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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Montag, 31.10.2022 | Meist bewölkt bei bis zu 18°C. | ||
+ Klima-Aktivistinnen kleben sich an Dinosaurier im Naturkundemuseum fest + Dem RBB fehlen 70 Millionen Euro + Protestcamp vor iranischer Botschaft überfallen + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, heute gibt’s einen Clown zum Frühstück, oder besser gesagt: es gibt mindestens zwei. Der erste hängt hinter Glas in der Alten Nationalgalerie, wurde vor 135 Jahren von Henri de Toulouse-Lautrec gemalt („Clown“, Öl auf Leinwand, 81,5 x 57 cm) und vor einem Tag von einer Frau mit Kunstblut bespritzt (danach klebte sie sich neben dem Clown an der Wand fest). Offenbar die Tat einer „Trittbrett-Aktivistin“ („B.Z.“), die keiner der bekannten Klima-Klebe-Gruppen angehört – anders als die beiden anderen Frauen, die sich ebenfalls gestern, begleitet von einem kleinen Jungen und bekleidet mit orangefarbenen Westen, im Naturkundemuseum an die Halterung eines 66 Millionen Jahre alten Dinosaurierskeletts klebten, um gegen die Umweltpolitik der Bundesregierung zu protestieren. Im Disney-Film „Dinosaurier“ aus dem Jahr 2000 heißt es zwar: „Oft sind es gerade die kleinsten Dinge, die die größten Veränderungen bewirken“. Aber wenn die kleinsten Dinge nur die größten Verärgerungen bewirken, bleiben die wichtigsten Dinge am Ende vielleicht doch nur kleben. | |||
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Der zweite Clown geistert pünktlich zu Halloween in der Berliner CDU herum – so nennt Generalsekretär Stefan Evers jedenfalls den Erfinder oder Verbreiter der Idee, Jens Spahn für das Amt des Regierenden Bürgermeisters antreten zu lassen. Doch das ginge nur mit dem Einverständnis des Berliner Parteichefs Kai Wegner – aber der ist dagegen, weil er für sich ist, oder anders gesagt: Der Film „Wegner will’s wissen“ bekommt eine Fortsetzung. Außerdem, auch ein gutes Argument auf Berliner Niveau, sind die Wegner-Plakate bereits gedruckt, und der zweite Wahlkampf innerhalb von anderthalb Jahren wird schon so teuer genug – für die Parteien, aber auch fürs Land: Der Senat rechnet für den kommenden Urnengang mit Rekordkosten von 39 Millionen Euro (Q: Morgenpost). | |||
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Und damit kommen wir zur Ziehung der Wahllotto-Zahlen, diesmal präsentiert von „wahlkreisprognose.de“. Demnach liegen SPD, Grüne und CDU etwa gleichauf (alle drei bei 19%). Bei der Bürgermeister-Frage liegt Franziska Giffey (23%) zwar vor Kai Wegner (17) und Bettina Jarasch (13), aber hier führt eindeutig mit 35% jemand anderes, und zwar: „Keine/keiner davon“. Ähnlich sieht’s aus bei der Frage nach der kompetentesten Partei: Auch hier führt „Keine“ (24%) vor den Grünen (19), der SPD (18) und der CDU (16). Das neue Trendmotto für Berlin, frei nach den Toten Hosen: „Keiner für alle, alle für Keinen, wenn einer fort ist, wer wird denn gleich weinen?“ Es bleibt jedenfalls, pardon: spahnend. | |||
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Lebhafte Diskussion auf der RBB-Website zum Bericht über bevorstehende Kürzungen (es fehlen 70 Millionen Euro) und die Frage, ob eigentlich auch Oliver Jarasch, bis Ende 2020 Leiter der Abteilung „Aktuelle Magazine“ (u.a. zuständig für die „Abendschau“), „eingespart“ wird – der „Spiegel“ hatte über einen Plan aus der Amtszeit von Ex-Intendantin Patricia Schlesinger berichtet, demzufolge der Ehemann der Verkehrssenatorin Bettina Jarasch ohne Ausschreibung zum Chefkoordinator aller RBB-TV-Sendungen befördert werden sollte (RBB-Programmchef Jan Schulte-Kellinghaus sagt dazu zwar, das sei nur eine „rohe Gedankenidee“ gewesen – aber die hätte garantiert auch gut durchgebraten übel gerochen). Als ein Zuschauer kommentierend empfahl, einen Insolvenzverwalter einzuschalten, funkte am Samstagabend um 20:52 Uhr eine „Patricia S.“ dazwischen: „Möchte nicht besserwisserisch klingen, aber vielleicht sollten man den kurzen Artikel vielleicht einmal lesen, bevor voreilige Schlüsse gezogen werden! Es geht hier nicht um Zahlungsunfähigkeit, sondern es geht um Rücklagen, die bislang nicht eingeplant wurden. Folglich muss diese Summe durch Einsparungen bezüglich der bisherigen Finanzplanung erbracht werden. Das ist schon alles, tut mir leid.“ 70 Millionen weg, das ist schon alles, tut mir leid… Hm, das klingt ja irgendwie ganz wie die echte Patricia S. | |||
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Und hier ein wichtiger Hinweis: Falls Sie vorhatten, in den kommenden Wochen in Berlin ordnungsgemäß auf die Welt zu kommen oder zu sterben: Vergessen Sie’s – die Standesämter können ihren Fall zwar „entgegennehmen“, wie die Direktorin des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten den Bezirken gerade eben mitteilte, aber nicht beurkunden, „da auf das elektronische Register voraussichtlich nicht zugegriffen werden kann“. Mit anderen Worten: Die Standesämter sind nicht mehr im Stande, zu amten. | |||
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Hier sind‘s technische Probleme, dort fehlt‘s am Personal – die Innenverwaltung sucht deshalb „mehrere tarifbeschäftigte Trainees“, aus denen später mal Beamte werden. Falls Sie sich bewerben wollen – so sollten Sie u.a. sein („Was du bist“): „Teamplayer“, „kreativ“, „konzeptionell“, „kommunikativ“, „karrierebewusst“, „politisch interessiert“, „Familienmensch“… Moooment, wie bitte was? „Familienmensch“? Was soll denn das? Müssen die Trainees der gehobenen Ebene etwa den Chef / die Chefin heiraten? Die Pensionäre pflegen? Die Kinder mitbringen? Einkaufen, spülen, fegen? Gemeinsam mit dem ganzen Büro im Freizeitheim Neukölln Urlaub machen? Oder ist Innensenatorin Ingrid Stahmer einfach nur heimlich Katja-Ebstein-Fan („Dann heirat‘ doch dein Büro“)? | |||
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An der FU knallen die Korken – der „Servicebereich Personal“ teilt mit: „Sehr geehrte Damen und Herren, wir freuen uns, ihnen mitteilen zu können, dass durch einen Präsidiumsbeschluss alle stud. Beschäftigen ab 01.10.2022 zusätzlich zum Landesmindestlohn eine außertarifliche Zahlung von 0,01 € pro Stunde gezahlt wird.“ Boah! Mal schnell umgerechnet in eine universal verständliche Währung… Ja, tatsächlich: Das bedeutet, dass sich stud. Beschäftigte schon nach 8 Stunden Arbeit das Pfand für eine zusätzliche Bierflasche leisten können (soll’s dazu auch der Inhalt sein, müssten sie für 0,5 Liter Sterni im Späti allerdings mindestens 100 Stunden schuften). Die FU begründet ihre Großzügigkeit damit, dass sie „einen erhöhten Verwaltungsaufwand, der mit der Minijob-Grenze einhergeht“, vermeiden will. Für diejenigen, die in der Regel 40 Stunden pro Monat arbeiten, bedeutet das allerdings: Sie liegen jetzt 40 Cent über der Grenze – und haben plötzlich einen sozialversicherungspflichtigen Job. Das macht etwa 100 Euro im Monat weniger auf dem Konto. Wer das ausgleichen will, könnte leere Bierflaschen sammeln – 1250 Stück sollten reichen (na, wenn das mal keine Milchmädchenrechnung ist). | |||
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Was für eine Ehre: Der Checkpoint hat einen Platz im Medienschelte-Buch „Die vierte Gewalt“ von Richard David Precht und Harald Welzer bekommen – und das umsonst, wenn auch nur auf Seite 193 (Banausen!). Angeblich machen wir alles schlecht, jaja, okay. Dabei kannten die beiden bei Drucklegung des Werkes noch nicht mal die neueste Folge von unserem Podcast „Berliner & Pfannkuchen“! Pünktlich zu Halloween erschrecken Ann-Kathrin Hipp und Anke Myrrhe da nicht nur die die deutsche Intelligenzia mit wahren Gruselgeschichten aus dem schaurigen Berlin – mit einem Klick hier auf diesen Link sind Sie dabei (Hinweis: Nur auf eigene Gefahr – wir übernehmen keine Haftung). Und falls Sie wissen wollen, in welcher Verkleidung die Berliner Politik dieser Tage die Leute erschreckt: Naomi Fearn verrät es Ihnen weiter unten in den „Berliner Schnuppen“ (Abo-Ausgabe). | |||
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