dass wir unsere Sehnsüchte in der Pandemie nicht verlieren. Heute nicht und überhaupt nicht. Bis morgen! Herzlich Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |