| Kai Wegners Parole von Berlin als „geilster Stadt der Welt“ wirkte etwas gegrölt inmitten seiner ansonsten eher nüchternen Rede auf dem Hoffest am Roten Rathaus am Dienstag (für die Jüngeren: next level cringe). Beim Land- und Genussmarkt gestern im Tagesspiegel-Haus wiederholte der Regierende den Spruch und ergänzte ihn um „die Stadt auch mit den meisten Möglichkeiten“. Berlin sei „the place to be“ (die Frage ist nur leider, wo to wohn); allerdings habe er sich „das ein oder andere auch einfacher vorgestellt“ und gedacht, manches gehe schneller, bevor er Regierungschef wurde. Insofern war Berlin bei Wegner auch ein bisschen the allgemeinplace to be, aber in ein paar Punkten wurde er konkret: Aktuell müsse der überdimensionierte Landeshaushalt in Ordnung gebracht werden; drei Milliarden Euro müssten raus. „Sie werden das spüren“, stellte Wegner den Tagesspiegel-Leser:innen in Aussicht. Drei Bereiche wolle er verschonen: Innere Sicherheit, Bildung inklusive der frühkindlichen sowie Forschung, Wissenschaft, Technologie.
Bis Mitte Oktober soll der Plan für die Rasur vorliegen; die Arbeit daran laufe gesitteter als bei der Ampelregierung, die Wegner zum nächsten Thema brachte: Thüringen, Sachsen und seine postelektorale Abrechnung auch mit der eigenen Partei. „Weil ich diese Nachwahlsendungen nicht mehr ertrage“, lautete Wegners Erklärung für seinen Empörungsausbruch: Das gelte nicht nur für SPD-Chefin Saskia Esken mit ihrer immerwährenden Parole, man müsse die eigentlich tolle Performance den – offenbar zu blöden – Wählern besser erklären, sondern auch für die CDU: „Wir freuen uns über Wahlergebnisse, die vor zehn Jahren katastrophale Ergebnisse gewesen wären.“ Es sei dramatisch, dass trotz der historisch unbeliebtesten Bundesregierung die CDU in der Wählergunst stagniere. Auf die Frage von Chefredakteur Lorenz Maroldt, ob es 55 Jahre nach Willy Brandt mal wieder Zeit für einen Berliner im Bundeskanzleramt werde, erklärte Wegner mit Verweis auf Merz, Wüst und Söder: „Einer von den dreien wird’s.“
Für die anstehenden schwarz-roten Berliner Sparrunden stellte Wegner ein paar rhetorische Fragen Richtung SPD: Lieber 29-Euro-Ticket oder U-Bahn-Ausbau und komfortable Züge? Lieber Gratis-Schulessen für alle oder kleinere Klassen? Die Befürchtung einer Leserin, dass für die Ermittlung künftiger Essensbeiträge „wieder wahnsinnig viel Geld in die Verwaltung fließt, das lieber in gutes Essen gehen könnte“, konterte Wegner mit Verweis auf frühere Berliner Praxis und die meisten anderen Bundesländer sowie Söders („Ich schätze ihn sehr!“) ebenso bissige wie plausible Hinweise auf den Länderfinanzausgleich.
In der vergangenen Woche wären viele Schulkinder froh gewesen, wenn sie überhaupt ein Mittagessen bekommen hätten. Nachdem Wegner, dessen Sonntag „selbstverständlich mit einem Kinder Bueno begonnen“ hatte, auf die laufende Aufarbeitung der Malaise verwies, fragte eine Leserin, ob es vielleicht auch an der Verwaltung liege, wenn ein Caterer quasi von seinem eigenen Job überrumpelt worden sei. Das sei Teil der Aufarbeitung, sagte Wegner, der bei dem Thema nur teilweise im Stoff war. Das unterscheidet ihn von CP-Kollegin Margarethe Gallersdörfer, die den aktuellen Stand inklusive Lageeinschätzung der Schulsenatorin aufgeschrieben hat. | |