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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Mittwoch, 03.07.2024 | bedeckt bei 13 bis 19°C. | ||
+ Der IHK-Präsident lässt Fünfe gerade sein + Das neue Verfassungsgericht im Check + Berliner CDU geht an die Börse + |
von Lorenz Maroldt |
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Guten Morgen, dass die Türkei gestern ihr EM-Achtelfinalspiel gegen Österreich gewonnen hat, musste Ihnen gestern Abend niemand erzählen, oder? Vor lauter Gehupe und Geböller wäre sowieso nichts zu verstehen gewesen (mehr zur EM weiter unten im Encore). | |||
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Halleluja – die Fraktionen im Agh haben sich (ohne die AfD) endlich auf sechs neue Richterinnen und Richter fürs Verfassungsgericht geeinigt (Sie erinnern sich? Das sind die, wegen denen Sie ständig neu wählen mussten) – am Donnerstag sollen sie erstmal selbst gewählt werden (Zweidrittelmehrheit erforderlich), und hier stellen wir Sie ihnen schon mal im Checkpoint-Kurzcheck vor: + Björn Retzlaff (1970 in Heidelberg), Vorsitzender Richter am Kammergericht, Spezialzuständigkeit: Bau- und Architektenrecht. Veröffentlichung (u.a.): „Der Schaden und seine Beseitigung“ – derartiger Sachverstand ist in Berlin immer willkommen. + Lucy Chebout (1984 in Naumburg/Saale), Rechtsanwältin in der Kanzlei Raue, Fachanwältin für Familienrecht. Veröffentlichung (u.a.): „Es steht ein Pferd auf dem Flur“ – da freut sich sicher der „Parlamentskreis Pferd“ im Bundestag (Checkpoint von gestern). + Juliane Pätzold (1980 in Teterow), Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht, Promotion über „Die gemeinschaftliche Adoption Minderjähriger durch eingetragene Lebenspartner“, Zuständigkeit als Richterin (u.a.): „Bundestags- und Landtagswahlrecht“ – eine Art von Expertise, die besonders in Berlin immer mal wieder gebraucht wird (siehe oben). + Florian Rödl (1972 in Essen), Professor für Bürgerliches Recht, Arbeits- und Sozialrecht an der FU, Promotion über „Weltbürgerliches Kollisionsrecht“. Ist 2021 als Prozessbevollmächtigter des Landes Berlin in Sachen Mietendeckel mit dem Bundesverfassungsgericht kollidiert – eine Episode, die im umfangreichen offiziellen Lebenslauf allerdings fehlt, im Gegensatz zur Erwähnung der Noten im Abitur („sehr gut“), in den Staatsexamen I („gut“) und II („gut, Terminsbester“) sowie dem Philosophiemagister („Sehr gut“). + Florian Schärdel (1982 in Tübingen), Richter am Amtsgericht Schöneberg, zuvor (u.a.) persönlicher Referent des Justizsenators Dirk Behrendt und Fraktionsvorsitzender der Grünen in der BVV Xberg-Fhain. Veröffentlichung (u.a.): „Ein Denkmal für die Kreuzbergurteile“ (gestern Abend extra für 4,17 Euro vom Erich-Schmidt-Verlag erworben). Auszug: „… wurde auch durch den damaligen Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) befürwortet und gefördert“ – also die Stele. Und der Autor wohl auch. + Rosanna Sieveking (1965 in Hamburg), Richterin am Bundesverwaltungsgericht, zuständig u.a. für das Straßen- und Wegerecht (in Berlin auch bekannt als „Mach Platz Du Idiot“-Gesetz). Stellvertretende Vorsitzende der Bundesschiedskommission der SPD – Kummer ist sie demnach gewohnt. | |||
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Umsturz von oben: Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) räumt in ihrer Verwaltung auf – und entmachtet eine Gegenspielerin, an der sich schon ihre Vorgänger Thomas Heilmann (CDU), Dirk Behrendt (Grüne) und Lena Kreck (Linke) die Zähne ausgebissen hatten: Abteilungsleiterin Astrid Kipp, Gattin des Ex-OVG-Präsidenten Jürgen Kipp, verliert ihre wichtigen und multiplen Zuständigkeiten (u.a. für Personal, Haushalt, Organisation der Gerichte und Strafverfolgungsbehörden) an eine neue Zentralabteilung. Das neue Organigramm ist noch nicht veröffentlicht, liegt dem Checkpoint aber schon vor. Badenberg hatte wochenlang im Verborgenen die internen Prozesse überprüft – und berlintypische Zustände vorgefunden: internes Behördenpingpong aufgrund unklarer Verantwortlichkeiten. Die neue Zentralabteilung, wie sie in Bundesministerien und auch anderen Bundesländern längst üblich ist, soll damit jetzt Schluss machen. | |||
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Seinen Job als IHK-Präsident geht Sebastian Stietzel kreativ an – und lässt dabei möglicherweise auch in eigener Sache schon mal Fünfe gerade sein: Auf fünf nämlich hatte er bei seiner Bewerbung für das Ehrenamt vor zwei Jahren die Zahl seiner Mitarbeiter beziffert – das reichte einer Mehrheit der Vollversammlung, um in ihm einen respektablen Repräsentanten der Berliner Wirtschaft zu sehen. Doch offizielle Dokumente, die der Checkpoint einsehen konnte, lassenStietzels damalige Vorstellung nicht ganz so strahlend erscheinen. So weist der im Bundesanzeiger hinterlegte Geschäftsbericht seiner Firma Marktflagge GmbH für das Jahr 2021 gar keine Mitarbeiter aus. Wie das im IHK-Wahljahr 2022 aussah, war bisher nicht zu überprüfen: Stietzel hatte den Jahresabschluss nach eigenen Angaben erst am Dienstag vergangener Woche eingereicht – mit mehreren Monaten Verspätung und nach der Androhung eines Ordnungsgeldverfahrens. Im Unternehmensregister veröffentlicht ist der Jahresanschluss zwar noch immer nicht. Aber der Checkpoint kennt inzwischen die Zahl der darin im Jahresdurchschnitt registrierten Mitarbeiter: Es sind genau 2,7. Mathe mit dem Checkpoint, Grundkurs I: 2,7 ist nicht gleich 5. Oder etwa doch? Stietzel verweist darauf, er habe „weitere mindestens drei Mitarbeiter (…) durchgängig im Rahmen von Geschäftsführer/Prokura-Gestellungen der Marktflagge GmbH beschäftigt“. Das könnte bedeuten: Stietzel ließ sich als Berater bei Unternehmen als Prokurist einstellen und heuerte für seine Kunden Mitarbeiter an – auf deren Kosten, aber auf seine Mitarbeiterrechnung. Jedenfalls versichert Stietzel: „Ich habe von Ende 2021 bis Anfang 2024 durchgängig mindestens fünf Mitarbeiter beschäftigt“. Darunter dürfte auch seine Ehefrau zählen, die Stietzel im Mai 2022, also einen Monat vor seiner Wahl, zur Prokuristin der Marktflagge GmbH machte. Seit Februar 2024 beschäftigt das Unternehmen laut Stietzel noch drei Mitarbeiter. Ob das wirklich wichtig ist, um die Fähigkeiten Stiezles als Präsident der Industrie- und Handelskammer zu berechnen, wird sich bei der heutigen Vollversammlung zeigen – und beim anschließenden Sommerfest mit dem Regierenden Bürgermeister. Zur Einstimmung empfehle ich Ihnen auch den Text meines Kollegen Kevin Hoffmann, den Sie hier unter diesem Link lesen können. | |||
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Falls Sie vorhaben sollten, an diesem Freitag um 7 Uhr mit dem ICE 835 von Berlin Hbf nach Frankfurt am Main zu fahren, hier ein wichtiger Hinweis: Im Wagen 23 sind die Plätze 66-68, 71-78, 81-88, 91-98, 103-108, 111-116 und im Wagen 24 die Plätze 51-54, 61-68, 71-78, 81-88, 93-94, 97-98, 103-108, 111-116, 121-128, 131-138, 141-144 von müden, aber sicher gut gelaunten Mitgliedern der Berliner CDU-Fraktion besetzt. Und was machen die in Frankfurt? Na, das schauen wir uns doch mal genauer an… Freitag: Als erstes geht die Berliner CDU an die Börse – aber nicht, dass Sie jetzt denken, Sie könnten Ihr Erspartes in Kai-Wegner-Aktien investieren, nein: Die Fraktion trifft nur den künftigen Börsen-Chef Stephan Leithner. Nach dem Essen in der Villa Gans geht’s im Dorint-Saal „Oberursel“ an die Arbeitspapiere - u.a. sollen „Zehn Schritte für ein sauberes Berlin“ beschlossen werden (wir tippen mal: zwei nach vorn, zwei zurück, drei nach links und drei nach rechts). Unter dem Motto „Ei Gude!“ schaut am Nachmittag Hessen-MP Boris Rhein vorbei, und nach dem Spanien-Spiel in der EM-Lounge geht’s an die Ludwig-Wilhelm-Bar (Sie müssen aber keine Angst um ihr Steuergeld haben – das geht „auf Selbstzahlerbasis“). Sonnabend im Schnelldurchgang – es beginnen die „Gruppenphasen“: Die einen schauen sich einen echten Flughafen an, die anderen fahren zum DFB, um „Berlin, Berlin, das Pokalfinale bleibt in Berlin“ zu skandieren und sich Autogramme von Uwe Bein geben zu lassen. Eine dritte Gruppe lässt sich in Sachen IT und KI vom hessischen Justizminister Christian Heinz beraten, schaut in der Paulskirche, im Römer-Kaisersaal und in der Villa Rothschild vorbei. Danach: Arbeitsgruppentreffen! Sonntag: Zum Wachwerden gibt’s „Impulse“ von Extremismus-Experte Ahmad Mansour und Susanne Schröter vom Forschungszentrum Globaler Islam, zum Wiedereindösen eine Aussprache u.a. zum „Tag gegen Einsamkeit“ und Vorträge zum „Finanzpolitischen Zukunftskonzept des Senats“. Dann: Zusammenfassung, Essenfassung, Kofferfassung – und Abfahrt. Für die Lieben daheim (sofern sie nicht sowieso dabei sind) bitte an den Ebbelwoi-Bembel denken! | |||
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Der Kita-Streik für einen „Entlastungstarifvertrag“ (morgen geht’s damit weiter) fliegt Verdi und der solidarischen GEW um die Ohren – in einem offenen Gruppenchat (liegt dem Checkpoint vor) werden die Gewerkschaften von genervten Eltern massenweise und massiv kritisiert. „Frechheit, wie Verdi vorgibt für das Wohl der Kinder zu agieren“, heißt es da, oder auch: Die „Damen und Herren von Verdi“ wollten wohl mit dem Streik „ihren Job rechtfertigen können“, während „einige Eltern kurz davor stehen ihren Job zu verlieren, weil die Arbeitgeber nicht mehr mitziehen und keine Geduld mehr haben“. Ein anderer Betroffener schreibt: „Meine Winterurlaubstage habe ich durch die ganzen Streiks vorgezogen und schon fast aufgebraucht.“ In einem weiteren Beitrag heißt es: „Ich stehe vor einem großen Fragezeichen, wie ich das jemals allein auffangen soll.“ Und eine Mutter schimpft: „Dann werde ich mich wohl kündigen lassen müssen und meinen Unterhalt vom Staat beziehen, damit mein Kind die Einrichtungen nicht weiter belastet.“ Die Reaktion der Gewerkschaft? Die schauen wir uns auch noch kurz an – die Chat-Organisatorin von Verdi schreibt: „Ich möchte an den Sinn und Zweck dieses Chats erinnern.“ / „Wenn ihr nicht mitkämpfen wollt, verlasst diesen Chat.“ / „Das ist am Ende immer noch ein ver.di Chat.“ / „Ich muss diesen Chat jetzt schließen.“ Checkpoint-Analyse: Im Trotzalter stecken geblieben. (Mehr zum Kita-Streik, der in der kommenden Woche weitergehen soll, können Sie hier unter diesem Link im Beitrag meiner Kollegin Susanne Vieth-Entus lesen). | |||
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Um 15.57 teilte die Senatskanzlei gestern mit: „Zum Auftakt des Pride Month hat der Regierende Bürgermeister Kai Wegner die Regenbogenflagge vor dem Roten Rathaus gehisst.“ Da war sie allerdings schon wieder unten. „Es gab ein Missverständnis“, erklärte Senatssprecherin Christine Richter – nach einer Stunde hing das Queer-Symbol wieder oben, wie auch an vielen anderen Orten der Stadt. Auf und ab, für und wider: Lange hatte sich die Berliner CDU schwer getan mit der bunten Rathausbeflaggung, sie sah die Neutralität des Staates gefährdet – heute ist die Kritik daran weitgehend verstummt. Oder? | |||
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